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Mordfall Hinterkaifeck

51.979 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

23.02.2018 um 13:59
@totto
Super geschrieben, dazu im Klartext und ohne "könnte, sollte, wollte, Fragezeichen" etc.etc. etc..
Noch keine der sonst so schnellen Reaktionen von den Useren hier im Forum, aber ich kann mir vorstellen, dass nicht gerade wenige auf die angekündigte Fortsetzung warten.


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Mordfall Hinterkaifeck

25.02.2018 um 08:25
@totto
Sehr einleuchtend! Bin gespannt auf Teil II.


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Mordfall Hinterkaifeck

25.02.2018 um 12:04
….Vorgeschichte II (Prozess 1919/20)

Anmerkung: Auf Grund bisher gemachter Erfahrungen möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass folgende Ausführungen meine persönlichen Schlussfolgerungen aus den mir bekannten Überlieferungen sind.
Es handelt sich hierbei um keine Detailanalyse des Falles, sondern um eine Zusammenfassung von wichtigen Ereignissen bzw. Eckdaten, die sich auf eine Person beziehen. Ob nun diese Person tatsächlich der Täter war (ich z.B. nehme das an) oder nicht, oder ob sie es gewesen sein könnte, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Die folgende „Hypothese“ befasst sich weniger mit der Vaterschaftsangelegenheit, als vielmehr mit dem Prozessverlauf und hier insbesondere mit den Hintergründen der Vereidigung Schlittenbauers.
Die Vaterschaft und seine finanziellen Folgen waren für L. Schlittenbauer der Grund für seine Strafanzeige wegen Blutschande. Die fehlenden Beweise die Blutschande zu bestätigen, waren die Ursache für den Freispruch. Der außergerichtliche Kuhhandel bzw. das Hin und Her wegen der Vaterschaft kann stattgefunden haben, hatte jedoch m.E. mit dem Freispruch nicht im Geringsten etwas zu tun.
Das Gericht hatte zu einem gewissen Zeitpunkt erkannt, dass der Vorwurf der Blutschande haltlos war und nur dazu benutzt wurde, um die Vaterschaft und damit die daraus erstehenden finanziellen Forderungen abzuwenden.

Die Vereidigung eines Zeugen wird auf Antrag der Prozessbeteiligten vom zuständigen Gericht/Kammer entweder abgelehnt oder zugelassen.
Für die Zulassung einer Zeugen Vereidigung sind für das Gericht zwei Punkte eine wesentliche Voraussetzung:
1.) die beanstandete Aussage des Zeugen muss tatrelevant sein.
2.) Das Gericht muss unmittelbar/augenblicklich in der Lage sein, dem Zeugen eine Falschaussage nachzuweisen.
Gerade der Punkt 2.) ist bei der Vereidigung Schlittenbauer besonders beachtenswert.

Zum Prozess….

Pielmaier gab an:
"Schlittenbauer zeigte nun seinerseits unterm 10.9.1919 Andreas Gruber und dessen Tochter wegen Blutschande an und machte geltend, dass ihm Viktoria Gabriel selbst zugestanden habe, dass sie mit ihrem Vater Geschlechtsverkehr gehabt habe."

Schlittenbauer hatte demnach den beklagten Vorfall nicht selbst gesehen, sondern nannte ausgerechnet die beklagte Viktoria Gabriel als „Beweis“ seiner Strafanzeige, jene Person, die besonderes Eigeninteresse hatte und die bei einer Verurteilung mit einer empfindlichen Haftstrafe rechnen musste. Hier ist schon das erste Kopfschütteln angesagt.
Selbst wenn V. Gabriel jemals den Ortsvorsteher von Inzest Vorfällen erzählt hatte, konnte sie als Beklagte, den als Zeugin kam sie ja nicht in Frage, gegenteiliges behaupten und Schlittenbauer musste seine Behauptung in der Strafanzeige anderweitig beweisen; was ihm oder dem Gericht offensichtlich nicht gelang.

Andreas Gruber habe dann plötzlich von ihm 3000 Mark (Alimente) verlangt, ob wohl sie beide, A. Gruber und L. Schlittenbauer vereinbart hätten, dass er für das Kind aber nichts zu bezahlen brauche: wer`s glaubt wird selig! Es gab ja auch noch einen Zettel, auf dem ihm Viktoria Gabriel bestätigt haben soll, dass er, Schlittenbauer, nichts zu zahlen brauchte: der sei aber verbrannt?

Aus meiner Sicht zeigt die unnachgiebige Forderung (3000 Mark Alimente) Grubers recht deutlich, dass der sich absolut sicher war, nicht der Vater des Josef zu sein, denn sonst hätte er sich wahrscheinlich mit dem als prozesserfahren bekannten Ortsvorsteher nicht auf diese Weise eingelassen, sondern er hätte womöglich einen Kompromiss gesucht.

Auch taucht die Frage auf, warum der leitende Staatsanwalt bzw. ein Richter bereits am 13. Sept. 1919, den doch recht bodenständigen Austrägler, umgehend in U-Haft; der wäre sicher nicht davongelaufen. Wenn man sich das Ergebnis dieses Prozesses anschaut, dann kommen völlig unzureichende Vorermittlungen zum Vorschein: ein Duplikat des gesamten Falles Hinterkaifeck.

Die Tatsache, dass Schlittenbauer den Vorgang der Blutschande selbst nicht bezeugen oder beweisen konnte und somit auf die Aussage bzw. einem Geständnis der beklagten V. Gabriel und A. Gruber angewiesen war und die dazu wahrscheinlich nicht bereit waren, lässt aus meiner Sicht die Vereidigung Schlittenbauers bei der zweiten Vernehmung in einem vollkommen anderen Licht erscheinen, als dies von StA Pielmaier 1926 dargestellt wurde.
Ich habe übrigens den Eindruck, dass ein Großteil der Berichterstattung des StA Pielmaier 1926, von Schlittenbauers Angaben sozusagen kosmetisch konterkariert war.

Die Tatsache, dass Schlittenbauer am 30.Sept. 1919 dann doch die Vaterschaft annahm, war den gegebenen Umständen geschuldet, er hatte zu diesem Zeitpunkt keine andere Möglichkeit. Dies hat m.E. mit seiner späteren Vereidigung als Zeuge nicht im Geringsten etwas zu tun; der folgende Freispruch nur insofern, als dem Gericht die eidesstattliche Aussage Schlittenbauers die Bestätigung war, dass Blutschande nicht nachgewiesen werden konnte.

Ich gehe davon aus, dass V. Gabriel als Beweislieferant komplett ausfiel, denn es ist kaum vorstellbar, dass Viktoria Gabriel bereit war, ohne Gegenwehr ihr eigenes „Grab“ und das ihres Vaters zu schaufeln; das musste sie als Angeklagte auch nicht. Es wäre Aufgabe der Ermittler, des Staatsanwaltes gewesen, vor dem Strafantrag, für handfeste Beweise zu sorgen.

Schlittenbauer stand also am 23.Sept.1919 bei seiner ersten Zeugenvernehmung mit leeren Händen vor Gericht und hier kann ich mir gut vorstellen, dass er sich deshalb vor Gericht einige, allerdings nicht beweisbare Geschichten einfallen ließ, die er dann Pielmaier auch noch 1926 auftischte. Das damalige Gericht ist dem aber anscheinend nicht gefolgt.

Das Gericht sah sich zunächst dazu veranlasst, wegen der fehlenden Beweislage A. Gruber aus der U-Haft zu entlassen und nach weiteren ergebnisneutralen Ermittlungen in der Zeit von Ende Sept. 1919 bis zum 23. Okt. 1919 hat man sich bei Gericht vor der endgültigen Urteilsbildung und um das zu fällende Urteil „wasserdicht“ zu machen, dazu entschlossen, den Zeugen Schlittenbauer noch einmal, aber diesmal unter Eid, zu vernehmen. Hier ist weiterhin zu berücksichtigen, dass Schlittenbauer zu der Zeit nicht mehr Kläger (Offizialdelikt) sondern nur als „Zeuge“ vor Gericht stand und als solcher wäre er ohnehin zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet gewesen.
Wie Eingangs bereits über die Voraussetzung einer Zeugen-Vereidigung beschrieben:

2.) Das Gericht muss unmittelbar/augenblicklich in der Lage sein, dem Zeugen eine Falschaussage nachzuweisen.

Und hier hat sich Schlittenbauer wieder auf seine ursprünglichen Angaben reduziert. Da er aber seine ursprüngliche Anschuldigung, ohne dem Geständnis von Viktoria Gabriel und A. Gruber nicht beweisen konnte, blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als A. Gruber und V. Gabriel von dem Straftatbestand der Blutschande freizusprechen.

Ein Rätsel bleibt jedoch nach wie vor, warum Schlittenbauer nicht wegen zu Unrecht gestellter Strafanzeige bzw. falscher Verdächtigung, übler Nachrede oder Verleumdung belangt wurde.

Wo kein Kläger da auch kein Täter!


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Mordfall Hinterkaifeck

25.02.2018 um 21:16
@totto
Sehr schön, Du hast Dir viele Gedanken gemacht und auch viel Arbeit und hast uns viel zum Nachdenken gegeben. Ich fang mal von hinten an:
Zitat von tottototto schrieb:Ein Rätsel bleibt jedoch nach wie vor, warum Schlittenbauer nicht wegen zu Unrecht gestellter Strafanzeige bzw. falscher Verdächtigung, übler Nachrede oder Verleumdung belangt wurde.
Das ist kein Rätsel, sondern hat wohl einen nachvollziehbaren Hintergrund:
Viktoria und ihr Vater haben sich nach dem Freispruch ganz still verhalten, weil sie wohl nicht noch mehr Staub aufwirbeln wollten. Es gab damals für ihren Geschmack schon viel zu viel Gerede. Man stelle sich vor: Derjenige, der den Vater "machen sollte" (ja, so wurde es tatsächlich bezeichnet - nicht "der Vater war", sondern "den Vater machen sollte") hat die beiden angezeigt und damit all das Gerede wieder aufleben lassen, dass schon damals, als die beiden wegen dem selben Delikt 1915 verurteilt wurden, kursierte. Und jetzt war sicher das Gerede noch größer, weil auch noch ein uneheliches Kind im Spiel war. Ein Sohn, der während der Witwenschaft der Bäuerin geboren wurde und für den der Nachbar den "Vater machen sollte". Und jeder schob die Vaterschaft auf einen anderen! Die Viktoria auf Schlittenbauer, der auf Viktorias Vater und dieser sagte am Morgen nach der Geburt: "Wenns nur nicht der Körbelzäuner gewesen wäre" Daraus schließe ich also, dass Viktoria zum Empfängniszeitraum etwa Anfang bis Mitte Dezember 1918 mit drei verschiedenen Männern GV hatte. Der Dritte hielt sich aus der Debatte raus, ja ließ sich sogar nicht mehr sehen, denn sonst hätte er Alimente zahlen müssen. Kurz gesagt: die Viktoria wußte vielleicht selbst nicht genau, wer der Vater ihres Sohnes war. Sie gewann nur durch Versprechungen den Schlittenbauer dazu, dass er die Vaterschaft anerkannte. Und dieser rächte sich mit der Anzeige, als sie ihre Versprechen nicht einhielt. Wenn also der Gruber oder sie, die Viktoria, den Schlittenbauer vor Gericht gezerrt hätte wegen Verleumdung usw, dann wäre dort die Rede bestimmt auch auf die Vaterschaft des Kindes gekommen.
Und jetzt überlegen wir mal: Gab es damals die Möglichkeit, dass festgestellt werden konnte, wer der Vater eines Kindes war?
Wenn ja, dann hätte man feststellen können, wer der Vater von Josef war. Für Viktoria eine wackelige Angelegenheit. War es Nr. 3, änderte sich nichts. War es Schlittenbauer auch nicht, denn er hatte ja schon unterschrieben. War es aber ihr Vater, dann wäre die Sch.... schwer am Dampfen gewesen!


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Mordfall Hinterkaifeck

27.02.2018 um 22:31
@Hathora
Daraus schließe ich also, dass Viktoria zum Empfängniszeitraum etwa Anfang bis Mitte Dezember 1918 mit drei verschiedenen Männern GV hatte
Ich nicht.

Da gibt es durchaus noch jede Menge anderer Möglichkeiten, nämlich dass
- Viktoria entweder wusste, dass Schlittenbauer der Vater war oder
- ihn "zum Vater machen wollte",
- dass Schlittenbauer entweder wusste, er war der nicht der Vater oder
- aber nicht löhnen wollte oder grantig war und deshalb Viktoria abermals der Inzucht bezichtigte. Was aber kein Beweis dafür ist, dass es eine solche auch gegeben hatte.
- Grubers Aussage kann bedeuten, dass er wusste, dass der Körbelbauer der Vater hätte sein können und es auch hoffte, weil ihm der lieber als der Schlittenbauer gewesen wäre.
- Es kann auch der Ausdruck des Wunsches als solcher gewesen sein,
- ohne aber, dass Viktoria wirklich etwas mit dem KB hatte, oder
- ohne aber, dass der Gruber das wusste oder ahnte.
- So etwas sagt man nicht nur, weil man nicht weiß, wer der Vater ist, sondern auch, weil man weiß, dass es der Schlittenbauer ist, es aber nicht akzeptieren möchte, weil Gruber eben den Schlittenbauer nicht leiden konnte.
- Es ist ebenfalls kein Beweis, ja, noch nicht mal ein Beleg dafür, dass es der KB oder der SB war oder ob Viktoria etwas sagte oder ob der Gruber nur hoffte.
- Es kann auch heißen, dass der Gruber befürchten musste, der Vater zu sein.

Es kann das bedeuten, was Du, alles anderes ausschließend, interpretierst, muss es aber nicht.


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02.03.2018 um 19:06
@off-peak
Sei mir nicht böse, aber Dein Beitrag ist für mich ganz unverständlich.
Du schließt also aus, dass Viktoria mit drei verschiedenen Männern im Empfängniszeitraum GV hatte. Okay, das verstehe ich ja noch. Aber dann meinst Du,
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Da gibt es durchaus noch jede Menge anderer Möglichkeiten,
und schwurbelst davon, dass
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Schlittenbauer entweder wusste, er war der nicht der Vater oder
- aber nicht löhnen wollte oder grantig war und deshalb Viktoria abermals der Inzucht bezichtigte. Was aber kein Beweis dafür ist, dass es eine solche auch gegeben hatte.
usw. Was hat das mit meiner Feststellung zu tun, dass Viktoria mit drei verschiedenen Männern im Stroh war?
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:- Es kann auch der Ausdruck des Wunsches als solcher gewesen sein,
- ohne aber, dass Viktoria wirklich etwas mit dem KB hatte, oder
- ohne aber, dass der Gruber das wusste oder ahnte.
- So etwas sagt man nicht nur, weil man nicht weiß, wer der Vater ist, sondern auch, weil man weiß, dass es der Schlittenbauer ist, es aber nicht akzeptieren möchte, weil Gruber eben den Schlittenbauer nicht leiden konnte.
????????
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:- Es ist ebenfalls kein Beweis, ja, noch nicht mal ein Beleg dafür, dass es der KB oder der SB war oder ob Viktoria etwas sagte oder ob der Gruber nur hoffte.
- Es kann auch heißen, dass der Gruber befürchten musste, der Vater zu sein.
Hä?
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Es kann das bedeuten, was Du, alles anderes ausschließend, interpretierst, muss es aber nicht.
Was interpretiere ich denn, außer dass sie mit drei Männern im in Frage kommenden Zeitraum für Josefs Zeugung GV hatte?


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02.03.2018 um 21:57
@Hathora
Du schließt also aus, dass Viktoria mit drei verschiedenen Männern im Empfängniszeitraum GV hatte
Nein. Aber ich schließe es auch nicht aus dem, was der Gruber so gesagt haben soll. Es könnte sein, es könnte nicht sein.
Nur Gerede ist eben kein Beweis.
Was hat das mit meiner Feststellung zu tun, dass Viktoria mit drei verschiedenen Männern im Stroh war?
Hast Du es denn fest gestellt? Weil Du Beweise hast? Oder einfach nur behauptet, weil Du eine unbewiesene Bemerkung für Dich in nur eine Richtung interpretiertest?

Es gibt nämlich durchaus mehr als nur eine Interpretationsmöglichkeit.


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03.03.2018 um 10:53
Vorgeschichte III (1920 - 1922)

„Da hatte der Herrgott die Hand am rechten Fleck!“

Diese Worte äußerte Schlittenbauer bei einer Vernehmung und verbreitete sie sinngemäß auch bei anderen Gelegenheiten.
Diese Worte sind Zeuge von tiefgründigem Hass, diskreditierender Herabwürdigung und grenzenloser Verachtung gegenüber den Opfern.
Bemerkenswert dabei ist, dass Schlittenbauer noch im Jahre 1919 ein Familienmitglied der anscheinend so verhassten Hinterkaifecker heiraten wollte.
Diese Worte sprechen auch Bände über das Verhältnis von Schlittenbauer und den Hinterkaifeckern in der Zeit von 1920, nach dem Prozess und Anfang 1922, als die Tat geschah.
Die Annahme, dass sich beide Parteien nach dem Prozess wieder gut gesonnen waren und dass der Gruber dem Schlittenbauer während dieser Zeit sogar häusliche Angelegenheiten mitgeteilt hätte, gehört angesichts solcher schwerwiegenden Äußerungen Schlittenbauers, in den Fabelbereich.
……………………….

Der Prozess endete am 31. Dezember 1919 und hatte für Schlittenbauer als Ergebnis einen bitteren Geschmack; der geplante Schuss gegen die Hinterkaifecker ging nämlich nach hinten los.

Wie stand nun der Ortsvorsteher gegenüber seiner Familie, der Öffentlichkeit und vor allem der Obrigkeit da?

Fraglich ist, ob von Seiten der Hinterkaifecker nach dem Prozess 1919 irgendwelche Forderungen an Schlittenbauer herangetragen wurden.
Als aber dann Anfang 1922 bekannt wurde, dass die Alimentierung von unehelichen Kindern neu geregelt wurde und der Sold einer sich rasant entwickelnden Geldentwertung angepasst werde, sind dem ohnehin geldlastigen Ortsvorsteher die Nerven durchgegangen.
Dass die Hinterkaifecker diese neue Verordnung in Anspruch nahmen; davon ist wohl auszugehen.

Wenn man sich zurückerinnert aus welch niederen Beweggründen Schlittenbauer die Hinterkaifecker 1919 ins Zuchthaus bringen wollte, dann erscheinen Geldforderungen von Seiten der Hinterkaifecker, gar keine so geringe Motivation gewesen zu sein, um sich zunächst einmal am 31. März 1922 nach Hinterkaifeck zu begeben, um dort diese Angelegenheit mit Nachdruck zu regeln.

Das zerrüttete Verhältnis beider Parteien ließ jedoch keine Einigung zu, und so kam es zur spontanen Eskalation…….


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03.03.2018 um 10:58
Zitat von tottototto schrieb:Das zerrüttete Verhältnis beider Parteien ließ jedoch keine Einigung zu, und so kam es zur spontanen Eskalation…….
Bei der er auch das Kleinkind erschlägt?
Die Brutalität traue ich ihm nicht zu.

Und da lass ich auch keine Logik gelten: Es ging ja um das Kind.

Eine Wutendladung folgt nicht der Logik.


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03.03.2018 um 18:27
@Frau Zimt

Diese Einschätzung ist rein emotionaler Natur.

Mit Logik kann hier nicht argumentiert werden.
Logisch ist hingegen die Annahme, dass das Kind das ja Instrument im Prozess war, gerade deswegen erschlagen wurde.

Die obige Einschätzung ist da in sich schlüssig.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.03.2018 um 19:01
Zitat von Kurt_EisnerKurt_Eisner schrieb:@Frau Zimt
Diese Einschätzung ist rein emotionaler Natur.
Möglicherweise war die Tat emotionaler Natur?
Zitat von Kurt_EisnerKurt_Eisner schrieb:Mit Logik kann hier nicht argumentiert werden.
Warum nicht?
Zitat von Kurt_EisnerKurt_Eisner schrieb:Logisch ist hingegen die Annahme, dass das Kind das ja Instrument im Prozess war, gerade deswegen erschlagen wurde.
Also doch Logik?

Es kommt auf das Motiv an - wenn man sich mal auf Schlittenbauer als Täter einlässt.
Hat er im Affekt gehandelt und im Anschluss die Zeugen beseitigt?
Das kleine Mädchen hat eine eher seitliche Verletzung. Cilli ist vielleicht nur dazwischen gelaufen.
War er wütend auf Viktoria, ihren Vater und die Mutter?
Dann hat er möglicherweise sie gezielt getötet, weil er meinte, die wollten ihn aufs Kreuz legen?

Passt für mich nicht. Ich lese, dass Schlittenbauer gesundheitlich angeschlagen war.
Körperlich traue ich ihm die Tat nicht zu.
Du sagst, es kam ihm gerade darauf an, das Kleinkind zu vernichten, weil es ihn Geld kosten sollte.

Wenn er den Kleinen am Leben gelassen hätte und sich als Vater bekannt, hätte er den Hof in seine Familie bringen können.
Die Bauernschläue traue ich dem Schlittenbauer eher zu.

Nur hätte er es dann ganz anders anfangen müssen.

Das Hin- und Hergehopse...ich bin der Vater..bin es nicht---bin es doch...
hätte am Ende kein Vormundschaftsgericht mitgemacht.

Von daher glaube ich nicht, dass Schlittenbauer der Täter ist.

Eine Affekttat wäre möglich, - da gehe ich mit.
Die Ausrottung der ganzen Familie einschließlich Kleinkind und Magd ...Nein!

Da halte ich die Überfallvariante für viel wahrscheinlicher


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Mordfall Hinterkaifeck

03.03.2018 um 19:26
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Da halte ich die Überfallvariante für viel wahrscheinlicher
Ich diese illegale Waffenlagertheorie. So abwegig ich die Sache nicht.

Wikipedia: Freikorps Oberland


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Mordfall Hinterkaifeck

03.03.2018 um 19:34
Zitat von LotharLothar schrieb:frauzimt schrieb:
Da halte ich die Überfallvariante für viel wahrscheinlicher
Ich diese illegale Waffenlagertheorie. So abwegig ich die Sache nicht.
@Lothar
ja, endlich schreibst du etwas dazu. Darauf warte ich schon lange.

Ich habe zu Waffen keinen Draht, darum sind mir diese Geschichten vollkommen fremd.
Ergo vermute ich hier nicht das Motiv.

Bei den meisten Mordfällen liegen die Motive im Zwischenmenschlichen-oder es geht ums schnöde Geld.

Es wäre darum schön, wenn du deine Theorie kurz umreissen könntest.
Sie passt ja in die Zeit.


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03.03.2018 um 19:38
Gerne @frauZimt


Schau mal: Wikipedia: Einwohnerwehr


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Mordfall Hinterkaifeck

03.03.2018 um 20:08
Zitat von LotharLothar schrieb:Gerne @frauZimt


Schau mal: Wikipedia: Einwohnerwehr
ich hab mir die texte früher schon mal durchgelesen.
es wäre schön, wenn du mit deinen worten kurz zusammenfasst, warum du diese theorie favorisierst.
muss kein roman sein.

überzeug mich halt


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Mordfall Hinterkaifeck

03.03.2018 um 22:06
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Da halte ich die Überfallvariante für viel wahrscheinlicher
Motiv? Raub scheint ja unwahrscheinlich.


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Mordfall Hinterkaifeck

03.03.2018 um 22:12
Zitat von SomertonManSomertonMan schrieb:frauzimt schrieb:
Da halte ich die Überfallvariante für viel wahrscheinlicher
Motiv? Raub scheint ja unwahrscheinlich.
weil die räuber nicht alles gefunden und mitgenommen haben?
Heute werden menschen auch für 20 euro getötet.

die räuber haben mitgenommen, was sie schnell zusammenraffen konnten (mehr als 20 Euro) und sind abgehauen


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Mordfall Hinterkaifeck

04.03.2018 um 01:30
@Frau Zimt

Deine Gedanken sind durchaus nachvollziehbar.
Die Argumentation ist allerdings mehr emotional.

Astma ist kein Grund Schlittenbauer als Täter auszuschliessen.
Wenn man davon ausgeht dass er als Landwirt schwer gearbeitet hat und Wurzeln mit der Stockhaue aus dem Boden geschlagen hat, ist es ein vergleichsweise geringer Aufwand Köpfe einzuschlagen.

Zweitens, eine Affekttat ist rein irrationaler Natur. Du versuchst diesen Blackout zu rational zu erklären. Es ist deshalb auch möglich dass sich die Wut neben den Erwachsenen, dem Kind als Wurzel allen Übels gegolten haben.

Du sagst, die Mehrzahl der Morde sind zwischenmenschlich motiviert. Das stimmt.

Wie erklärst Du Dir aber, wenn Du Raubmord favourisierst, folgende Tatsachen:

Wie kamen die Täter ins Haus und wieder heraus? Es gibt keine Hinweise für Eindringen. Dach ist auch nicht machbar, es müsste eine Dachlatte abgesägt werden. Es gibt auch keine Hinweise wie der Täter wieder herausgekommen ist ausser mit einem Schlüssel.

Die Täter haben sich, bei dem langen Aufenthalt. = Aufwand Versteck Tatwaffe, Tatortbereinigung und Leichenarrangement, noch nicht mal die Mühe gemacht das Schlafzimmer der Grubers zu durchsuchen.


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Mordfall Hinterkaifeck

04.03.2018 um 08:19
Zitat von Kurt_EisnerKurt_Eisner schrieb:Astma ist kein Grund Schlittenbauer als Täter auszuschliessen.
Wenn man davon ausgeht dass er als Landwirt schwer gearbeitet hat und Wurzeln mit der Stockhaue aus dem Boden geschlagen hat, ist es ein vergleichsweise geringer Aufwand Köpfe einzuschlagen.
Ich schließe ihn nicht aus.
Es gibt keine Theorie, die mich 100%ig überzeugt.
Ich halte nur seine Täterschaft für unwahrscheinlich.

Ein Dummkopf wird Schlittenbauer nicht gewesen sein.
Einen Dummkopf macht man nicht zum Ortsvorsteher.

Wer sein Recht vor Gericht sucht, nimmt von Selbstjustiz Abstand.

Schlittenbauer hatte keinen finanziellen Verlust, in dem er die Vaterschaft für Josef anerkannte. Viktoria gab ihm das Geld, das er ihr gab.

An allen bäuerlichen Tischen, die ich kennengelernt habe, ist immer wieder das Thema Erbschaft die Rede.
Und zwar so:
"Wie ist das bei dem Nachbarn X? wer erbt denn da mal den Hof?"
"Haben die schon den Erbteil ausbezahlt? Wie will der das machen?"
"Da wird er wohl Wald verkaufen müssen" usw.

Wer von wem was erbt, welches Feld, welches Waldstück ist von großem Interesse. Nicht nur, weil man auf dem Land gerne tratscht. Man will einfach wissen, wer der spätere Feldnachbar ist. Ob das einer ist, mit dem man klar kommt- oder ob der über seine Grenzen pflügt z.B..

Und damals hat man durchaus seine Kinder strategisch verheiratet. (Das muss nicht immer geklappt haben, aber zumindest haben sich die Alten ausgemalt, "was am allerbesten wäre"....usw.)

Warum sollte also Schlittenbauer das Kleinkind erschlagen haben?
Er als anerkannter Vater hätte von dem Kind nur profitiert, wenn er es am Leben lässt.
Er könnte das Erbe des kleinen Josef mit bewirtschaften. Noch nicht einmal Pacht hätte er ihm bezahlt, denn er hätte die Felder und den Wald für Josef mit bewirtschaftet.

Und das alles hätte sich der Schlittenbauer überlegt, bevor er zur Tat schreitet.

Das Motiv ist deiner Ansicht nach grenzenlose Wut auf die Familie, weil sie ihn mit ihrem "Du heiratest Viktoria- nein du kriegst sie nicht", fertig gemacht haben. Und der Inzest zwischen seiner Braut und deren Vater war ihm ein Dorn im Auge.
Dazu passt das Zitat vom Herrgott, nach der Tat.

Andererseits hat er sich schon vor Gericht abreagiert. Der Inzest ist aktenkundig geworden, was wollte er mehr?

Und selbst wenn er an diesem Tag total ausgerastet wäre und alle nacheinander erschlagen hätte...Warum auch das Kleinkind?

Es wäre doch viel geschickter von ihm gewesen, das Kind am Leben zu lassen.

Ein Bauer, das kann ich dir garantieren, sieht im letzten männlichen Überlebenden einer Familie den Hoferben.
Das ist nicht anders, als bei Königs.
Evtl. Erbstreitigkeiten werden vor den Gerichten entschieden.
Zitat von Kurt_EisnerKurt_Eisner schrieb:Zweitens, eine Affekttat ist rein irrationaler Natur. Du versuchst diesen Blackout zu rational zu erklären. Es ist deshalb auch möglich dass sich die Wut neben den Erwachsenen, dem Kind als Wurzel allen Übels gegolten haben.
Ja, das tu ich zum Teil.
Das kleine Kind hat ihn ja nicht geärgert, sondern die Mutter/der Schwiegervater in spé und höchstwahrscheinlich dann auch die alte Frau Gruber.

Sagt nicht ein Zeuge aus, der Schlittenbauer hätte sich mit Josef freundlich befasst?
Zitat von Kurt_EisnerKurt_Eisner schrieb:Du sagst, die Mehrzahl der Morde sind zwischenmenschlich motiviert. Das stimmt.

Wie erklärst Du Dir aber, wenn Du Raubmord favourisierst, folgende Tatsachen:

Wie kamen die Täter ins Haus und wieder heraus? Es gibt keine Hinweise für Eindringen. Dach ist auch nicht machbar, es müsste eine Dachlatte abgesägt werden. Es gibt auch keine Hinweise wie der Täter wieder herausgekommen ist ausser mit einem Schlüssel.
Ganz einfach: Durch den Futtergang, der die Wohnräume mit dem Stall verband.
Durch den Futtergang sind die Familienmitglieder in den Stall gelaufen. Also führte der Weg vom Stall auch wieder zurück ins Haus.


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Mordfall Hinterkaifeck

04.03.2018 um 08:59
@Frau Zimt

alles verständlich und nachvollziehbar was Du sagst.
So ein Amoklauf läuft in der Realität allerdings seltenst auf rationaler Ebene statt.
Lies Dir mal die Geschichte vom Kleingarten Mord in Gifhorn durch. Ein nichtiger Streit, ein gedemütigter Verpächter und das Resultat drei Tote.

Und zu Kindern. Es gibt Väter die erschlagen die eigenen Kinder in der Wut. Es gab erst einen Fall in dem ein Vater vor Wut sein 6 Wochen altes Baby erschlug. Nur weil er durchschlafen wollte.


Wie sie in das Anwesen gekommen sind, meine ich selbstverständlich.


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