CharliesEngel schrieb:Nach einem Blick in deine Quelle wird da tatsächlich kein Strafrahmen angegeben, 15 Jahre fixum. Es ist natürlich schwierig, ein unbekanntes Strafrecht anhand eines Gesetzesartikels zu diskutieren. Diesen Weg möchte und kann ich auch als Nicht-Juristin nicht beginnen.
Die Strafanträge zu zehn Jahren haben dann welche Grundlage?
Ich nehm' das mal auf. Ich hatte dazu schon vor einigen Wochen gepostet. Das frz. Strafrecht kennt Höchststrafen, die stehen bei jedem Delikt im Gesetz und betragen, wie schon oft hier angesprochen, bei diesen Delikten 10 oder 20 Jahre. Dann gibt es eine Mindeststrafe, sie steht an anderer Stelle im Strafgesetz und gilt für Deliktklassen, orientiert sich an den Höchststrafen. Die Mindeststrafe liegt in Frankreich sehr niedrig, und zwar bei diesen Delikten meist bei 2 Jahren. Alles dazwischen, also zwischen zwei und zwanzig Jahren ist dem Ermessen des Gerichts überlassen.
Der Gesetzgeber will dadurch eben gerade erreichen, dass das Gericht hier abwägen kann, zu beurteilen ist zum einen die Tat, wie sie ausgeführt wurde, wie sie das Opfer verletzt hat und so weiter und zum anderen der Täter, welche Persönlichkeitsstruktur ist sichtbar, welches Sozialverhalten, welche Einsicht, usw usw.
Das Gericht soll dann die "angemessene" Strafe für Tat und Täter finden.
In aller Regel vermeidet ein Gericht beide Extreme, also die Mindeststrafe und die Höchststrafe, und sucht etwas dazwischen. Die extremen Grenzen werden nur in ebenso extremen Fällen verhängt.
Dazu kommt noch, das ist in Deutschland ja auch ähnlich, ein weiteres Mittel, welches der Justiz zur Verfügung steht: der Straferlass auf Bewährung. In Frankreich gibt es da Regeln, die wieder von der ausgesprochenen Strafe ausgehen, und eine Mindestverbüssungszeit festsetzen, das sind entweder ein Drittel oder die Hälfte. Das bedeutet, wenn es keine Gründe dagegen gibt, kann ein durchschnittlicher Täter, der 10 Jahre Haftstrafe bekam, davon ausgehen, nach 5 Jahren aus der Haft entlassen zu werden. Das soll freilich dazu führen, dass ein Täter sich in der Haft ordentlich benimmt und hoffentlich auch eine gewisse Einsicht in seine Tat bekommt, so dass er nicht wieder rückfällig wird.
Der einzige Nachteil dieses Systems ist, dass ein Angeklagter nicht genau weiss, wie lange er in Haft sein wird. Aber dieser Nachteil wird wegen der Vorteile des Systems in Kauf genommen.
Die Meinung der Öffentlichkeit weicht erfahrungsgemäss sehr oft von der Realität der Justiz ab. Das ist aber auch etwas Natürliches. Es ist Aufgabe der Politik, welche die Regeln setzt, hier einen vernünftigen Ausgleich zu finden. Es gibt Staaten, die es anders machen, zum Beispiel in den USA gibt es z.B. in der Bundesgerichtsbarkeit keine Strafaussetzung zur Bewährung mehr: wer 20 Jahre im Urteil erhalten hat wird auch genau 20 Jahre sitzen. Oder, wie z.B. in der Regel in Deutschland bei Mord, da gibt es, weil vom Gesetz vorgeschrieben, immer eine lebenslange Freiheitsstrafe (allerdings meist mit der Möglichkeit der Strafaussetzung). In den USA dagegen gibt es z.B. auch eine absolute lebenslange Freiheitsstrafe, das heisst, der Verurteilte bleibt, wenn nicht in ganz seltenen Fällen begnadigt, bis zu seinem Tod im Gefängnis. Usw. Frankreich geht eben den beschriebenen Weg.