monstra schrieb:Wenn ich aber als Richter den Angeklagten für einen "kriminellen Charakter" halte, kann ich ihn trotzdem nicht verurteilen, wenn die Beweise nicht reichen. Da würde kein korrekter Richter beschließen: "Der gehört hinter Gitter, komme was wolle!"
Eben, und wie sollte ein Richter, dem zwar persönlich der Angeklagte unsympathisch ist, bei dem aber für eine Verurteilung die Beweislage nicht ausreicht, im Urteil begründen, warum er den Angeklagten verurteilt hat?
Da kann so ein Richter, bildlich gesprochen, noch so viele Bleistifte zerkauen und sich den Kopf zerbrechen, begründet kriegt er das Urteil nicht.
Wobei die mündliche Urteilsbegründung nach der Verhandlung ja nur die Vorwegnahme dessen ist, was später im schriftlichen Urteil stehen wird. Das Gericht hat sich also nach der Verhandlung und bevor es wieder den Saal betritt, um seine Entscheidung zu verkünden, natürlich in der Beratung bereits ausgiebigst Gedanken gemacht, warum es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Dieses „Warum“ wird dann zunächst in der mündlichen Begründung für den Angeklagten, die StA, die Nebenklage, alle Zuhörer dargestellt und später noch einmal als schriftliche Begründung wiederholt.
Das geht eben nicht nach dem Motto „Der Angeklagte war frech und außerdem schlampig angezogen, den verurteilen wir jetzt mal, und hinterher machen wir uns Gedanken, wie wir das im schriftlichen Urteil hinbiegen, irgendwas fällt uns da schon noch ein“.
Bei einem darf man ganz sicher sein: Jedem Richter ist klar, dass seine eigenen persönlichen Sympathien oder Antipathien niemals ausreichend für seine Entscheidung sind. Spätestens bei der Begründung folgt nämlich der Offenbarungseid.