InMemoriam schrieb:Wieso zum Geier haben sie bloß die Polizei so früh morgens schon angerufen?
Drei Szenarien:1. John
und Patsy sind
unschuldig/die Ramsey-Fassung: - Wegen des frühen Termins um Sieben müssen sie schon um halb Sechs raus und entdecken sogleich das Schreiben sowie JonBenéts Fehlen. Inzwischen ist es kurz vor Sechs - was tun?
2. John
oder Patsy sind
schuldig: Einer von beiden wäre die ganze Nacht wach geblieben, der andere gegen 05:30 Uhr am Morgen aufgestanden. Kurz darauf wird das Verbrechen entdeckt. Inzwischen ist es kurz vor Sechs - was tun?
3. John
und Patsy sind schuldig des
Stagings zu Gunsten von Burke: Beide - evtl. alle drei - wären die ganze Nacht wach geblieben. Gegen halb Sechs wäre die ursprünglich vorgesehene Zeit des Aufstehens gekommen. Inzwischen ist es kurz vor Sechs - was tun?
Offensichtlich ist die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem entschieden werden muss, die Polizei (nicht) zu verständigen, vom Zeitpunkt des Aufstehens abhängig gewesen.
Für die drei Szenarien bestehen prinzipiell folgende vier Möglichkeiten den 911-Anruf zu tätigen:a) Beide entscheiden "einvernehmlich", die Polizei sofort zu verständigen: Ramsey-Fassung!
b) Beide entscheiden einvernehmlich, die Polizei
nicht sofort zu verständigen: hat nicht stattgefunden!
c) Einer der beiden entscheidet sich,
gegen das Zureden des anderen, die Polizei sofort zu verständigen: kann statgefunden haben!
d) (theoreitsch auch möglich
:) Beide entscheiden sich, die Polizei
überhaupt nicht zu verständigen: hat nicht stattgefunden!
Tatsächlich eingetreten ist
entwedera) Beide entscheiden "einvernehmlich", die Polizei sofort zu verständigen
oder c) einer der beiden entscheidet sich,
gegen das Zureden des anderen, die Polizei sofort zu verständigen.
Die Frage muss meines Erachtens folglich lauten, wieso haben sich beide einvernehmlich oder einer, gegen den Willen des anderen, entschieden, die Polizei sofort zu verständigen?Mögliche Antworten: I. Beide sind unschuldig und einvernehmlich der Auffassung, dass bei Entführungsfällen unbedingt sofort die Polizei verständigt werden
muss.
II.a. Beide sind schuldig des Stagings und hatten einvernehmlich nicht vor, die Leiche aus dem Haus zu schaffen, bevor die Polizei das Haus
betreten würde. Sie halten die unmittelbare Verständigung der Polizei in Bezug auf ihre Glaubwürdigkeit für notwendig.
II.b. Beide sind schuldig des Stagings und sich uneinig darüber, wie weiter verfahren werden soll.
III.a. Der (Einzel-)Täter hatte nicht vor, die Leiche aus dem Haus zu schaffen, bevor die Polizei das Haus betreten würde.
III.b. Der (Einzel-)Täter hatte ein Interesse daran, dass die Polizei sofort verständigt würde.
III.b. Der unschuldige Partner war der Auffassung, die Polizei müsse unbedingt sofort verständigt werden und ließ sich nicht abhalten.
III.c. Der unschuldige Partner war der Auffassung, dass das Schreiben nicht 'echt' ist.
Zusammenfassung: Entweder sie sind unschuldig und vertrauten beide auf die Arbeit der Polizei (unwahrscheinlich, sie kooperierten nichtmals)
odersie waren schuldig des Stagings und vertrauten entweder darauf, dass die Polizei die Leiche nicht finden würde (sehr unwahrscheinlich) bzw. darauf, dass die Polizei - trotz Leichenfund - ihrem Staging folgen würde (unwahrscheinlich) bzw. sie waren beide des Staging schuldig und sich uneinig, wie verfahren werden sollte (unwahrscheinlich, nach allem was sie zuvor gemeinsam inszeniert hätten)
oder der Einzeltäter vertraute entweder darauf, dass die Polizei die Leiche nicht finden würde (sehr unwahrscheinlich) bzw. darauf, dass die Polizei - trotz Leichenfund - seinem Staging folgen würde (unwahrscheinlich)
oder der unschuldige Partner ließ sich nicht davon abhalten, die Polizei zu rufen (jeweils für Patsy und John nicht völlig unwahrscheinlich) bzw. der unschuldige Partner nahm das Schreiben nicht ernst (für Patsy sehr unwahrscheinlich).
Schlussfolgerung:Ich glaube, dass der Abreisetermin vermutlich nur indirekt - über den Zeitpunkt des frühen Aufstehens - mit dem Zeitpunkt zu tun hat, zu dem die Entscheidung getroffen werden musste, die Polizei (nicht) zu verständigen. Außerdem machen die möglichen Antworten auf die Frage, wieso der Anruf so früh erfolgte, meines Erachtens die Annahme plausibel, dass das Staging nur von einem der beiden inszeniert wurde. Die mögliche Antwort III.b. erscheint mir am schlüssigsten:
Der unschuldige Partner war der Auffassung, die Polizei müsse unbedingt sofort verständigt werden und ließ sich nicht abhalten. Alternativ besitzt meines Erachtens auch Antwortmöglichkeit II.b. einige Überzeugungskraft:
Beide sind schuldig des Stagings und sich uneinig darüber, wie weiter verfahren werden soll. Gegen II.b. spricht aber der hohe vorgängige Aufwand sowie der lange Zeitraum, den beide bis dahin bereits damit zugebracht haben würden, das Staging zu planen und zu inszenieren. - Im Fall eines Dissenz würde ich außerdem (vermutlich schwaches Argument) nicht erwarten, dass der Anruf tatsächlich exakt zu dem 'richtige' Zeitpunkt erfolgt wäre, nämlich um die Zeit, die man erwarten würde, wenn beide unschuldig wären und einvernehmlich entschieden hätten, die Polizei sofort zu informieren. Schließlich sollte auch I.,
Beide sind unschuldig und einvernehmlich der Auffassung, dass bei Entführungsfällen unbedingt sofort die Polizei verständigt werden muss, fairerweise nicht vollständig ausgeschlossen werden - wogegen allerdings (siehe Diskussionsverlauf) sehr viel spricht.