@rayden rayden schrieb:Und die Kripo wird doch auch explizit nach solchen Kontakten gefragt und gefahndet haben, die sind doch nun auch nicht dämlich,
Sicher nicht, aber sie hatten einen
völlig anderen Ermittlungsansatz.
Sie waren überzeugt,
dass FL die 1. SMS freiwillig versandt hatte. Und das bedeutete: FL musste zu dem Täter
in einer engeren Beziehung gestanden haben, weil sonst eine freiwillige Fahrt nach Nieheim unter diesen Umständen (mitten in der Nacht, leerer Handy-Akku, kein Geld, die Verpflichtung, am nächsten Tag, früh aufzustehen, der wartende Chris) nicht zu erklären war.
Also überprüfte die Kripo alle Leute, von denen anzunehmen war,
dass FL mit ihnen freiwillig nach Nieheim gefahren wäre. Zuerst war das der Freundeskreis und dann wurden die Ermittlungen immer weiter in diese Richtung ausgedehnt, schließlich sogar auf Chatbekanntschaften.
Nicht umsonst gehört es zu den Aufgaben der Cold-Cases-Teams,
neue Ermittlungsansätze zu finden. Und ich vermute sehr, dass das LKA in Düsseldorf, wenn es diesen Fall wiederaufnimmt, auch die Möglichkeit erwägt, dass die 1. SMS vom Täter versandt wurde. Mit dieser neuen Perspektive würden sich neue Fragen stellen, und ich bin sehr zuversichtlich,
dass FLs Freunden (als Zeugen!) Fragen gestellt werden, die bisher noch nicht gestellt wurden.rayden schrieb:Naja, er kann immer noch aus allen Richtungen dorthin gefahren sein, und letztlich beträgt die Fahrzeit vom Pub aus zwischen 36 und 42 Minuten
Hier bin ich völlig Deiner Meinung. Nach meiner Auffassung sprechen die Ergebnisse Eurer Arbeit eher für die Ansicht, dass der Täter nicht in Nieheim wohnte und FL dort nicht festgehalten wurde. Die Kripo hat in dieser sehr übersichtlichen Gegend mit geringer Einwohnerzahl sehr intensiv nachgeforscht, und ich glaube nicht, dass ihr solche Spuren entgangen sein können. Ich glaube, die Absendung der 1. SMS in Nieheim war eine falsche Fährte des Täters.
(Ich hatte mich bisher immer nur gewundert, weshalb die Kripo das in Frage kommende Gebiet auf Nieheim eingrenzen konnte. Das ist dank Deiner und
@Mister-X ' Mühe jetzt klar.)
rayden schrieb:Wenn bis dahin von überall woanders telefoniert worden ist?
Am Sonntag und am Freitag war es, wenn ich
@Mister-X richtig verstanden, (ungefähr) der gleiche Standort wie am Dienstag. Außerdem fallen auch die anderen Standorte nicht völlig aus der Reihe. Es waren immer Gewerbe- bzw. Industriegebiete an der Peripherie PBs mit einer guten bis sehr guten Anbindung an die B64. (Der unmittelbare Anschluss an die A33 in Mönkeloh und die problemlose Weiterfahrt von der A33 auf die B64 wäre doch auch der Kripo mit Sicherheit aufgefallen).
Je mehr Telefonate es gab, desto
deutlicher wurde das Muster. Und zudem zeichnete sich der
Osten PBs als Schwerpunkt ab.
rayden schrieb:Wenn er einmal alles abfährt, und keinerlei verdächtige Fahrzeuge bemerkt, wäre das doch ausreichend gewesen, letztlich hätte es an jeder Ausfahrt aus dem Industriegebiet einer Sperre bedurft, und davon hätte dann vorher nichts zu sehen sein dürfen. Ein sehr komplexes Unterfangen
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass
vor dem Anruf irgendwelche Straßensperren errichtet worden wären. Und auch nicht, das die Polizei normale Polizeiwagen postiert hätte.
Es wäre doch auch überhaupt nicht nötig gewesen, in jeder Straße Zivilbeamte zu plazieren. Gewerbegebiete haben in der Regel nur wenige Zu- bzw. Ausfahrten. Die Auffahrten auf die B64 wären weitere Punkte gewesen. Und man hätte die an die Gewerbegebiete grenzenden Felder und Straßen im Blick haben müssen.
Das Entscheidende ist aber doch: Es hätte ein
klares Startsignal für die Fahndungsaktivitäten gegeben - der Moment, in dem FL wieder anrief.
Und es hätte durch die Ortung
innerhalb weniger Minuten einen eindeutigen Hinweis auf den Ort gegeben, wo FL sich aufhält. U. a. hätten zur Unterstützung auch Hubschrauber eingesetzt werden können. Am späten Abend hält sich der Verkehr sehr in Grenzen, vor allem in Gewerbegebieten.
Ich bin sicher, die Kripo hätte intelligentere Fahndungskonzepte entwickeln können als uns Laien mal so eben einfällt. Nach meiner Ausfassung wären die Fahndungsbedingungen jedenfalls hervorragend gewesen.
rayden schrieb:In den Zeitungen war es nur noch eine Randnotiz nach den ersten Telefonaten, die Plakate wurden abgehängt.
Ich habe bisher keine gesicherten Informationen über das Abhängen der Plakate gesehen. Und wenn die Plakate abgehängt worden wären: Was hätte es denn bedeutet? Aufgehängt wurden sie nicht von der Polizei und abgenommen sicher auch nicht. Und im Fall einer Entführung wären Suchplakate ohnehin nicht weiter hilfreich gewesen, da dann nicht mehr damit zu rechnen war, dass FL beim Flanieren durch Straßen gesehen würde.
Und die Zeitungen: Die Einschätzung der Kripo hätte sich jederzeit gerade durch die Telefonate ändern können, und darüber wäre mit Sicherheit nicht in der Presse berichtet worden. Im Fall einer "laufenden" Entführung werden Ermittlungen nicht mit einer Silbe erwähnt.
rayden schrieb:Und weil die Infos so zuverlässig waren, fährt er immer wieder denselben Standort an? Ein anderer Standort wäre jedenfalls weit sicherer gewesen, denn da war nicht zu erwarten, dass die Polizei dort schon auf ihn wartet dieser Theorie nach.
Wenn die Informationen zuverlässig waren (und ich gehe davon aus, dass sich der Täter für ihn zuverlässige Informationen beschaffen konnte), konnte er ausschließen, von der Polizei erwartet zu werden. Und dann konnte er sich den für ihn günstigsten Standort aussuchen. Warum weitere oder kompliziertere Fahrten, wenn es nicht nötig war?