@orenoa orenoa schrieb:Oder anderes Beispiel, man findet am Ablageort Reifenspuren von einen Smart...dein TV hat aber bereits im August seinen Smart verkauft. Also kannst Du nichts nacheisen oder beweisen außer du findest jemanden der beide während der Entführung im Smart gesehen hat oder eben den Smart selbst um eventuell Faserspuren zu finden.
Wenn der Tatverdächtige sein Auto im August verkauft hätte, wäre das für die Kripo kein großes Problem gewesen. Sie hätte mit Leichtigkeit den neuen Besitzer ermitteln und dann den Wagen auf Spuren untersuchen lassen können. Bei den auch 2006 schon hochdifferenzierten Untersuchungsmethoden hätte auch eine gründliche Reinigung nicht geholfen.
orenoa schrieb:am Entführungstag) in der WG und hat sich beim gemeinsam essen in den Finger geschnitten. Frauke (Krankenschwester) macht ihm ein Pflaster drauf und schmiert sich dabei selbst Blutpartikel auf die Hose und unter die Fingernägel. Monate später findet man an der Leiche nun Blutpartikel des Kommilitonen. Die nützen dann nichts weil sie auch vom gemeinsamen Lunch sein könnten... ergo man benötigt einen Zeugen der beide nach dem Kommilitonen Verschwinden noch gesehen hat oder halt den Tatort wo es Spuren von Frauke gibt
Abgesehen davon, dass vom bloßen Aufkleben eines Pflaster normalerweise keine Blutpartikel unter den Fingernagel geraten, ist mir, glaube ich, klar, was Du meinst: Der Täter hätte FL ja im Laufe des Entführungstages begegnen und freundschaftlich den Arm um sie legen und damit seine Spuren an FLs Kleidung rechtfertigen können.
Aber so einfach hätte der Täter es ganz sicher nicht gehabt. (Nebenbei: Dann wäre es nicht unwahrscheinlich gewesen, dass jene Spuren auch an Kleidungsstellen auffindbar gewesen wären, die sich nicht durch eine "freundschaftliche" Berührung erklären ließen.)
Entscheidend ist jedoch, dass es hier eine Reihe wichtiger Anhaltspunkte gab, an denen die Ermittlungsarbeit ansetzen konnte.
Z. B. das Auto, in dem FL transportiert wurde. Auch wenn der Täter nicht sein eigenes benutzte, hätte er sich immerhin ein anderes leihen müssen. Eine wildfremde Person auf der Straße zu bitten, ihm ihr Auto mal für eine Woche zu leihen, kam sicher nicht in Frage. Er müsste also den Autobesitzer schon näher gekannt haben, und damit gibt es Spuren, die vom Täter zu ihm führen. (Auch wenn der Besitzer nichts von der Benutzung seines Autos wusste, hieße das ja nur, dass der Täter Zugang zu den Schlüsseln etc. hatte - was erst recht ein näheres Verhältnis voraussetzen würde.)
Ebenso die Wohnung, das Haus, die Scheune, wo FL festgehalten wurde. Der Täter müsste eine Verbindung zu diesem Haus gehabt - verwandtschaftlicher, freundschaftlicher oder beruflicher Natur. (Dass er eine leerstehende fremde Scheune genutzt hat, halte ich bei diesem Täter für außerordentlich unwahrscheinlich. Aber selbst wenn, hätte er diese Gegend dann sehr gut kennen müssen, um von ihrer Unbenutztheit zu wissen.)
Es gibt leider Mordermittlungen, von denen man sagen muss, dass die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht gerade optimal genutzt wurden. Von Herrn Östermann und seinem Team lässt sich das aber offenbar nicht behaupten.
Nur ein Beispiel für die Gründlichkeit und Hartnäckigkeit engagierter Ermittler:
Im Fall Mirco konnten auf der entfernt vom Entführungsort gefundenen Kleidung des Jungen Faserspuren der Autopolster gefunden werden. Nachdem der Entführungsort festgestellt werden konnte, meldete sich ein Zeuge, der im Vorbeifahren einen dort geparkten Wagen bemerkt hatte und ungewöhnlicherweise nur anhand der Scheinwerfer den Autotyp identifizieren konnte. (Die Farbe hatte er nicht wahrnehmen können.)
Im Vergleich zu dem Auto waren die Sitzbezüge ziemlich preiswert, und die Polizei brachte in Erfahrung, dass das ein häufiges Merkmal von Dienstwagen ist, die von Vertriebsmitarbeitern gefahren werden.
Dank dieser Kombination ging die Kripo nun von einem Mann aus, der einen Firmenwagen fährt und vermutlich täglich längere Strecken fährt. Mit dieser Spur gelang es der Kripo nach Monaten aufwendiger Recherche das Auto, das bereits verkauft war, aufzutreiben und den Täter zu finden.
Wenn Herr Östermann und sein Team einen Verdacht gehabt hätten, der sich nicht überzeugend ausräumen ließ, hätten sie die Sache sicher nicht auf sich beruhen lassen. (Und ich wies ja schon gestern darauf hin, dass bei Niels trotz seiner Alibis (!) noch Leichenspürhunde zum Einsatz kamen, die Überprüfung also wirklich sehr gründlich war.)
orenoa schrieb:Nur mal jemanden wegsperren um den Vernehmungsdruck zu erhöhen kann also schnell kontraproduktiv sein.
Für eine vorläufige Festnahme braucht die Polizei keinen Haftbefehl, aber der zuständige Richter muss informiert werden und nur mit dessen Zustimmung kann eine Person länger als 24 bzw. 48 Stunden festgehalten werden. Es kommt ja oft genug vor, dass ein Tatverdächtiger nach einem oder zwei Tagen wieder entlassen wird.
Aber auch bei einem relativ kurzen Aufenthalt in einer Zelle steigt der Vernehmungsdruck, und deshalb wird davon bei einem entsprechenden Tatverdacht, wenn es um ein schweres Verbrechen geht, auch Gebrauch gemacht.
Zwar dürfen die Personalien dieses Tatverdächtigen nicht veröffentlicht werden, aber bei aufsehenerregenden Mordfällen wird über eine solche vorläufige Festnahme berichtet.
Im Fall FL gab es einen solchen Bericht jedoch nicht. Deshalb bin ich sicher, dass die Kripo bei keiner überprüften Person einen nicht zu beseitigenden Tatverdacht hatte.
Und nochmals: Herr Östermann erklärte einige Monate nach dem Leichenfund gegenüber der Presse, er sei sicher, aufgrund der Analyse der am Leichenfundort gesicherten Spuren den Täter überführen zu können. Wohlbemerkt: Er sprach nicht vom "Finden", sondern nur vom "Überführen". Das ist durchaus ein Unterschied. Offenbar muss der Täter erst mal tatverdächtig sein (also auf dem Radar der Ermittler auftauchen), um ihm dann mit Hilfe dieser Spuren die Tat nachweisen zu können.