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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

1.032 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Frankreich, Ehemann, Avignon ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 01:18
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Ein guter Rechtsanwalt/Rechtsanwältin ist in der Lage, eine gute und zielführende Verteidigung durchzuführen, ohne das Opfer zu demütigen und erniedrigen.
Genau so ist es! Danke.
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Genau die Öffentlichkeit bekommt mit, wie dort verhandelt wird. Und es gibt einen öffentliches Echo auch zum Verteidigungsstil. Das finde ich absolut wichtig.
Ja, das ist wichtig. Natürlich sprengt so ein Prozess mit über 50 Angeklagten den Rahmen des Normalen. Aber ich sehe bisher nicht, dass er aus "dem Ruder läuft." Die Öffentlichkeit bekommt auch genug mit. Bestimmte Dinge nicht allen zugänglich zu machen und damit Voyeure zu füttern, wie zum Beispiel die Tatvideos, halte ich für eine ganz korrekte Entscheidung des Vorsitzenden. Die, welche am Ende entscheiden, die Richter, kennen die Videos. Die Meute der Voyeure, die nach so etwas lechzen, braucht nicht gefüttert zu werden.
Zitat von MisetraMisetra schrieb:Hätte man das Verfahren nicht aufsplitten können in mehrere Verfahren, mit jeweils weniger Angeklagten?
Theoretisch schon, aber der Aufwand wäre ungemein: vor allem für das Opfer, denn sie hätte dann in jedem einzelnen Prozess erneut aussagen müssen und alles wäre immer wieder von vorn debattiert... da ist es schon besser so, wie es jetzt ist


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 08:05
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb am 05.09.2024:Der Prozess sollte eigentlich nach der Kammer, der Staatsanwaltschaft und einigen Verteidigern unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Dagegen legten auf Wunsch von Gisele P. ihre Anwälte Einschspruch ein und das Gericht hat dem am Dienstag stattgegeben. Sie möchte dass diese Männer in die Öffentlichkeit kommen. Die Videos werden gezeigt werde. Und wenn diese Frau das ertragen konnte, dann sollen es auch die Männer in der Öffentlichkeit ertragen. Wörtlich sagte sie " Damit die Schande die Seiten wechselt".
Mit ihrem Ausspruch - so einfach, so einleuchtend - zitiert Gisèle eine Kampagne aus dem Jahr 2010:
Trois associations, Le Collectif Féministe Contre le Viol, Mix-Cité et Osez le féminisme !, engagent, en novembre 2010, la campagne La honte doit changer de camp ! .
Eigene Übersetzung:
Drei Gruppierungen, Das feministische Kollektiv gegen die Vergewaltigung, Mix-Cité und Feminismus wagen! , veranlassen im November 2010 die Kampagne "Die Schande muss die Seiten wechseln!"

Quelle: Wikipedia: Viol en France


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 08:47
Vielen Dank @jeandArc für die Skizzierung der diese Woche zu erwartenden Mit-Angeklagten.

Nur den unten stehenden Satz verstehe ich nicht, zumal die Quelle nicht BFMTV ist, sondern francebleu. Positioniert sich BFMTV tatsächlich pro Täter? Das wäre wichtig zu wissen, denn in vielen Threads/Fällen aus Frankreich ist BFMTV eine zuverlässige, entgeldfreie Quelle.
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:Diese Woche wird der Prozess mit dem Hintergrund "wenn Täter zu Opfern werden" weitergeführt von Bfmtv.

https://www.francebleu.fr/infos/faits-divers-justice/proces-des-viols-de-mazan-qui-sont-les-six-accuses-juges-cette-semaine-4790919



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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 10:46
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Ein guter Rechtsanwalt/Rechtsanwältin ist in der Lage, eine gute und zielführende Verteidigung durchzuführen, ohne das Opfer zu demütigen und erniedrigen.
Aber hier werden von denen Anwält:innen teilweise Grenzen des Anstands so tief verletzt, dass es widerwärtig ist.
Und ich behaupte, es gibt zu viele von denen, die diese Grenzen überschreiten! Ein Strafverteidiger sollte über ein gutes Maß an Empathie verfügen. Bei manchen ist das abhanden gekommen.

So etwas ist beispielsweise etwas, was mich fassungslos zurückläßt:
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:Dann gibt es auch noch die Verteidigerin von 2 Angeklagten, die jeden Tag auf ihrem Facebook-Account den Prozess kommentiert und bewertet. Sie zeigt ein Musikvideo bei dem sie lauthals mitsingt: Weck mich auf, wenn du gehst. Hatte natürlich nichts mit dem Fall zu tun- ironie off. Sie wird auf ihrem Account sehr stark dafür angegriffen. Und sie beschwert sich auch darüber.
Das ist ja schon fast eine Straftat an sich!

Und genau das meine ich mit "aushalten" Es ist einfach teils widerlich und hat mit Verteidigung nichts mehr zu tun. Im Falle dieser "Dame" würde ich mich wirklich fragen, ob da nicht was ganz falsch läuft bei ihr oder sie sonstige privaten Probleme hat. Zu einer normalen und sachlichen Verteidigung ist sie nicht in der Lage.
Sie sollte vom Prozess abgezogen werden. Ich hatte auch mal gehört, dass man nicht 2 Angeklagte "Doppelverteidigung" in der selben Sache gleichzeitig verteidigen darf.....wäre ein Grund, dem ein Ende zu setzen. Das gilt zumindest für Deutschland so.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 11:38
Zitat von CharliesEngelCharliesEngel schrieb:Positioniert sich BFMTV tatsächlich pro Täter? Das wäre wichtig zu wissen, denn in vielen Threads/Fällen aus Frankreich ist BFMTV eine zuverlässige, entgeldfreie Quelle
Nein auf keinen Fall. Ich bezog mich auf diesen Artikel von Bfm, der am Montag erschienen ist. In diesem Artikel geht es darum, dass die 6 Frauen oder teilweise Ex-Frauen der Angeklagten an diesem Tag aussagten, um ihre angeklagten Männer zu unterstützen.

Eigentlich wollte ich gestern über diesen Artikel berichten. Durch die ganzen Nebenkriegsschauplätze ist er untergegangen.
Neben Dominique Pelicot stehen 50 Männer wegen der Vergewaltigung seiner Ex-Frau Gisèle vor Gericht. Gewöhnliche Männer, Familienväter, sozial integriert. Trotz der Tatsachen, derer sie beschuldigt werden, haben ihre Frauen beschlossen, sie zu unterstützen.
Seit drei Wochen steht der Familienvater vor diesem Gericht: Er ist einer von 50 Männern, die neben Dominique Pelicot vor Gericht stehen und beschuldigt werden, die Ex-Frau des Siebzigjährigen vergewaltigt zu haben. Wie andere Verwandte glauben Mutter und Tochter, dass er von Gisèle Pelicots Ehemann "manipuliert" wurde - dass er nicht wusste, dass das Opfer unter dem Einfluss von Medikamenten stand.
Cyril D. gab bei seiner Aussage den Ermittlern und heute vor Gericht an:
Cyril D., 54, ging am 2. September 2019 zum Haus der Pelicots in Mazan, um eine Beziehung mit "einem einvernehmlichen Paar" zu führen, wie er den Ermittlern mitteilte
In der Zwischenzeit wurde ihr Begleiter von Dominique Pelicot gefilmt, wie er Gisèle Pelicot Penetrationen und Fellatio aufzwang, betäubt und schlafend, fast erstickend - ohne ihr Wissen, sagt er.
Gegenüber den Polizisten, die ihn am 9. Februar 2021 verhafteten, sagte er, er habe ein Problem erkannt, aber nicht aufgehört.
Vor dem Strafgericht von Vaucluse bestritt er an diesem Freitag, dem 20. September, erneut die Absicht der Vergewaltigung.
Ich schließe mich da gerne der Aussage von Gisele P. an, sind diese Männer degeneriert?
Valérie und ihre Tochter sind nicht die einzigen, die gekommen sind, um ihren geliebten Menschen zu unterstützen, der seit dem 2. September vor Gericht steht. Vor dem Gerichtssaal sagte auch eine Frau, sie glaube an die Unschuld ihres Mannes. "Egal, wie das Urteil ausfällt, er ist unser Vater, wir brauchen ihn", flüsterte auch der Sohn eines anderen Angeklagten im Zeugenstand.
Me Crépin-Dehaene verteidigt zwei Angeklagte, die vor der Tat verheiratet waren und die sie als "untreue Opfer" bezeichnet. "Frauen, Söhne, Töchter sind für nichts verantwortlich. Sie leiden auch", sagte sie.
Es steht außer Frage, dass auch die Frauen und ihre Kinder Opfer dieses Geschehens sind. Aber die Täter als "untreue Opfer" zu bezeichnen, finde ich ungeheuerlich.
Für die Psychiaterin Christine Barois, Spezialistin für Stress, Angstzustände und Depressionen, kann die Reaktion dieser Frauen durch "mehrere Mechanismen erklärt werden, die in Gang gesetzt werden". "Mechanismen, die nach (ihrer) Erfahrung der Reaktion von Müttern ähneln, die Zeuginnen von Inzest werden."
"Es gibt Verleugnung, weil man das Undenkbare denken muss, man muss an die emotionale, aber auch finanzielle Abhängigkeit (von ihrem Ehemann) denken", sagte sie. "Es gibt ein Arrangement mit der monströsen Realität, das an Ort und Stelle gebracht werden muss."
Der Spezialist erinnert daran, dass es "eine Existenz ist, die für diese Frauen zusammenbricht". "Es gibt auch eine kognitive Dissonanz, die sich manifestieren kann, um etwas Akzeptables mit etwas Inakzeptablem nebeneinander existieren zu lassen
https://www.bfmtv.com/police-justice/ce-n-est-pas-un-violeur-au-proces-pelicot-ces-femmes-viennent-soutenir-leur-mari-accuse_GN-202409230148.html


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25.09.2024 um 11:46
Zitat von MalliMalli schrieb:Ich hatte auch mal gehört, dass man nicht 2 Angeklagte "Doppelverteidigung" in der selben Sache gleichzeitig verteidigen darf.....wäre ein Grund, dem ein Ende zu setzen
Es gibt auch einen RAe der 6 Angeklagte vertritt. Anscheinend ist das in Frankreich kein Problem. Ansonsten schließe ich mich deinen Ansagen absolut an.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 16:23
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Aber hier werden von denen Anwält:innen teilweise Grenzen des Anstands so tief verletzt, dass es widerwärtig ist.
Das wird nicht nur hier im Thread so gesehen. Zwar mit vorsichtigeren Worten aber immer mit dem Bezug auf die Würde des Amtes.
Als ob der Prozess um die Mazan-Vergewaltigungen nicht schon heikel und schmerzhaft genug wäre, gibt es hier einen Fall im Fall, den der Kommunikation bestimmter Verteidiger, vor allem in den sozialen Netzwerken. Seit Montag häufen sich die offiziellen Erklärungen, um alle an ihre Pflichten zu erinnern.
hr Name ist Nadia El Bouroumi, sie ist Mitglied der Anwaltskammer von Avignon und seit einigen Tagen in den Nachrichten. Motiv? In den sozialen Netzwerken veröffentlichte Videos, in denen der Anwalt eines der Angeklagten im Mazan-Prozess – in dem 51 Männer, die beschuldigt werden, Gisèle Pélicot auf Betreiben ihres Ehemanns chemisch vergewaltigt zu haben, vor Gericht gestellt werden – die Tage der Anhörungen kommentiert. In der Region ist sie seit langem für ihre Influencer-Kommunikation bekannt, die mit den Grenzen der Ethik und den Verpflichtungen kokettiert,
die mit dem Eid verbunden sind: "Ich schwöre, als Anwältin, meine Pflichten mit Würde, Gewissen, Unabhängigkeit, Redlichkeit und Menschlichkeit zu erfüllen". In einem filmt sie sich selbst in ihrem Auto zur Melodie von "Wake me up before you go-go", einem Hit der Band Wham aus dem Jahr 1984, dessen Titel "Wake me up before leaving" bedeutet. Im schlimmsten Fall ein sehr finsterer Witz, im besten Fall eine schreckliche Tollpatschigkeit, wenn das Opfer Dutzende Male im Schlaf vergewaltigt wurde. Sie bestreitet jede Anspielung darauf, da sie ihrer Meinung nach ihre Kritiker nur zum Aufwachen einladen wollte.
Empörung in den Reihen der Juristen
In den Reihen der Anwaltschaft ist die Empörung weit verbreitet. Diese Mitteilung ohne Grenzen birgt nicht nur die Gefahr, die Gemeinschaft der schwarzen Roben zu beschmutzen, sondern trägt auch nicht zur Gelassenheit der Debatten in diesem hochradioaktiven Prozess bei, in dem die Schwere der Fakten die öffentliche Meinung erschüttert
Es geht auch nicht in die Richtung, die oft angespannten Beziehungen zwischen Anwälten und Staatsanwälten zu verbessern.
Andere argumentieren, dass die Meinungsfreiheit des Anwalts absolut ist. Sie sind jedoch nicht in der Mehrheit, ganz im Gegenteil.
Während sich die Kritik auf ihre realen oder vermeintlichen Auswüchse konzentriert, ist sie nicht die Einzige, auf deren Verhalten hingewiesen wird. Die Verteidigung, die die schwierige Aufgabe hat, an die Unschuldsvermutung und die Notwendigkeit zu erinnern, die Tatbestandsmerkmale der Straftat nachzuweisen, wird oft kritisiert, manchmal wegen eines Missverständnisses, manchmal wegen ihrer Ausmaße. Der Präsident des Strafgerichts steht bei der Durchführung seiner Anhörung unter enormem Druck, die Justiz wird beschuldigt, das Opfer unerträglichen Verhören zu unterziehen, die den Eindruck erwecken, sie sei die Täterin
Stellungsnahme des Generalstaatsanwaltes des Berufungsgerichts von Nimes
In diesem sehr brisanten Kontext haben die Vorsitzenden der Gerichte es für angebracht gehalten, darauf zu reagieren. Am 23. September veröffentlichte der Generalstaatsanwalt des Berufungsgerichts von Nîmes auf seinem Twitter-Account eine Erklärung, die sich nicht gegen irgend jemanden richtet, sondern an die Grundsätze erinnert: Unschuldsvermutung, kontradiktorisches Verfahren, Notwendigkeit eines Klimas, das der Offenbarung der Wahrheit förderlich ist, und Achtung der Rechte der Parteien."

Stelungnahme des Präsidenten der Anwaltskammer
Der Präsident der Rechtsanwaltskammer von Avignon, Philippe Cano, reagierte seinerseits auf eine mehrfach öffentliche Befragung und veröffentlichte am Montag eine Pressemitteilung, in der er an das Prinzip der Meinungsfreiheit des Rechtsanwalts innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals erinnerte und dann aber sofort klarstellte, dass "die ethischen Regeln die Würde des Berufsstandes und das Vertrauen der Prozesspartei zu wahren sind". Wenn er nicht über den Fall des Anwalts entscheide, dann deshalb, weil die Disziplinargewalt in der Zuständigkeit des regionalen Disziplinarrats von Nîmes liege.
Was schließlich den Pélicot-Prozess betrifft, so betonte der Präsident der Anwaltskammer die Notwendigkeit der "Gelassenheit der Debatten, der Anständigkeit der Worte und des Verhaltens jedes Einzelnen während und nach der Anhörung".
Ein Jurist kommentiere es so,
Für diejenigen, die eine sofortige Reaktion erwarten würden, wird dies sicherlich nicht der Fall sein. "Wenn ein oder mehrere Verteidiger mitten in einem Prozess mit einer Disziplinarmaßnahme konfrontiert würden, würde dies alles zunichte machen und die Aussetzung des Verfahrens erzwingen, mit den Auswirkungen, die man sich in einem so heiklen Fall vorstellt", kommentiert ein Jurist. Wenn es ein Verfahren gibt, wird es danach sein, und die Öffentlichkeit wird darüber informiert werden, da es öffentlich ist, im Gegensatz zu dem, was oft geglaubt wird. Sodann geht es darum, Inhalt und Form der beanstandeten Kommunikation im Licht der wesentlichen Berufsgrundsätze unter Berücksichtigung der freien Verteidigungsausübung zu beurteilen. Und seine Grenzen...
Und zum Schluß die französische Vereinigung der Anwältinnen
"Wir können nicht alles sagen, uns wird an der Fakultät und dann an der juristischen Fakultät beigebracht, uns zu benehmen, unseren Eid zu halten und für den sozialen Frieden zu arbeiten", erklärt die Präsidentin Marie L'Hermite, Anwältin an der Pariser Anwaltskammer.
Über unseren Eid hinaus wird uns auch Mäßigung gelehrt, wir wissen, was Rechtsmissbrauch ist. Das Recht des Anwalts auf freie Meinungsäußerung ist natürlich absolut, aber im Gerichtssaal; Es steht uns nicht zu, darüber zu urteilen. Das ist auch unsere Pflicht der Menschlichkeit." All diese Werte werden in den Augen des Verbandes durch die Veröffentlichungen des Anwalts auf Tik Tok in Frage gestellt.
Aber es ist auch ein Problem im Hinblick auf die Verteidigung der Frauen. "Dieser Prozess ist sehr wichtig im Kampf gegen Sexismus und Patriarchat. Wir konnten zum Beispiel lesen, dass es seine Frau war und er daher mit ihr machen konnte, was er wollte. Das können wir nicht mehr hören. Wir haben eine kollektive Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieser Prozess unter guten Bedingungen stattfindet und dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird", warnt der Anwalt."
Mehrere Persönlichkeiten des Berufsstandes schließen sich diesen Appellen an die Vernunft an, darunter zum Beispiel der von Christophe Bigot, einem Anwalt der Pariser Anwaltskammer, der auf Linkedin eine Nachricht veröffentlichte, in der er sich besorgt zeigt: "Die düstersten Argumente folgen Tag für Tag bis zum Überdruss, in einer Art Übertrumpfung der Verteidigung, was sich am Ende auf den gesamten Berufsstand auswirkt."
Dies ist umso bemerkenswerter, als der Fachanwalt für Presserecht ein glühender Verfechter der Meinungsfreiheit ist.
Anscheinend wird an der Pariser Anwaltskammer doch noch mehr Wert auf die Ethik und die Würde des Berufsstandes gelegt.

https://www.actu-juridique.fr/justice/proces-des-viols-de-mazan-des-voix-selevent-de-toute-part-pour-appeler-a-la-retenue-et-a-la-dignite/


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 17:02
Ich verstehe sogar das Argument der Anwälte. Offenbar hat D. ja den Mittätern Nackt-Fotos von G. zugespielt. Jetzt sagen die Anwälte, dass ihre Mandanten aus diesen Fotos geschlossen haben, dass die Frau freizügig sei, ein eher ausschweifendes Sexualleben habe und dass sie deshalb davon ausgegangen seien, dass das Ganze auf Freiwilligkeit auch von Seiten von G. beruht. Sie konnten nicht unbedingt wissen, dass G. den Fotos bzw. deren Verbreitung an Fremde niemals zugestimmt hat und auch nicht hätte, wenn sie denn gefragt worden wäre.

Ob D. die Fotos wirklich deswegen verteilt hat, also um so einen Eindruck zu erwecken, oder ob das Teil seiner voyeuristischen und despotischen Obsession war, ist dann die nächste Frage. Ich kann mir tatsächlich vorstellen, dass das Teil seines Besitzdenkens gegenüber seiner Frau war und es ihn aufgegeilt hat, zu wissen, dass fremde Männer sie in solchen Situationen, wie auf dem Foto begaffen können.

In diesen Versionen ist aber eindeutig klar, dass hier vor allem G. das Opfer ist. Um die Verteidigungskarte "Mein Mandant ist selbst Opfer: er hat in gutem Glauben gehandelt, weil D. ihm Nackt-Fotos von G. als Beleg dafür gezeigt hat, dass diese so etwas freiwillig macht. Er ist D. auf den Leim gegangen und konnte deshalb nicht wissen, dass es sich um eine Vergewaligung handelt." ist es ja aber völlig unnötig, G. mit solchem Dreck zu bewerfen und es so darzustellen, als sei sie eine promiske, freizügige Frau, die das freiwillig gemacht hat.
Es kommt doch nur darauf an, darzulegen, dass der Mandant einen Grund und Anhaltspunkte hatte das anzunehmen und nicht darauf, ob G. wirklich so gelebt hat.

Ich verstehe auch gar nicht, was sie damit erreichen wollen?! Wenn sie nur ein bisschen Erfahrung in Prozessen, müssen sie sich doch wissen, dass ein Richter das Vergehen einer Vergewaltigung einer offentsichtlich bewusstlosen nicht als weniger schwerwiegend oder gar als lässlich einstuft, nur weil die Frau zugelassen hat, dass ihr Ehemann sie nackt am Pool fotografiert oder weil die eine Affäre hatte. Und wenn sie nur ein bisschen ein Gefühl für Öffentlichkeit haben, können sie doch nicht wirklich denken, dass das Image ihres Mandant dadurch nur ein Fünkchen besser werden könnte, in dem sie herauskehren, was für eine widerwertige maskulinistische Sichtweise er und sein Anwalt auf Frauen haben.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 19:12
Es scheint sich cht nicht viel geändert zu haben, seit den 60er Jahren. Immer noch wird der Frau die Beislast auferlegt und der Mann als gutgläubiges Opfer dargestellt.
Das ist doch beschämend und da wundert man sich , warum Frauen solche Delikte nicht anzeigen?
für meine Begriffe wird die arme Frau wieder vergewaltigt , in der Öffentlichkeit und von den Anwälten und ist damit schutzloses Opfer.
Man sollte sich mal überlegen warum die Männer, kein Parfum , oder nicht rauchen sollten, leise sein, sich die Hände aufwärmen mussten, manchmal stunden warten mussten , bis die Tabletten Wirkung zeigen und all die anderen Ungeheuerlichkeiten,wenn Gisele das wollte und ihr Wunsch war.
Ein paar Männer sagen ja selbst das sie mittendrin merkten das was nicht stime und trotzdem weiter machten. Also was soll das alles ? Die Frau jetzt noch mit Schmutz zu beschmeissen?Und dann auch noch von einer Anwältin , das ist ungeheuerlich.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

25.09.2024 um 23:52
Der Vorsitzende hatte endlich ein Einsehen mit den Angeklagten. Seit Dienstag werden die Angeklagten bis zu ihrer eigenen Aussage vom Gericht entschuldigt und müssen erst wieder in der Woche erscheinen, in der sie aussagen müssen. Jetzt ist es leerer geworden im Gerichtssaal.

Es ist die Woche der 6 Angeklagten
"Wir kommen immer wieder auf die Frage der Zustimmung zurück", seufzt der Präsident des Strafgerichts von Vaucluse. Für die beiden Angeklagten, die am Mittwoch verhört wurden, erweist sich das Geständnis, Gisèle Pelicot tatsächlich vergewaltigt zu haben, als mühsam.
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:7. Mitangeklagter
Husamettin D., 43 Jahre alt, Swinger
In Gesprächen mit Dominique Pelicot tritt Husamettin D. unter dem Pseudonym "Karim 38 Jahre alt" in Erscheinung. Der heute 43-jährige Mann, der in der Türkei geboren wurde und in Valréas lebt, hat in seiner Karriere abwechselnd Phasen der Arbeitslosigkeit und befristete Einsätze hinter sich. Dann hörte er auf zu arbeiten, um sich um seinen einzigen behinderten Sohn zu kümmern.
Er ist Stammgast in Swingerclubs und erklärte den Ermittlern, dass ihm die Situation als sexuelles Spiel eines Paares präsentiert worden sei. Seine Frau, mit der er immer noch zusammenlebt, beschrieb im Zeugenstand einen "guten Ehemann, guten Vater". "Er war gefangen, verwirrt", sagt die Frau, die ihr gemeinsames Leben "nicht zerstören" will.
Husametti D. seinerseits versichert, dass Dominique Pelicot ihm gesagt habe, dass seine Frau damit einverstanden sei, dass er aber nach einer Stunde verstanden habe, dass der Gesundheitszustand von Gisèle Pelicot nicht normal sei.
Er erkennt die Fakten nicht an.
Heutige Aussage:
Husamettin D. sagt, er habe über den Nachrichtendienst der Website gefragt: "Wo ist deine Frau?" Sie ist neben mir", soll sein Gesprächspartner geantwortet haben. In der Folge erhielt er eine weitere Nachricht: "Ich bin tatsächlich seine Frau, ich bin damit einverstanden, dich zu empfangen".
Noch am selben Abend begab er sich zum Haus der Pelicots in Mazan (Vaucluse), wo Dominique Pelicot ihn in das Zimmer des Paares führte. "Ich habe das Vorspiel begonnen, ich habe gesehen, dass sie nicht reagiert hat. Ich sagte: 'Deine Frau ist tot.'
Die Fakten dauerten mindestens eine halbe Stunde, bis er das Schnarchen von Gisèle Pelicot deutlich hörte und beschloss, "abzubrechen". Aber er sagt: "Man hat mir gesagt, ich sei ein Vergewaltiger, das ist verrückt. Ich bin kein Vergewaltiger, es ist zu schwer für mich, um es zu ertragen. Es ist ihr Ehemann, ich hätte nie gedacht, dass dieser Typ seiner Frau so etwas antun könnte."
Ein Richter des Gerichts wies ihn darauf hin, dass ihm nach dem Strafgesetzbuch "die Definition von Vergewaltigung" gegeben worden sei, jede sexuelle Penetration oder oral-genitale Handlung, die "durch Gewalt, Nötigung, Drohung oder Überraschung" begangen werde.
"Jetzt erkenne ich, dass es sich um eine Vergewaltigung handelt", sagt er.
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:8. Mitangeklagter
Mathieu D., 53 Jahre, Vater von zwei Kindern
Mathieu D. wird auf den Videos, die auf der Festplatte von Dominique Pelicot gefunden wurden, als "Gaston" bezeichnet. Der im März 2021 verhaftete Vater aus Monteux kümmert sich seit dem Tod der Mutter um seine beiden Kinder.
Bei der Befragung durch die Polizei gab er zu, zum Haus der Pelicots in Mazan gegangen zu sein, und sagte, er sei überzeugt, dass es sich um ein inszeniertes Ereignis, ein Szenario gehandelt habe.
Er ist einer der 14 Angeklagten, die die schwere Vergewaltigung zugeben.
heutige Aussage:
Mathieu D., 53, räumt den Sachverhalt sofort ein und erklärt, Dominique Pelicot habe ihm gesagt, dass seine Frau "mit von ihm verabreichten Schlaftabletten eingeschläfert" werde, weil das Paar "sich dann die Videos gemeinsam anschauen würde". Während er sagt, er sei sich "in der Haft bewusst geworden", dass Gisèle Pelicot keine Zustimmung gegeben hatte, versichert Mathieu D., dass auch er während der Tat nicht das Gefühl hatte, "eine Vergewaltigung zu begehen"
"Das ist das Problem mit einer Anerkennung, die keine Anerkennung ist", kommentierte Stéphane Babonneau, der Anwalt von Gisèle Pelicot.
https://www.sudouest.fr/societe/violences-faites-aux-femmes/viols-de-mazan-on-me-dit-que-je-suis-un-violeur-c-est-trop-lourd-a-porter-la-difficile-prise-de-conscience-des-accuses-21521769.php
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:6. Mitangeklagter
Hugues M., 39 Jahre, der Motorradfahrer

"Motard" ist das Pseudonym, unter dem sich Hugues M. in Gesprächen mit Dominique Pelicot versteckt. Nach seiner Festnahme im September 2021 sagte seine Partnerin den Ermittlern, dass er "auf sexueller Ebene sehr anspruchsvoll" gewesen sei, aber dass er ihr gegenüber immer "respektvoll" gewesen sei. Hugues M. seinerseits erklärt, dass er seit einem schweren Motorradunfall im Jahr 2012 durch seine sexuellen Erfahrungen nach Adrenalin sucht.
Als er zum Haus der Pelicots in Mazan geht, glaubt er, an einer freizügigen Dreierbeziehung teilzunehmen, an einem sexuellen Spiel.
Er gibt die Fakten nicht zu.
Seine damalige Lebenspartnerin glaubt nun, dass ihre Beziehung "auf Lügen aufgebaut" war.Sie sei jetzt überzeugt, dass auch sie unter Drogen gesetzt worden sei. "Ichweiß immer noch nicht, ob ich vergewaltigt wurde, aber es ist schrecklich, es nicht zu wissen und im Zweifel zu bleiben", sagte sie unter Tränen im Zeugenstand.
Aussage von 24.09.24
Beobachtet von unseren Kollegen im Le Parisien, schien sich der "Biker" an diesem Dienstag bei seiner Anhörung recht wohl zu fühlen und zeigte sogar ein Lächeln.
Er steht "nur wegen versuchter schwerer Vergewaltigung" vor Gericht. Ich habe nichts falsches getan, beauptet er.
Der Angeklagte soll das Haus der Pelicots nach "drei oder vier Minuten" verlassen haben. "Ich habe die richtige Entscheidung getroffen", sagte er damals. Aber im Gegensatz zu dem, was man denken könnte, verließ Hugues M. nicht aus gutem Gewissen, sondern wegen mangelnder Erektion das Haus.
Der Angeklagte verteidigte sich dann damit, dass er "zu diesem Zeitpunkt" nicht "erraten" konnte, dass Gisèle Pelicot bewusstlos war. "Ich weiß nicht, wie sie normalerweise schläft", fügte er hinzu.
Die Anwälte von Gisele P. möchten eine Videoprojektion, die sehr wahrscheinlich morgen stattfindet.
Dominique Pelicot, der seinerseits befragt wurde, sagte, dass der Angeklagte "von Anfang an Bescheid wusste".
https://www.lindependant.fr/2024/09/25/proces-des-viols-de-mazan-jai-pris-la-bonne-decision-un-accuse-quitte-le-domicile-faute-derection-et-estime-netre-quun-simple-temoin-12220043.php


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 03:15
Zitat von MalliMalli schrieb:Ich hatte auch mal gehört, dass man nicht 2 Angeklagte "Doppelverteidigung" in der selben Sache gleichzeitig verteidigen darf.....wäre ein Grund, dem ein Ende zu setzen. Das gilt zumindest für Deutschland so
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:Es gibt auch einen RAe der 6 Angeklagte vertritt. Anscheinend ist das in Frankreich kein Problem. Ansonsten schließe ich mich deinen Ansagen absolut an.
Es ist sehr unüblich, wenn auch nicht unbedingt verboten. Ein Verteidiger darf nicht durch andere Mandate in einen Interessenkonflikt kommen, was in der Praxis dazu führt, dass Verteidiger normalerweise ablehnen, mehr als einen Mandanten in einem Verfahren zu verteidigen. Der Grund ist recht einfach:

Nehmen wir mal an Toni und Theo haben eine Straftat begangen und sind beide gleichzeitig angeklagt und vor Gericht. Wenn Dr. Umsichtig nun das Mandat beider annehmen würde, ist einem Konflikt Tor und Tür geöffnet: Toni sagt: "Der Theo hat alles geplant, er hat den Tatort ausgetüftelt, er hat die Waffen besorgt! Ich bin nur mit ihm im Auto gesessen an dem Tag und wusste gar nicht, dass er eine Bank überfallen will." Theo dagegen sagt: "So ein Quatsch, Toni hat so extreme Spielschulden, er hat mich seit Wochen gedrängt, eine Bank zu überfallen. Er hat mir gar keine Wahl gelassen!" Offensichtlich kann Dr. Umsichtig nicht vor Gericht die Geschichte des Toni erzählen, ohne Theo schwer zu belasten und umgekehrt. In so einer Situation darf er nicht beide vertreten. Und da man nie weiss, was sich im Laufe eines Mandats so ergibt, geht der vernünftige Verteidiger dieses Risiko gar nicht erst ein und weigert sich zwei Mandanten gleichzeitig zu vertreten.

Es gibt denkbare Situationen, in welchen es aber erlaubt wäre, z.B.: Toni und Theo geben beide die Tat zu, ohne den anderen irgendwie zu belasten. Es geht ihnen nur darum, dass sie juristisch vertreten werden und vielleicht vor dem strengen Vorsitzenden etwas Gnade zu erwirken, indem ihr Verteidiger bei beiden darlegt, welch schwere Lebensgeschichte sie hatten usw. Das könnte ein Verteidiger für beide tun. Aber, wie gesagt, ich würde das nicht tun und habe es in meiner Karriere noch nie getan, wenn auch manchmal mich zwei Angeklagte um die Verteidigung gebeten haben. Ich sende immer einen der beiden zu einer Kollegin.
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:Anscheinend wird an der Pariser Anwaltskammer doch noch mehr Wert auf die Ethik und die Würde des Berufsstandes gelegt.
Ja, das will ich wohl hoffen. Da wo ich praktiziere wird sehr viel Wert auf ethisch anständiges Benehmen der Anwälte gelegt und ich würde niemals meine Lizenz durch so einen Unsinn riskieren. Ich bin sowieso etwas altmodisch und meine, dass ein Fall vor Gericht und nicht in den Medien verhandelt wird. Man wird von mir nie etwas zu einem laufenden Mandat in irgendwelchen Medien einschl. social media hören. Und ich muss auch sagen, die Kollegen und Kolleginnen, die ich kenne, sehen das genauso.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 03:33
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Es ist sehr unüblich, wenn auch nicht unbedingt verboten. Ein Verteidiger darf nicht durch andere Mandate in einen Interessenkonflikt kommen, was in der Praxis dazu führt, dass Verteidiger normalerweise ablehnen, mehr als einen Mandanten in einem Verfahren zu verteidigen. Der Grund ist recht einfach
Aber nicht in Deutschland, oder? Beziehungsweise nicht im selben Prozess? Ich dachte, das wäre ziemlich rigide in der StPO geregelt. Außer sukzessive und selbst da, kann das ja sofort so kippen, dass man einen Parteiverrat begehen müsste, wie du auch dargelegt hast.

Kann jetzt nicht direkt rauslesen, ob du nur von Frankreich sprichst oder welchen Ländern. Das verunsichert mich ein bisschen, ich hätte da sofort gesagt das geht nicht, wenn mich irgendjemand gefragt hätte.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Man wird von mir nie etwas zu einem laufenden Mandat in irgendwelchen Medien
Du würdest gar keine Auskunft oder Interviews geben?


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 03:43
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Aber nicht in Deutschland, oder? Beziehungsweise nicht im selben Prozess? Ich dachte, das wäre ziemlich rigide in der StPO geregelt.
Das ist korrekt. In Deutschland gibt es den § 146 StPO, welcher das Doppelmandat generell verbietet. Ausserdem gibt es die §§ 43aff der BRAO, die ein solches grundsätzlich bei Interessenkollision verbietet.

Dies ist der standesrechtliche Grundsatz, aus dem heraus auch § 146 StPO entwickelt wurde. Und dieser Grundsatz existiert, soweit ich den Überblick habe, in allen mir bekannten Rechtsordnungen.

Ich muss zugeben, ich weiss nicht, ob es in Frankreich ein so rigoroses Verbot wie in der deutschen StPO gibt, aber anscheinend ist das nicht der Fall. Ich bin mir aber sicher, dass auch in Frankreich eine Interessenkollision ein Doppelmandat verbietet. Ich habe nur nicht die Zeit, das jetzt genau zu eruieren.

Jedenfalls würde es mich wundern, wenn in Frankreich ein Doppelmandat recht unbekümmert eingegangen würde.

Und nein, ich würde keine Interviews geben.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 04:02
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und nein, ich würde keine Interviews geben.
Ok. War mir so nicht bewusst, dass sich dem viele verschließen. Habe das bei Strafverteidigern höchsten nur am Anfang eines Ermittlungsverfahrens gehört.

Aber kein Social Media ist schon mal gut. Also ich finde es schon ok, wenn ein Anwalt mit seiner Kanzlei einen Social-Media Auftritt hat und Pressartikel postet. Aber was diese El-Bourimi da treibt ist ja peinlich, selbst wenn das keine Anspielung war. Bei so Leuten wie Alexander Stevens und Astrid Wagner hat es ja irgendwie noch was exaltiertes, aber das ist ohne Worte.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 04:13
Ah, ich habe noch etwas zu Frankreich gefunden:
L'avocat ne peut être ni le conseil ni le représentant ou le défenseur de plus d'un client dans une
même affaire s'il y a conflit entre les intérêts de ses clients ou, sauf accord des parties, s'il existe
un risque sérieux d'un tel conflit.

Sauf accord écrit des parties, il s'abstient de s'occuper des affaires de tous les clients concernés
lorsque surgit un conflit d'intérêts, lorsque le secret professionnel risque d'être violé ou lorsque son
indépendance risque de ne plus être entière.
Il ne peut accepter l'affaire d'un nouveau client si le secret des informations données par un ancien
client risque d'être violé ou lorsque la connaissance par l'avocat des affaires de l'ancien client
favoriserait le nouveau client.
Lorsque des avocats sont membres d’une ou de plusieurs structures d'exercice ou de moyens, les
dispositions des alinéas qui précèdent sont applicables à cette(ces) structure(s) dans son(leur)
ensemble et à tous ses(leurs) membres. Elles s'appliquent également aux avocats qui exercent
leur profession en mettant en commun des moyens, dès lors qu'il existe un risque de violation du
secret professionnel.
Les mêmes règles s'appliquent entre l'avocat collaborateur, pour ses dossiers personnels, et
l'avocat ou la structure d'exercice avec lequel ou laquelle il collabore.
Quelle: décision à caractère normatif n°2019-002, AG du CNB du 15/05/2020 - Publié
au JO par Décision du 09/07/2020 – JO 30 août 2020

Der von mir fett markierte Absatz lautet: Ein Rechtsanwalt darf weder Berater, noch Vertreter noch Verteidiger von mehr als einem Mandanten in dem selben Verfahren sein, wenn es einen Interessenkonflikt zwischen seinen Mandanten gibt, ohne Zustimmung aller Mandanten, oder wenn ein ernsthaftes Risiko eines solchen Konflikts besteht.

Das entspricht z.B. genau der Regelung in amerikanischen Bundesstaaten und dem Sinn nach auch der Regel der deutschen BRAO.

Wie gesagt, ich würde immer ein Doppelmandat ablehnen, schon um gar nicht erst den Verdacht eines solchen Interessenkonflikts entstehen zu lassen.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Aber was diese El-Bourimi da treibt ist ja peinlich, selbst wenn das keine Anspielung war. Bei so Leuten wie Alexander Stevens und Astrid Wagner hat es ja irgendwie noch was exaltiertes, aber das ist ohne Worte.
Dem stimme ich zu.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 20:40
Heute stand der Mitangeklagte Nr. 9 im Mittelpunkt.
Ihn kann man sicherlich nicht wie die Anderen als normalen Mann aus der Mitte der Gesellschaft beschreiben. Hier lohnt sich ein näherer Blick
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:9. Mitangeklagter
Fabien S., 39 Jahre alt, mit sehr langem Vorstrafenregister
Als die Polizei 2021 zu ihm nach Hause ging, um ihn in Valréas zu verhaften, versteckte sich Fabien S. im Schlafzimmer einer schwangeren Tochter seiner Partnerin. Während seines Transports zur Polizeiwache versuchte er dann zu flüchten. Der Vater von drei Kindern ist arbeitslos und arbeitet in Integrationsprojekten.
Und er hat ein sehr umfangreiches Vorstrafenregister: 17 Erwähnungen für Taten, die zwischen 2016 und 2015 begangen wurden, darunter sexuelle Übergriffe auf einen Minderjährigen und mehrere Gewalttaten gegen einen Ehepartner.
Die Zahl 2016 ist wahrscheinlich ein Tippfehler und soll 2006 bedeuten.
Er erkennt die Fakten, aber nicht die Absicht an.
Aussage heute 26.09.24
"Die ersten sexuellen Übergriffe fanden im Alter von 2 bis 3 Jahren statt." In wenigen Worten versucht der Anwalt von Fabien S., 39, ein Leben voller Inzest, Gewalt und Leid zusammenzufassen. Der Mann, den sie im Vergewaltigungsprozess in Mazan vertritt, unterscheidet sich von ihren 50 Mitangeklagten: Die meisten haben eine saubere Akte oder nur wenige Erwähnungen für geringfügige oder Vergehen. Er hat 18 Erwähnungen, darunter 16 Verurteilungen.
"Raubüberfälle mit Gewalt, verbotenes Tragen von Waffen als Rückfall, Besitz und Transport von Betäubungsmitteln, Raubüberfälle mit Gewalt, Diebstahl in einer Gruppe, böswillige Telefonanrufe, Gewalt gegen Ehepartner...", zählt Roger Arata, der Präsident des Strafgerichts von Vaucluse,
Fabien S. scheint daran gewöhnt zu sein. In wenigen Sätzen fegt er Jahre der Hölle weg. "Ich wurde vom Alter von 3 bis zu meinem 18. Lebensjahr in Pflegefamilien geschickt. In der ersten Familie wurde ich oft mit einem Martinet oder einem Stock bestraft. Ich wurde stundenlang auf die Knie gezwungen", sagt er, die Hände hinter dem Rücken verschränkt
"Danach ging ich zurück in ein Heim, dann zurück in eine Pflegefamilie. Ich bin missbraucht worden. Eines Tages wurde ich verrückt und ging in die Psychiatrie. Ich war 16 Jahre alt", so Fabien S. weiter. Er verbrachte "zwischen einem Jahr und anderthalb Jahren in der Internierung", sagte der am Mittwoch vernommene Fachpsychiater, der der Ansicht war, dass er alle Anzeichen einer Borderline-Persönlichkeit aufweist. "Das bedeutet, dass er mit großer emotionaler Instabilität umgehen muss", sagte der Arzt.
Im Alter von 27 Jahren lernte er seine erste Freundin kennen und verließ die Straße (er war 7 Jahre Obdachlos). Sie haben ein kleines Mädchen zusammen, "an dessen Geburtsdatum er sich nicht erinnert", bemerkte der Psychiater, der bei ihm "eine große Impulsivität" feststellte. Fabien S. erzählt unverblümt, dass er sie "geohrfeigt" und die Ex-Partnerin in einen Graben gestoßen hat, mit der Begründung, dass sie ihn nicht zu der gemeinsamen Tochter ließ. "Ich bin dafür ins Gefängnis gegangen." Das Kind ist jetzt 10 Jahre alt er und er sieht es nicht mehr. Er hatte noch drei weitere Kinder, scheint aber im Gefängnis fast keinen Kontakt zu ihnen zu haben.
Deine Schwester wurde von deinem Bruder vergewaltigt?", fragt sie ihn erneut. "Ja", antwortet er. "Sie war auch im Gefängnis?" "Ja, weil ihr Mann ihre Kinder misshandelte und sie ihn nicht denunzierte", sagte der Angeklagte lakonisch.
Der Präsident fragte ihn, warum er nicht aufgehört habe, als er den leblosen Körper des Opfers gesehen habe. "Ich war zu sehr in der Stimmung, um das zu bemerken", rechtfertigt sich der Mann, der nach eigenen Angaben mehrere Joints am Tag raucht und an diesem Abend betrunken war. Aufnahmen, in denen die Frau schläft, interessieren mich überhaupt nicht, ich mag es, die Frau schreien zu hören", sagt er. Aber man macht weiter...", sagt ein Gutachter. "In der Aufregung der Sache, ja", entgegnet der Angeklagte, der die Siebzigjährige, die auf dem Esszimmertisch lag, von ihrem Mann, der sie zuvor mit Anxiolytika betäubt hatte, zu einer Fellatio zwang.
Eigentlich ein bedauernswerter Mensch. Aber ich sehe hier auch einen sehr sehr gefährlichen Menschen. Er wird m.M. nach zu denen zählen, die zu 20 Jahren verurteilt werden.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

26.09.2024 um 22:59
Quelle zu Beitrag um 20.40 Uhr
https://www.francetvinfo.fr/faits-divers/affaire-des-viols-de-mazan/je-n-aime-pas-les-gens-au-proces-des-viols-de-mazan-fabien-s-raconte-une-vie-marquee-par-les-violences-sexuelles_6803149.html
Zitat von GrillageGrillage schrieb:Ich verstehe auch gar nicht, was sie damit erreichen wollen?! Wenn sie nur ein bisschen Erfahrung in Prozessen, müssen sie sich doch wissen, dass ein Richter das Vergehen einer Vergewaltigung einer offentsichtlich bewusstlosen nicht als weniger schwerwiegend oder gar als lässlich einstuft, nur weil die Frau zugelassen hat, dass ihr Ehemann sie nackt am Pool fotografiert oder weil die eine Affäre hatte
Ich weiß was du meinst. Aber ich meine, es geht nicht nur um die Bewertung der Bilder, sondern die Vergewaltigung wird ja von sehr vielen schon zugegeben(sie geben den Fakt zu). Der Fakt, größtenteils durch die Videos bewiesen. Aber die freiwillige Absicht fehlt noch.
Durch die Bilder (soweit sie den Angeklagten zugänglich waren) aber vor allem durch die Kommunikaton von Dominique P. mit seinen "Kollegen" kann die Absicht in Frage gestellt werden. Das ist das Ziel der Verteidigung. Sie bezeichnen sich selber als Opfer dieses Albtraumes. Und das zu wiederlegen, das ist die Aufgabe dieses Gerichtes. Wem glaubt man mehr, dominique P. oder seinen Mittätern oder können die Aufzeichnungen der Verabredungen und Videos die freiwillige Absicht beweisen. So sehe ich es mal als Laie.


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

27.09.2024 um 00:48
@Rick_Blaine
@fassbinder1925
Vielen lieben Dank für eure Beiträge und Einschätzung. Also tatsächlich ist es so, dass ca. 30 Anwälte die 51 Angeklagten vertreten.
Bekannt ist die Anwältin von Dominique P. Me B. Zavarro
Me I. Crépin-Dehaene vertritt 2 Angeklagte
Me N. El Bouroumi vertritt 2 Angeklagte
Me G.de Palma vertritt 6 Angeklagte

Ich habe hier einen sehr interessanten Bericht gefunden, der die Sicht einiger Anwälte auf den Fall aber auch die Problematik der Außenwirkung sehr gut aufzeigt.
Aufgrund der Hunderte von Fotos und Videos, die Dominique Pelicot aufbewahrt hat, können die Angeklagten die sexuellen Beziehungen mit dem Opfer nicht leugnen. Unfähig, die Wesentlichkeit der Tatsachen zu bestreiten, stützen die meisten von ihnen ihre Verteidigung auf den Mangel an Absicht ihrer Tat: Sie beteuern, dass sie sich der Vergewaltigung nicht bewusst waren, und sagen, sie hätten an ein von dem Paar gewolltes freizügiges Spiel geglaubt, bei dem Gisèle Pelicot so getan hätte, als würde sie schlafen. "Ich verstehe, dass es etwas Besonderes ist, aber man kann es mit einer schüchternen Person zu tun haben", sagte Jacques C., 72, während seiner Vernehmung.
Wenige Minuten später wurde dieser Rechtfertigungsversuch durch die Ausstrahlung der Videos über ihn in einem lahmgelegten Gerichtssaal zunichte gemacht. Das Opfer, sichtlich regungslos, schnarcht laut. Louis-Alain Lemaire, der Anwalt von Jacques C., wurde nach der Ausstrahlung dieser erbärmlichen Szenen wütend und prangerte deren "sensationellen" Aspekt an. Zweifellos im Bewusstsein ihrer katastrophalen Auswirkungen auf seine Verteidigung.
Die Aussagen der Angeklagten häufen sich und ähneln einander, wie Ermittler Stéphan Gal im Zeugenstand erzählte. Fast alle von ihnen kamen nachts, entkleidet im Wohnzimmer oder in der Küche, betraten mit gedämpften Schritten das Schlafzimmer und flüsterten auf den Videos, wobei sie darauf achteten, das Opfer nicht zu wecken. Die Verteidigung hat vor allem Angst vor diesem globalen Effekt, in der Hoffnung, dass jeder in seiner Individualität beurteilt wird.
"Man kann nicht jemanden verurteilen, der nicht vorbestraft ist, so wie derjenige, der eine Vorgeschichte hat, derjenige, der einmal dort war und ein anderes Mal mehrmals: Das ist die ganze titanische Arbeit des Gerichts."
Olivier Lantelme, Anwalt eines der Angeklagten
Für Isabelle Crépin-Dehaene ging es im Wesentlichen darum, zu beweisen, dass diese Bilder, wenn sie an bestimmte Angeklagte geschickt worden wären (was Dominique Pelicot bestreitet), zu der Annahme hätten führen können, dass Gisèle Pelicot in ein Swinger-Treffen eingewilligt hatte. "Die Verteidigung hat, wie die Staatsanwaltschaft, das Recht, sich auf Beweise zu berufen, die für eine der Parteien ungünstig sind. Danach muss man wissen, wie man Frau Pelicot befragt", sagt Patrick Gontard, der einen Angeklagten vertritt.
"Man kann alles sagen, aber man muss wissen, wie man es sagt, mit der Würde, die diesen Debatten gebührt."
Patrick Gontard, Anwalt eines der Angeklagten
Er war absolut nicht damit einverstanden, wie seine Kollegin Me. Crepin-Dehaenge die Befragung von Gisele P. durchführte.
Also es gibt sie noch, die Anwälte , die bei einer Verteidiung auch noch auf die Würde Wert legen.
"Es ist unerträglich, ich habe das Gefühl, den Outreau-Prozess noch einmal zu erleben, aber schlimmer noch, wo die Rachsucht des Volkes von Anfang an auf die Schuldigen hinwies."
Isabelle Crépin-Dehaene, Anwältin eines der Angeklagten
Und es sind immer wieder die gleichen RAe die durch solche Äußerungen auffallen. Ich finde es unerträglich, diesen Prozess mit dem Outreau-Prozess zu verleichen.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/justizskandal-die-vermeintlichen-kinderschaender-von-outreau-a-399933.html
Auf den Bänken der Verteidigung wirkt das Bild des Opfers selbst sperrig. "Gisèle Pelicot ist heute zu einer Ikone geworden, sie wird von der Presse bevorzugt, sie wird verherrlicht. Es ist also sehr schwierig, es zu lösen oder anzugehen", sagt Patrick Gontard. "In einem Jahrzehnt hat sich der Strafprozess weiterentwickelt: Wir haben jetzt den Eindruck, dass es absolut notwendig ist, die Opfer zu schützen, auch auf Kosten des Unvernünftigen", fügt Olivier Lantelme hinzu.
Der Artikel ist m.M. nach schon lesenswert.
https://www.francetvinfo.fr/faits-divers/affaire-des-viols-de-mazan/au-proces-des-viols-de-mazan-la-defense-difficile-a-assumer-des-accuses-face-a-une-victime-devenue-une-icone_6799012.html


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

27.09.2024 um 02:10
Zitat von jeandArcjeandArc schrieb:Vielen lieben Dank für eure Beiträge und Einschätzung. Also tatsächlich ist es so, dass ca. 30 Anwälte die 51 Angeklagten vertreten.
Ja, offensichtlich ist das in Frankreich erlaubt, solange sicher ist, dass kein "Interessenkonflikt" besteht oder entstehen wird.

Das ist bei der abzusehenden Verteidigungsstrategie hier wohl auch bisher nicht der Fall, obwohl ich als Verteidiger schon ein ungutes Gefühl hätte.

Richtig ist, dass, soweit erkennbar, wohl alle Angeklagten die Tatsache des Sexualverkehrs zugeben, in den Berichten immer als "Fakt" bezeichnet. Für eine Verurteilung muss aber auch der Vorsatz, dies z.B. durch Ausnutzung des körperlichen Zustands des Opfers, hier wohl wird auf den "Schlaf" gezielt (ich würde eher von Betäubung reden), zu tun, nachgewiesen werden.

Und das ist der Ansatz der Verteidigung: sie will glaubhaft machen, dass die Angeklagten (ausser dem Ehemann) das alles für ein einvernehmlich inszeniertes Szenario hielten.

Man wird sehen ob das Gericht davon überzeugt werden kann.

Da es hier aber sehr um Details, Eindrücke, Gefühle usw. geht, wäre mir unwohl, mehr als einen Mandanten zu verteidigen. Ich gebe mal ein Beispiel:

Toni und Theo sind der gleichen Tat angeklagt. Theo war immer schon ein Schlaumeier, glänzte in der Schule, ist lange verheiratet. Toni dagegen hat nur minimale Intelligenz, keinen Schulabchluss, lebt nur in einer Welt der Videospiele, da er keinerlei Freunde hat. Er hat noch nie eine Beziehung mit einer Frau gehabt. Beide, Toni und Theo sind gleichalt.

So, gehen wir mal von dieser Tat aus: Ich vertrete jetzt die beiden. Im Bezug auf Toni fallen mir folgende Argumente ein: er ist eh nicht die hellste Kerze am Christbaum, er hat naiv dem Ehemann geglaubt, dass das alles ein tolles Sexspiel sei, dem die Frau zustimmte. Er hatte noch nie eine Beziehung mit einer Frau, noch nie mit einer zusammengelebt, er kann sich kraft all dessen gar nicht in dieses Opfer hineinversetzen und irgendwie nachempfinden, dass es sich nie auf so etwas eingelassen hätte. Usw.

Nehmen wir mal an, das Gericht sei geneigt, dem Toni hier zu glauben, dass er sich felsenfest auf die Aussagen des Ehemanns verlassen hat und diese für wahr gehalten hat und dass ihm die geistige Kraft fehlt, von ihm zu verlangen, das alles zu hinterfragen.

Fein, gut für Toni. Aber meine Argumentation kann nun auch dazu führen, dass das Gericht sagt: Also Herr Doktor, alles was sie da gesagt haben passt ja zu Toni, aber dann ist Ihnen auch klar, dass es für den Theo keinerlei Entschuldigung gibt, oder? Der ist schlau, er weiss, wie es ist mit einer Frau zusammenzuleben, kann sich dadurch in diese hineinversetzen, usw.

Hm. Vor Theo sehe ich irgendwie nicht sonderlich cool aus. Aber wenn ich jetzt zum Beispiel aus diesem Grund beginne, die Argumente, die für Toni sprechen, herunterzuschrauben, dann begehe ich eine schwere Verfehlung und habe eben genau diesen Interessenkonflikt, den die Rechtsordnung nicht will.

Daher bleibe ich dabei: kein Doppelmandat!


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Prozess in Avignon über die Massenvergewaltigung in Mazan

27.09.2024 um 14:32
Zitat von CharliesEngelCharliesEngel schrieb:Eigene Übersetzung:
Drei Gruppierungen, Das feministische Kollektiv gegen die Vergewaltigung, Mix-Cité und Feminismus wagen! , veranlassen im November 2010 die Kampagne "Die Schande muss die Seiten wechseln!"
Ich glaube, dass diese Kampagne viel wahres beinhaltet!
Man kann sich natürlich darüber ärgern, dass die Gesellschaft immer noch patriarchalisch sei, dass viele Männer Frauen immer noch als (Besitz-)gegenstand betrachten, dass es viel Gewalt gegen Frauen in Beziehungen gibt, dass immer noch viele Frauen mindestens einmal im Leben Opfer sexualisierter Übergriffe werden.
Aber es wird einfach nicht gelingen, ganze Generationen kurzfristig umzuerziehen und ihr gesamtes Weltbild zu ändern. Und selbst wenn, es wird immer noch einzelne Männer oder Gruppen von Männern geben, die ihr Welt- und Selbstbild weiter leben wollen und werden.

Aber wenn "die Schande die Seite wechselt", wenn sexuell übergriffiges Verhalten öffentlich geächtet, gebrandmarkt und vor allem auch öffentlich verfolgt wird, wenn sich die Täter und nicht die Opfer schämen müssen, dann könnte man in meinen Augen einen ganz großen Schritt erreichen.

Ich habe ein interessantes Interview mit einem Polizisten gehört, der jahrzehntelang in der Bekämpfung der illegalen Prostituation und des Menschenhandels gearbeitet hat. Der sagte, dass Deutschland in seinen Augen durch die Legalisierung von Sexarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Prostitution einen völlen falschen Weg eingeschlagen hat. Schweden dagegen ist sehr erfolgreich damit, den Kauf von Sex zu kriminalisieren, weil dadurc genau das passiert ist: die Schande hat die Seiten gewechselt. Nicht die Prostituierte muss sich rechtfertigen, sondern der Kunde. Dadurch hat gekaufter Sex in der Gesellschaft extrem das Ansehen verloren, dass es normal sei, sich einen Frauenkörper für Geld kaufen zu können. Die Freier scheuen dort viel weniger das Bußgeld, als vielmehr die Schande, beim Kauf von Sex erwischt zu werden. Menschenhandel zum Zweck der Prostitution gibt es dort so gut wie gar nicht mehr, weil das Land einfach kein lukrativer Markt mehr ist.

Und wenn die Schande die Seite wechselt würde es für Opfer sexualisierter Gewalt auch leichter, solche Vergehen anzuzeigen. Mehr Opfer würden sich das trauen, weil sie viellleicht nicht mehr das Gefühl hätten, sich dafür schämen zu müssen. Und damit würde es eben dann den Übergriffigen viel schwerer, immer wieder mit so etwas durchzukommen. Das ändert natürlich nichts an der Beweislage, die in vielen Fällen immer noch schwer wäre. Aber wenn jemand zwei-, dreimal oder noch öfter wegen seines übergriffigen Verhaltens angezeigt würde, würde er sich sicherlich gut überlegen, ob der damit weiter machen will, selbst wenn er mehrmals damit durchkommt. Aber es signalisiert eben doch deutlich, dass sein Verhalten vom Opfer nicht geduldet wird.

Insofern kann man vor Gisele nur ganz ganz großen Respekt haben. Sie geht genau den richtigen Schritt, mit viel Mut. Man sieht ja aber auch, wie viel Kraft das kosten muss, wie viele neue Demütigungen sie sich gefallen lassen muss und man kann nur bewundern, wie gut sie all dem stand hält und sich immer noch wehrt.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Aber kein Social Media ist schon mal gut. Also ich finde es schon ok, wenn ein Anwalt mit seiner Kanzlei einen Social-Media Auftritt hat und Pressartikel postet. Aber was diese El-Bourimi da treibt ist ja peinlich, selbst wenn das keine Anspielung war. Bei so Leuten wie Alexander Stevens und Astrid Wagner hat es ja irgendwie noch was exaltiertes, aber das ist ohne Worte.
Ich finde das immer sehr problematisch. Dass ein Anwalt während eines laufenden Verfahrens den Prozess kommentiert: geschenkt. Aber diese Anwälte, die in Podcasts, Dokus oder Büchern über ihre spektakulärsten Fälle plaudern sind mir wirklich zuwider. Sowohl, wenn sie sich - wie dieser Stevens - selbst als den gewieften Winkeladvokaten hinstellen, der skrupellos jeden raushaut, aber auch, wenn sie öffentlich - wie Uwe Krechel - sich lang und breit über die Verkommenheit und Verwahrlosung ihrer Mandanden auslassen.


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