Maja2 schrieb:Ich frage mich allerdings noch immer weshalb diese Anrufe überhaupt stattfanden und das unter den erschwerten Bedingungen der Fahrten.
Die "erschwerten" Bedingungen der Fahrten veränderten sich im Verlauf der Tage, an denen diese Telefonate stattfanden. Und nach meiner Überzeugung ist es wichtig, bei der Einschätzung der Telefongespräche diese Veränderungen zu berücksichtigen.
Kurz vor FLs 1. Anruf war ein Appell an FL veröffentlicht worden, sich zu melden. Dieser Appell zeigte, dass man zu diesem Zeitpunkt ein freiwilliges Verschwinden noch nicht ausschloss.
Der 1. Anruf war - im Unterschied zu einer SMS - ein unbezweifelbares Lebenszeichen. Die besorgniserregende Bedeutung von Chris' Anrede mit Christos dürfte dem Täter als einer Person außerhalb von FLs Familien- und Freundeskreis nicht aufgefallen sein. Ansonsten war der bloße (!) Inhalt von FLs Mitteilung auf Beruhigung der Angehörigen angelegt.
Donnerstag, 22. Juni 2006, 22.25 Uhr, Gedächtnisprotokoll von Mitbewohner Chris: "Hallo Christos, ich wollte sagen, dass es mir gut geht und dass ich bald nach Hause komme. Sage Mama und Papa und den anderen Bescheid."
(Für interessant halte ich übrigens auch, dass FL nach diesen Sätzen - im Unterschied zu den anderen Anrufen -
sofort auflegte.
Chris: "Sie legte direkt wieder auf. Ich konnte keine Frage stellen."
FL hatte also keine Gelegenheit, eventuell irritierende Antworten zu geben.)
Die Polizei bezweifelte von Anfang an eine Entführung, und dieses Lebenszeichen bestärkte sie in ihren Zweifeln.
Unmittelbar vor dem 2. Anruf am nächsten Tag (Freitag) wurde eine SMS an Chris versandt und FLs Handy blieb dann ungewöhnlicherweise angeschaltet. Den sehr kurz darauf eingehenden Anruf ihres Bruders nahm FL selbst entgegen.
(Ich zweifle nicht daran, dass genau das beabsichtig war. Fls Familie und Freunde versuchten ständig, sie zu erreichen, was aber ansonsten nicht möglich war. FLs Bruder erhielt durch das Versenden der SMS eine automatische Nachricht, dass FLs Handy wieder eingeschaltet war - und ich vermute, er war nicht der Einzige, sondern nur der Schnellste. In dieser Situation hatten sicher auch andere diese Benachrichtigungsfunktion aktiviert - davon konnte der Täter mit ziemlicher Sicherheit ausgehen.)
Also am Freitag wieder ein (das zweite) Lebenszeichen, dass die ohnehin schon großen Zweifel der Polizei an einer Entführung noch deutlich weiter stärkte. In dieser SMS und diesem Anruf am Freitagabend gegen 23 h kündigte FL ihre Rückkehr noch "heute" an.
Die Polizei hatte nach FLs Verschwinden, da ihre Angehörigen und Freunde die Möglichkeit, sie habe vielleicht "Lust auf eine Auszeit", vehement ausschlossen und ihre Mutter bei der Polizei sehr energisch auftrat, Ermittlungen wegen des "Verdachts auf eine Geiselnahme" aufgenommen.
Sie erhielt sehr schnell die Funkzellendaten der 1. SMS aus der "Nieheimer Gegend" und beantragte die Daten für die Kontakte am Donnerstag und Freitag. Für die danach erfolgten Anrufe sah die Polizei keinen Bedarf mehr, da sie bereits bis Freitag ihre Annahme eines freiwilligen Verschwindens bestätigt sah.
D. h. spätestens zu dem Zeitpunkt der Anrufe am Samstag, am Sonntag und am Dienstag (dem letzten Gespräch) ging die Polizei nicht mehr von einem Verbrechen aus. Und genau zu diesem Zeitpunkt wurden die Anrufe noch deutlich beunruhigender. Ich kann das nicht für einen Zufall halten.