Doverex schrieb:ich bin keineswegs der festen Überzeugung, sie konnte aus freien Stücken an ihr Handy gehen. Aber ich schreibe davon, genau danach sieht es fast zu 100% aus.
Doverex schrieb:nicht untern Teppich kehren oder sich zurechtbiegen wollen, sondern offen und ehrlich denken/sagen: "Dieser Punkt spricht eindeutig gegen ein klassisches Entführungsszenario".
Dass FLs Entgegennahme des Anrufs ihres Bruders nach Freiwilligkeit "aussieht", widerspricht einem Entführungsszenario
in keiner Weise. Ein Entführer, der ein freiwilliges Verschwinden suggerieren wollte, hätte sich
logischerweise darum bemüht,
genau diesen Eindruck zu erwecken.Doverex schrieb:Wieso wurde diese Angst nicht wahr genommen bei den ganzen Telefonaten?Weshalb ist keinerlei Angst klar zu erkennen (wie etwa ihre Müdigkeit)?
Es ist nach dem, was mir bekannt ist, vollkommen illusorisch anzunehmen, ein Entführungsopfer befände sich über Tage hinweg in einem ununterbrochenen Zustand von akuter Angst und Verzweiflung.
Sehr heftigen emotionalen Reaktionen folgt in der Regel Erschöpfung. Auch Menschen, die zutiefst um den Verlust eines geliebten Menschen trauern, weinen nicht tagelang ununterbrochen, sondern erleben zwischendurch Phasen der Beruhigung, die aber kein Nachlassen der Trauer bedeutet.
Auch bei Entführungsopfern, die Angst um ihr Leben haben, stellt sich oft nach einer hysterischen Anfangsphase eine Art von "Gewöhnung" ein, eine Abstumpfung (die durchaus von Phasen wiederaufbrechender akuter Verzweiflung unterbrochen werden kann).
Es ist aber nicht anzunehmen, dass der Täter sie in einer hysterischen Verfassung telefonieren ließ, sondern z. B. mit entsprechenden Mitteln für einen "gefassteren" Zustand sorgte. (Ich hatte schon mal die Aussage eines befreundeten Arztes erwähnt: Es gebe durchaus Beruhigungsmittel, die nicht zur Verwirrtheit führen, aber eventuell zu einer Verlangsamung der Sprechweise; Patienten, die geistig völlig klar seien, aber manchmal den Eindruck hätten, "etwas zu lallen")
Und ich glaube auch, dass FL die Hoffnung hatte, ihrem Entführer entkommen zu können: Weil sie hoffte, ihn beeinflussen zu können und/oder weil sie hoffte, rechtzeitig von der Polizei gefunden zu werden. Und ich nehme an, dass diese Hoffnung FL die Kraft gab, ihren äußerst eingeschränkten Spielraum zu nutzen. Auch wenn es leider erfolglos blieb.
Doverex schrieb:Ein Telefonkontakt eines Entführungsopfers mit Angehörigen/Freunden ohne irgendeiner Forderung, nur um ein bisserl zu plaudern
Ich glaube, die Telefonkontakte als Absicht "nur, um ein bisserl zu plaudern" zu bezeichnen, geht eindeutig zu weit. Da reicht der Verweis auf die Gespräche, die im Stern-Interview nachzulesen sind.
Doverex schrieb:Ich denke, wenn diese "Wirst du festgehalten" -> Frage erst so spät gestellt wurde (im letzten Gespräch) nach einer ganzen Woche, dürfte vorher die ganze Zeit Frauke niemals so rüber gekommen sein, als würde sie wer festhalten. Denn sonst müsste man sich ja wundern, wieso kam diese Frage so spät und nicht schon viel früher?
]
Nach meiner Ansicht ist das keineswegs sehr verwunderlich, wenn man sich die Gespräche ansieht.
Das 1.Telefongespräch fand 2 Tage nach FLs Verschwinden statt: Fl sagte nur 2 Sätze und legte danach sofort auf. Zitat aus dem Stern-Interview: "Chris: Sie legte direkt wieder auf. Ich konnte keine Frage stellen."
Das 2. Telefongespräch (mit ihrem Bruder):
"Frauke, was machst du, wann kommst du nach Hause?"
"Ich komme heute nach Hause, auch nicht zu spät. Ich bin in Paderborn, frag nicht, ich komme nach Hause."
"Wo bist du denn?"
"Kann ich nicht sagen."
Das 3. Gespräch:
Ich komme nicht so spät zurück. Komme heute Abend nach Hause."
"Bist du verletzt?"
"Nein. Ich bin in Paderborn. Ich bin in Paderborn. Ich bin in Paderborn."
Das 4. Gespräch:
Sonntag, 25. Juni 2006, 22.28 Uhr, Anruf bei Mitbewohner Chris, Gedächtnisprotokoll: "Komme heute nach Hause."
"Bist du in Gefahr?"
"Nein."
"Warum bist du gestern nicht nach Hause gekommen?"
"Kann ich dir erklären."
"Wo bist du?"
"Erkläre ich dir, wenn ich zu Hause bin."
Natürlich klammerten sich FLs Familie und Freunde an die Hoffnung, sie sei kein Opfer eines Verbrechens geworden, aber der Verdacht war sehr schnell da, was auch Frau Liebs Interventionen bei der Polizei belegen.
In den sehr kurzen Gesprächen vor dem letzten Telefonat (das weitaus länger dauerte als die vorangegangenen) hatten Chris und ihr Bruder kaum Gelegenheit, Fragen zu stellen. Und die Fragen, die sie stellen konnten, waren sehr naheliegend und zeigen keineswegs einen mangelnden Verdacht.
Die Antwort auf die Frage, wo sie sei, war sehr geeignet, Aufschluss über ihre Situation zu geben. Ebenfalls wichtig war die Frage, ob sie verletzt sei. Und die Frage, ob sie in Gefahr sei, widerlegt deutlich die Vermutung, dass FL bis zu ihrem letzten (dem 5. Gespräch)
Doverex schrieb:Frauke niemals so rüber gekommen sein, als würde sie wer festhalten.