Sherlock_H schrieb:Wenn ein Ereignis (oder eine Konstellation) noch so unwahrscheinlich ist, sobald dieses eingetreten ist, ist es Realität und man muss sich - vereinfacht ausgedrückt - nicht mehr um die Eintrittswahrscheinlichkeit kümmern.
Wobei es hier in der Krimirubrik ja immer um die Überlegung geht, ob die Wahrscheinlichkeiten für Ereignisse auf einen planenden Täter deuten.
Ein durchschnittlich intelligenter Täter, der auf einem normalerweise belebten Platz mit Kameraüberwachung jemanden tötet und dem es trotzdem gelingt, unerkannt zu entwischen, weil die Kameras ausgefallen waren und sonst kein Mensch da war, hat vermutlich spontan und im Affekt gehandelt, denn mit so viel Glück konnte er nicht rechnen.
Wenn man im Fall Hanna W. von einem Kapitalverbrechen ausgeht, muss man sich bezüglich der Wahrscheinlichkeiten für die Spurenbeseitigung überlegen, was der Angeklagte in diesem Fall eigentlich vorhatte und was dabei Berechnung und was Zufall war.
Aus seiner mutmaßlichen Absicht ergeben sich ganz unterschiedliche Konstellationen zu den Wahrscheinlichkeitsüberlegungen.
Wollte der Angeklagte nur joggen und alles Weitere ist Zufall, dann kommt es auf Wahrscheinlichkeiten für ein Spurenhinterlassen nicht an, er hat ja nichts dergleichen geplant.
Ebenso, wenn er beim Joggen eine Frau nur ansprechen wollte, ohne ihr Gewalt anzutun.
Erst, wenn man davon ausgeht, dass er sie von Anfang an vergewaltigen wollte oder gar von Anfang an einen Mord an einer Frau plante, kommt es auf Wahrscheinlichkeiten an für die Umstände, dass er dabei nicht erwischt wird. Aber auch da sind wieder Unterschiede in der Motivation und bei der Täterpersönlichkeit zu berücksichtigen. Ein triebgesteuerter Täter handelt ggf. risikoreicher als ein rationaler Täter mit materiellem Motiv.
Das nächtliche Joggen kann durchaus als ungewöhnlich angesehen werden und daher eine andere Motivation unterstellt werden. Aber welche? Ein einheitliches Bild für eine bestimmte naheliegende Handlungsmotivation ergibt sich aus den verschiedenen Informationen für mich nicht. Das Ergebnis (vorausgesetzt, es war ein Gewaltdelikt) scheint mir so eher nicht geplant gewesen zu sein. Wenn kein Verbrechen geplant war, wären Überlegungen zur Wahrscheinlichkeit für ein spurenloses Verbrechen egal. Aber darauf, dass Wahrscheinlichkeitsüberlegungen eher unerheblich sind, wolltest du auch hinaus,
@Sherlock_H, wenn ich es richtig verstanden habe.