@abberline abberline schrieb:Aber woher sollte der Täter sicher sein, dass die Polizei immer noch nicht von einem Verbrechen ausgeht, evtl gar bei den Anrufen mithört?
Das halte ich für eine entscheidende Frage. (Den vorherigen Beitrag habe ich versehentlich abgeschickt; wollte meine Antwort an Dich noch dort hinzufügen.)
Den Medien konnte er dieses Wissen um die eingestellten Ermittlungen nicht entnehmen, und im Fall einer Entführung ist auch keine öffentlichen Bekanntgabe einer Fahndung zu erwarten.
Es war auch nach meiner Ansicht überhaupt nicht wahrscheinlich, dass die Polizei auf eine Aufzeichnung der Gespräche verzichten würde. (Das ist kein Vorwurf an die Polizei. Vielleicht spielte auch eine aktuelle Überlastung eine Rolle; besonders gut ausgestattet ist sie ja leider wirklich nicht.) Hätte es eine solche Aufzeichnung und Auswertung der Gespräche gegeben, wäre die Polizei - dessen bin ich mit völlig sicher - von einer Entführung ausgegangen und hätte eine Fahndung eingeleitet.
Die Information, dass er eine solche Fahndung nicht zu fürchten hatte, konnte der Täter nach meiner Überzeugung - mittelbar oder unmittelbar - nur aus FL engem Kreis erhalten haben.
Ich nehme an, dass der Täter einen eher oberflächlichen Kontakt zu Personen aus FLs Freundeskreis hatte, aber selber keinesfalls dazugehörte. Vielleicht (nur als eine Möglichkeit unter vielen) eine gemeinsame Lieblingskneipe, wo er gezielt, aber völlig unverdächtig mit ihnen zusammentreffen konnte. Da FLs Verschwinden ihre Freunde sicher sehr beschäftigte und auch schon sehr früh in den Medien erwähnt worden war, wären scheinbar teilnahmsvolle Fragen vermutlich ohne den geringsten Argwohn beantwortet worden.
Der Täter brauchte ja überhaupt keine detaillierten Auskünfte. Es hätte ja vollkommen gereicht, wenn er von ihrer Verärgerung erfahren hätte, dass die Polizei von ihrem freiwilligen Verschwinden überzeugt sei und nichts mehr unternehmen würde. Niemand im Freundeskreis glaube an eine harmlose Ursache, aber die Polizei sei davon nicht abzubringen; die Eltern seien völlig verzweifelt, könnten aber nichts machen.
Das wären doch ganz normale Äußerungen gewesen, die dem Täter aber völlig ausgereicht hätten.
Ich hatte vor einiger Zeit gelesen, dass manche dieser machtorientierten Täter sich nach der Tat an Internetforen über den Fall beteiligen und auch gern die Nähe zu den Ermittlungen suchen. Auch das ist eine Form eines über die Tat hinaus verlängerten "Machterlebens".
Ich glaube daher, dass der Täter nicht nur während der Entführung (vielleicht auch kurz vorher) den Kontakt zu FLs Freundeskreis intensivierte, sondern auch danach. Was ihm auch den Vorteil verschafft hätte, über mögliche Aktivitäten der Polizei informiert zu werden.
Auf jeden Fall bin ich persönlich überzeugt, dass der Täter ohne entsprechende Informationen das Risiko der letzten Telefonate nicht eingegangen wäre.
Hätte eine Fahndung stattgefunden (von der die Öffentlichkeit ja gar nichts erfahren hätte), hätte die Polizei ihn (durch die Funkzellendaten der vorangegangenen Anrufe und deren Auswertung) spätestens am Dienstagabend "schnappen" können.
abberline schrieb:Der Täter wäre z b. für einen Kick damit sehr weit gegangen, was sein Risiko angeht.
Ja, und das kann ich mir absolut nicht vorstellen. Er ist in allem offensichtlich sehr überlegt vorgegangen und eine derartig hohe Wahrscheinlichkeit, gefasst zu werden, dürfte nach meiner Ansicht kein "Kick" gewesen sein.
Der Täter ging nach meiner Einschätzung zwar ein Risiko ein, war aber gleichzeitig sehr bemüht, es nach Möglichkeit zu minimieren. Zu seinem Bedürfnis nach schrankenloser Macht über FL kam nach meiner Vermutung noch die Genugtuung dazu, der Polizei seine "Überlegenheit" zu beweisen.
@rayden erwähnte hier mal (bin mir dessen aber
nicht sicher !), dass nach irgendeiner Studie für manche Verbrecher die Vorstellung des Geschnapptwerdens schlimmer sei als die Vorstellung einer Gefängnisstrafe. Für einen derart machtfixierten Menschen, der der Täter nach meiner Vorstellung ist, wäre das die ultimative und noch dazu eine irreversible Demütigung.