fassbinder1925 schrieb:Ist es überhaupt halbwegs im Rahmen des möglichen?
Man muss natrlich immer alle Details eines Falls kennen, um überhaupt eine Voraussage zu wagen, aber auch ohne diese Kenntnis sage ich hier einmal: ich glaube nicht.
Wie oben schon gesagt, müsste in diesem Fall ein Täter (ich spreche hier von den Vergewaltigern, der Fall des Ehemanns ist etwas anders): 1) sagen, dass er der Überzeugung war, dies geschehe mit dem Einverständnis des Opfers und 2) dass diese Überzeugung nachvollziehbar war
Und am zweiten Punkt wird es scheitern: Soweit ich weiss hatten die Täter keinerlei Kontakt mit dem Opfer zuvor. Alles, was sie "wissen," wissen sie nur durch den Ehemann. Sie kommen dann am Tatort an und finden eine bewusstlose Frau vor.
Mir will nicht einleuchten, dass es nachvollziehbar sein soll, dass bei diesem Szenario jemand sich darauf verlassen können sollte, dass das Opfer dem allen zugestimmt hat. Ich bin im Gegenteil der Meinung, dass angesichts dieses Szenarios dem Täter Zweifel daran hätten kommen müssen. Und vollzieht er die Tat trotz dieser Zweifel, nimmt er billigend in Kauf, dass die Tat eventuell gegen den Willen des Opfers ist, und damit sind wir im Bereich des Vorsatzes, hier des sog. bedingten Vorsatz, der auch in Frankreich gilt.
Es gibt in diesem Themenfeld ja durchaus skurrile Fälle, dies ist bei weitem nicht der einzige. Es gab einmal in NRW einen Fall, in dem ein Vergewaltiger eine Frau, die er nicht kannte, hinterrücks überfallen hat und vergewaltigte. Diese hatte allerdings soviel Angst, besonders davor, am Ende zur Vertuschung ermordet zu werden, dass sie dem Täter -nach Meinung des Gerichts- sehr glaubhaft vorspielte, dass die Sache ihr Spass mache.
So glaubhaft, anscheinend, dass der Täter sogar am nächsten Tag an ihrer Wohnungstür wie verabredet klingelte, um eine weitere Runde "einvernehmlichen" Sex zu haben. Dort wartete aber die von der Frau verständigte Polizei.
Auch dieser Täter behauptete, bei all dem habe er den Eindruck gewonnen, die Frau habe all dem zugesagt und damit habe eben ein Tatbestandsirrtum vorgelegen. Sowohl das Landgericht als auch der BGH später akzeptierten in dem Fall, dass der Täter nachvollziehbar glaubte, das Opfer sei einverstanden - aber: das gilt nicht für den gesamten Tathergang! Der BGH machte deutlich, dass selbst wenn der Täter hier berechtigt war zu glauben, der Geschlechtsverkehr geschehe mit Einwilligung, so gelangte er erst durch den gewaltsamen Überfall auf die Frau in diese Situation. Und daher war er zwar nicht wegen vollendeter, aber versuchter Vergewaltigung durchaus zu verurteilen. (BGH 4StR 33/93)
Ebenso klar ist die Rechtslage z.B. in den USA: Stimmt ein Opfer der Vergewaltigung nur aus Angst zu, kann der Täter sich anschliessend nicht darauf berufen, berechtigterweise geglaubt zu haben, dass das Opfer zustimmt. (so z.B.
Commonwealth v. Williams, 439 A.2d 765, Superior Court of Pennsylvania, 1982).
Wenn wie in diesen Fällen aufgezeigt, selbst eine mündliche Zusicherung des Opfers, einverstanden zu sein und vom Opfer ausgehende sexuelle Handlungen -die eben aus Angst erfolgten- richtigerweise keinen Tatbestandsirrtum erlauben, dann ist m.E. die hier vorliegende Situation eines bewusstlosen Opfers und lediglich Zusicherungen des Einverständnisses durch den Ehemann erst recht nicht ausreichend.