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Darkstar09 schrieb:Das Gutachten spricht meines Wissens von "nicht auszuschließen" (nicht von "zwanglos", was etwas ganz anderes bedeuten würde) , was bei forensischen Begutachtungen fast die Regel ist, wenn die Verteidigung fragt, ob eine (auch noch so abwegige) Alternativerklärung auszuschließen sei.
Die speziellen Frakturen (beidseitig an gleicher, eher ungewöhnlicher Stelle) im Schulterbereich in Kombination mit dem Bruch des 5. Halswirbelkörpers sowie die verteilten Wunden an der Kopfschwarte sind auch nach nochmaliger Lektüre des Anatomiebuchs höchstens mit Treibverletzungen vereinbar, wenn äußerst (!) ungewöhnliche Strömungshindernisse in Kombination mit einer Glasknochenkrankheit des Opfers vorliegen.
Eben, das ist genau das, was ich auch schon klar machen wollte hier. Der Gutachter kann einfach nicht sagen „ja, absolut sicher, 100% auszuschließen“ wenn der Verteidiger frägt. Selbst wenn er sich selbst sehr sicher ist. Ich finde aber eben, dass man an seiner Formulierung erkannt hat, dass er sich persönlich schon sicher ist, aber eben nicht sagen darf, dass es auf jeden Fall auszuschließen ist. Ich habe (tolle) Vorträge von ihm gehört und in den dort beschriebenen Fällen war das ebenfalls so. Es gibt da einfach keine 100%ige Sicherheit, sondern immer nur eine „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“ und seine Meinungen, Berechnungen und Beobachtungen kann er vor Gericht zum Besten geben, nicht um eine absolut klare Diagnose zu stellen und den Fall aufzuklären, sondern um zum Gesamtbild beizutragen, das sich das Gericht von dem jeweiligen Fall, der Tat und dem Angeklagten machen wird anhand allem, was zur Verfügung steht.
Die Rechtsmedizin wird im öffentlichen Bild (Filme, Zeitungsberichte etc.) falsch dargestellt, finde ich. Es wird oft so dargestellt, als könnte die Rechtsmedizin sogut wie immer genauestens herausfinden, was passiert ist und zwar wann und durch wen/was und in welcher Reihenfolge. So ist das in Wirklichkeit leider nicht. In vielen Fällen bleibt am Ende trotz allem relativ unklar (man nennt das dann tatsächlich „anatomisch-pathologisch unklar“) woran die Person gestorben ist und im besten Fall gibt es eine wahrscheinliche Ursache, von der man ausgehen kann, die man aber auch nicht beschwören könnte. Nur ganz selten kann man wirklich 100% sagen „ja, daran ist der gestorben und so und so ging das von statten“. Die meisten Beurteilungen sind eher eine mutmaßliche Richtung…
fassbinder1925 schrieb:Wenn die Gutachter etwas sicher ausschließen können, sagen sie das ja auch auf Nachfrage der Verteidigung.
Das sind dann, wie ich finde, aber eher Dinge die wirklich gar keinen Zweifel lassen und ganz klar auszuschließen oder gar zu beweisen sind. Aber grade wenn es darum geht wie ein Knochen gebrochen wurde, gibt es da so unendlich viele Möglichkeiten, dass da keiner eine Garantie abgeben möchte, wahrscheinlich, auch wenn er sich persönlich recht sicher ist…