@jaska +
@Badesalz:
Ich bin, durch Euch angeregt ( danke ), mal in die Vergangenheit getaucht und habe mich dafür interessiert, was so um die Zeit 1900 - 1930 so ging, bei blutigen und haarigen Angelegenheiten.
BLUT:
-Nachweis:
Was die Erkennung von Blutanhaftungen auf Gegenständen angeht, hatte man damals schon eine ganze Reihe von Möglichkeiten.
Getrocknete Blutspuren konnten unter dem Mikroskop an den Häminkristallen erkannt werden.
Des weiteren standen verschiedene chemische Nachweismethoden zur Verfügung, fast alle aus medizinischen Untersuchungsverfahren entlehnt, die, wie z. B. der Phenolphtaleintest, zum Nachweis von Blut im Stuhlgang o. ä. dienten.
Und, man höre und staune, sogar spektroskopisch konnte Blut nachgewiesen werden. Wenn man die Bilder von Hof und Stadel sieht, vergisst man mitunter schonmal, wie weit die Wissenschaft doch schon war.
Die chemischen Nachweismethoden basieren auf der Reaktion der Testreagenzien mit dem Eisenanteil im Blutfarbstoff Hämoglobin.
Der Benzidintest führt z. B. zu einer Blaufärbung, beim Wasserstoffperoxidtest wird Sauerstoff frei und es schäumt sichtbar um nur mal zwei gängige Methoden zu nennen.
-Herkunft der Blutspuren:
a.) Mensch oder Tier?
Die beschriebene Methode basiert auf der Antigen-Antikörper-Reaktion im Blutserum. Wenn man, wie hier beschrieben, einem gesunden Kaninchen eine geringe Menge Blut einer anderen Spezies ( z. B. Mensch ) injiziert, wird die Immunabwehr des Kaninchens auf dieses Antigen reagieren. Es wird neutralisiert und es werden Antikörper speziell dagegen gebildet, sodass die Reaktion beim nächsten Kontakt mit dem Antigen ganz spezifisch und schnell abläuft.
Wenn nun das klare Blutserum des Kaninchens mit dem Serum der zu ermittelnden Spezies vermischt wird, bilden sich Antigen-Antikörper-Komplexe, die man makroskopisch als Trübung wahrnehmen kann.
Lag eine Mischblutprobe vor, lässt sich anhand der Reaktionen feststellen aus welchen Blutsorten die Probe bestand.
b.) Blutgruppenidentifikation?
Blutgruppen und ihre Vererbung waren bekannt, m. E. hätte man sogar feststellen können, von welchen Familienmitgliedern das Blut stammte. Der Mechanismus, der zugrunde liegt ist ebenfalls durch die Immunreaktion bedingt.
-Limits:
Der Nachweis von Blut ist relativ unspezifisch und einfach. Die Probe kann schon alt sein, das Häm ist recht unempfindlich.
Bei der Bestimmung der Herkunft wird es schon schwieriger. Die relevanten Eiweisse sind empfindliche Moleküle, die unter ungünstigen Lagerbedingungen "denaturieren", d. h. zerfallen, umgesetzt werden etc., was die Testergebnisse immer weniger spezifisch macht.
-Fazit für unsere Fragestellung:
Wenn die Tatwaffe mit genug Blut behaftet war, dass man das Blut an sich nachweisen UND die Unterscheidung Mensch/Tier eindeutig vornehmen konnte, hätte man höchstwahrscheinlich sogar nocheinmal zusätzlich die Opfer bestimmen können. Vorraussetzung hierfür wären Vergleichsproben gewesen, die man den Opfern entnehmen und sichern hätte müssen.
Das waren damals noch recht neue Methoden in der Medizin, aber die Konsequenzen ( z. B. der Ausschluss einer Vaterschaft anhand der Vererbung der Blutgruppenmerkmale ) waren durchaus bekannt.
Warum in einem extremen Fall wie dem vorliegenden nicht ALLE zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ( und man ist verblüfft, was da alles schon gegangen wäre ) genutzt wurden, ist eines der Rätsel, die den Fall "Hinterkaifeck" so interessant machen. Es geht ja aus der vorliegenden Aussage noch nichteinmal hervor, ob AUSCHLIESSLICH menschliches Blut an der Reuthaue klebte.
HAARE:
-Nachweis:
Makroskopisch, man konnte sie sehen.
-Zuordnung:
Mikroskopisch, durch Vergleich, konnten menschliches Haar und Tierhaare festgestellt werden. Ein Jäger hätte schon eine grobe, ein Zoologe eine nähere Bestimmung vornehmen können ( übrigens auch in dem Fall mit dem "weitgereisten Rucksack" ).
-Fazit:
Auch hier wieder Details vernachlässigt, man mass den sonstigen Anhaftungen aber wohl deutlich weniger Bedeutung bei, als wir es heute tun.
M. E. wäre es schon von Bedeutung gewesen, zu bestimmen, was für Tierhaare das genau waren und wann die an die Reuthaue kamen.
Primär kann man
@Badesalz´ Vermutung sicher folgen, dass es sich hierbei um die Überreste einer überzähligen Katze ( oder eines ganzen Wurfes ), derer man sich auf eine der damals üblichen Methoden entledigte, handelt.
Weiter kommen Marder und Iltis in Frage, die evtl. bei den Hühnern gestellt wurden.
Der in der Sasse überraschte Feldhase, den man mittels der Reuthaue zum Sonntagsessen "einlud", wäre ebenfalls ein möglicher Kandidat, dass jemand Kaninchen vor dem Schlachten mit der Reuthaue "weichklopft", erscheint eher unwahrscheinlich.
Alles harmlose Gelegenheiten bäuerlichen Alltags, die die Reuthaue als unverzichtbares Universalwerkzeug täglichen Gebrauchs dastehen und eine nähere Untersuchung der Haare unwichtig erscheinen lassen, da wir davon ausgehen, dass sie nach der Mordnacht nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wurde.
Eine Möglichkeit gibt´s aber noch, wenn auch eine kleine, aber wenn man nichts besseres hat?
Die Haare hätten NACH der Tat in das noch klebrige Blut gekommen sein können. Und zwar von der Kleidung des Täters, von einer eventuellen tarnenden Umwicklung der Haue oder vom Lagerort, an den man die Haue verbrachte ( ich gehe davon aus, dass die Haue nicht nach den Morden in den Fehlboden gelegt wurde, ein viel zu "übliches" Versteck ). Wenn man da ein bestimmtes Tier gefunden hätte, dass es auf HK nicht, wohl aber in anderen Haushalten gegeben hat?
Wie gesagt, eine kleine Möglichkeit und auch vertan.
MfG
Dew