Palio schrieb:Klar, die Umstände sind andere, auch ist das Ufer weiter entfernt als beim Bärbach. Aber die Verteidigung will ja wohl gerade darauf hinaus, dass ein Telefonat aus dem Fluss heraus beweist, dass die Verletzungen erst später erfolgten, darauf hatte @emz hingewiesen.
Das ist vermutlich der Entlastungszweck hinter der Verlegung des Telefonats in den Bach.
Ich finde es von Frau Rick überings sehr riskant, auf diese Karte zu setzen. Es kann ja durchaus sein, dass dieser Schuss nach hinten los geht und zwar heftig.
Klar geht es ihr darum, das ganze als Unfall darzustellen. Damit wäre ihr Mandant raus, denn dann gäbe es ja keine Fremdverschulden. Er würde freigesprochen werden.
Allerdings ist natürlich genau dieser Anruf, wenn er von Hanna aktiv getätigt wurde auch das Indiz, dass aus einem Mord aus Heimtücke (wie es die Staatsanwaltschaft ja in ihrer Anklage gesehen hat) einen Totschlag macht, denn wenn Hanna erkannt hat, dass von dem Täter für sie eine Gefahr ausgeht und deshalb den Notfallkontakt angerufen hat, dann war der Angriff eben nicht mehr heimtückisch.
Selbst wenn sich das Gericht durch Frau Rick und ein weiteres Gutachten also zu der Überzeugung käme, dass nicht Hanna den Notruf aktiv gewählt hat, sondern er durch irgendeine Notfallfunktion automatisch ausgelöst wurde, dann kann es ja trotzdem immer noch davon ausgehen, dass die Ursache dafür, dass Hanna und ihr Handy in den Bach gelangten, ein Angriff und kein Unfall war. Denn die Einschätzung der drei Gutachter (Rechtsmedizinerin, Traumaspezialist, Hydromechaniker) hat je sehr eindeutig und übereinstimmend ergeben, dass die Kopfwunden und die Schulterfrakturen durch einen Angriff und nicht durch das Treiben im Fluss oder bei einem Sturz in den Bach entstanden sind.
Mir ist die Abgrenzung zwischen Mord und Totschlag bekannt und ich halte das prinzipiell auch für eine logische und nachvollziehbare gesetzliche Regelung, die dazu dient, eine Abstufung in der Schwere der Schuld und Verantwortung und damit dem Strafmaß vornehmen zu können wenn ein Mensch einem anderen Menschen das Leben nimmt.
Aber in diesem speziellen Fall fände ich es unerträglich, dass dieser verzweifelte Notruf, den Hanna abgesetzt hat, dazu führen kann, dass der Täter erheblich besser davon kommt, als wenn sie ihn nicht getätigt hätte. Sie hatte auch mit dem Notruf keine Chance gegen den Angriff, denn sie war alkoholisiert und selbst wenn ihr der Typ "irgendwie komisch" vorkam, weswegen sie den Anruf getätigt hat, hat der Täter trotzdem immer noch einen erheblichen Vorteil durch Überraschung und Überrumpelung.
Hanna wurde auf dem Nachhauseweg angegriffen und ist jetzt tot. Wenn ein anderer Mensch diesen Tod zu verantworten hat, dann mildert es dessen Schuld in meinen Augen kein bisschen, wenn das Opfer Sekunden vor dem Überfall erkannt hat, dass es in Gefahr ist und damit nicht mehr arglos war. Wehrlos war Hanna in meinen Augen trotzdem.
Gerade wenn man, wie es sich wohl abzeichnet, das beim Täter Jugendstrafrecht zum Tragen kommt, dann finde ich die Vorstellung, dass er für diese Tat mit 5 oder 6 Jahren Haft bestraft wird, die nach 2/3 der Zeit zur Bewährung ausgesetzt wird und von denen er durch die U-Haft ja schon mehr als 15 Monate abgesessen hat, schon ziemlich schwer erträglich.
In den ihm damit verbleibenden 2 bis 2 1/2 Jahren Haft wird er dann sicherlich seine Lehre abschließen können und danach jede Menge Unterstützung zur sozialen Eingliederung bekommen.
Und zwar, weil nicht, weil die Tat, die er begangen hat, irgendwie weniger verwerflich, brutal und sinnlos war, sondern weil das Opfer noch verzweifelt und vergeblich versucht hat, einen Notruf an die Eltern abzusetzen.
Aber wie gesagt, vielleicht geht dieser Antrag von Frau Rick, wie ja schon zwei andere in diesem Prozess, ja auch nach hinten los.... Irgendwie finde ich, das sie nicht besonders geschickt agiert.
Karajana schrieb:Die Berichte von IppenMedia sollte man wirklich mit Vorsicht genießen.
So ausführlich sie zu berichten scheinen, so fehlerhaft ist es eben leider auch. Nun zum wiederholten mal.
Ja, das sehe ich mittlerweile auch so. Vor allem scheint der- oder diejenige, die da den Prozess verfolgt, auch nicht alles zu verstehen (sowohl akustisch, als auch von der Dynamik des Prozesses her) und mitzukriegen (es ist halt einfach auch jede Menge Information, die an so einem Prozesstag sehr konzentriert ausgetauscht wird), und dann leider eine subjektive Interpretation bis hin zur Spekulation da niederzuschreiben. Für einen Leser ist es dann echt schwer bis unmöglich, das auseinander zu dröseln....