Gehen wir das doch mal durch.
Tiergarten schrieb:1. MG hatte ein Motiv (angestrebtes offizielles Verhältnis mit der Frau seines Freundes).
Wirklich viel wissen wir darüber nicht, das war wohl Gegenstand des Tages, der der Öffentlichkeit vorenthalten wurde. Fakt scheint zu sein, dass G wohl gern eine Trennung der Ehefrau von KM gesehen hätte und interessiert war, mit ihr eine festere Bindung einzugehen.
Ich hatte in der Vergangenheit aber wiederholt dargelegt, dass dieses Interesse aus meiner Sicht erstens bei weitem nicht ausreicht, dann auch als Mordmotiv herzuhalten und zweitens ohne psychologisches Gutachten auch nicht wirklich klar ist, wieso ein 50jähriger nach einer gescheiterten Ehe einen Mord begehen würde, um in eine Patchworkfamilie einzutreten.
Das Fehlen eines solchen Gutachtens halte ich für ein großes Problem.
2. Er hat zuvor mit diversen Aktionen versucht, die Ehe auseinander zu treiben.
Das stimmt wohl, ist moralisch fragwürdig, aber vermutlich weniger fragwürdig als der Ehebruch an sich und wahrscheinlich nicht einmal strafbar. Als Indiz für Mord völlig abwegig.
3. Er hat sich mit Hilfe eines gefundenen Ausweises ein Zweithandy besorgt, das er gezielt zur Vorbereitung und Ausführung der Tat nutzte (u.a. Taxianrufe nach Verbringung des Caddys).
Diese Unterschlagung und Identitätsdiebstahl sind strafbar und für sich allein ein Grund, Daten zu verwischen, nicht mit den Behörden zu kooperieren und die Aussage zu verweigern. Seltsamerweise wurde zu dieser nachweisbaren Straftat in der Urteilsbegründung anscheinend nichts gesagt, geschweige denn ein Strafmaß ausgesprochen.
Welches Taxi wann mit welchem Handy gerufen wurde, blieb bis zum Schluss unklar. Ein Nachweis des Handys in der Funkzelle konnte nicht erbracht werden. Der Taxifahrer in Hannover konnte nicht ermittelt, die Fahrt nicht bewiesen werden. Der Taxifahrer aus Salzgitter konnte G nicht identifizieren, obwohl man sich angeblich die Fahrt über angeregt über Fußball unterhalten hatte.
4. MG kannte sich bestens am Tatort und mit den Gewohnheiten von KM (extrem frühes Aufstehen) aus und machte sich dies zunutze.
Das ist möglich, allerdings haben wir hier rauf und runter diskutiert, dass gerade wegen der Ortskenntnisse klar sein musste, dass dieser Ort viele Risiken birgt. Ich habe keinen Hehl daraus gemacht, dass ich ihn aus einer Vielzahl von Gründen für so ungeeignet halte, dass es für mich eher ein entlastendes Argument ist. Bei sorgfältiger Planung würde ein rationaler Täter diesen Ort nicht wählen.
Ob ein Angriff auf dem Friedhof oder noch an einem anderen Ort geplant war, wissen wir nicht.
5. MG hatte Zeit (dienstfrei) und kein Alibi.
Das stimmt, ist aber bei wenig geselligen Singles ein generelles Problem und daher ein sehr schwaches Indiz.
6. Er besorgte sich zur Tarnung eigens einen Mietwagen, der dann von Zeugen auch zur Tatzeit in unmittelbarer Tatortnähe gesehen wurde.
Warum er sich den besorgte, insbesondere für vier Tage inklusive Wochenende, aber wenig damit fuhr, wissen wir nicht. Die lange Standzeit am Tatort ist wohl das stärkste Indiz überhaupt, die Planung dagegen so hirnrissig, dass ein rationaler Täter das niemals planen würde.
In der Tat ist die Unerklärbarkeit dieses Parkens der Hauptgrund, weshalb ich mangels Alternativen letztendlich doch an Gs Schuld glaube.
7. MG besorgte sich mit einer Pistolenarmbrust eine Waffe und erkundigte sich im Internet nach deren Wirkung auf Menschen.
Es kann genauso gut sein, dass er der im Schützenverein aktiven Familie M und insbesondere dem jüngeren Sohn ein schönes Geschenk zum 18. Geburtstag machen wollte (Führerschein) und sich das aufgrund der Entwicklung anders überlegte und das Geld auf eine unsaubere Art zurück holte.
Wenn schon in der unmittelbaren Nachbarschaft Gs in Othfresen ein Verrückter die Polizei mit einer Armbrust bedroht hat, finde ich es auch nicht so abwegig, sich im eigenen Interesse danach zu erkundigen. Wenn man dann ahnt, dass einem ein Strick daraus gedreht werden könnte, fände ich es auch verständlich, die Suche löschen zu wollen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-liebenburg-sek-einsatz-polizisten-mit-armbrust-bedroht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191029-99-4912758. Er brachte den Caddy, mit dem er KM abtransportierte, offenkundig zum Expogelände nach Hannover ( von dort und vom Bahnhof Salzgitter am Tatmorgen Anrufe nach Taxen mit seinem Zweithandy).
So offenkundig ist das wohl nicht, siehe 3.
9. Am Rucksack eines der Söhne von KM, den der Täter aus dem Haus mitgenommen und im Caddy hinterlassen hatte, befand sich DNA von MG.
Für jemanden, der in dem Haushalt ein und ausging, völlig wertlos. Er braucht nur mal den im Weg herumstehenden Rucksack beiseite gestellt zu haben. Die Aussage des Sohnes, er habe nie Zugang zu dem Rucksack gehabt, ist aufgrund der Umstände unglaubwürdig. Schließlich muss der Rucksack ja auch am 13. April über Nacht in der Küche gestanden haben.
10. Das Nachtatverhalten: MG verhielt sich bei der Aufklärung des Falles passiv bis bremsend, nahm aber im Haus von KM dessen Platz am Tisch ein und veranstaltete sogar eine Geburtstagsfeier.
Was beweist das?
11. MG versuchte Spuren zu beseitigen (Lösung von Daten in Handys und PC, ominöse Vertuschung der Armbrust-Bestellung Wochen später).
Siehe 3. und 7.
12. MG bestellte Baumaterialien, deren Nutzung bis heute nicht geklärt ist (Verdacht, dass sie zur Beseitigung der Leiche verwandt worden sein könnten, bislang nicht ausgeräumt.
Zu den Baumaterialien gab es von Anfang an Widersprüche in der angeblichen Menge, die laut StA Wolters "den fortschreitenden Ermittlungen" geschuldet waren. Von angeblich bei eBay gekauften Bauzäunen hat man nie wieder etwas gehört. Zu den anderen Materialien wurde lediglich aus dem Prozess überliefert, dass Zeugen in der Nachbarschaft gefragt wurden, ob sie Baumaterialien gesehen hätten.
Meines Wissens wurde hier nichts aufgeklärt, nichts bewiesen und auch nichts in die Urteilsbegründung übernommen. Nicht einmal die Theorie der Fakebaustelle wurde nach Anklageerhebung je wieder erwähnt, bis sie plötzlich kurz vor Ende des Prozesses noch einmal - nun zusammen mit Bienenstöcken - in dem Flugblatt der Ms, nicht aber in offiziellen behördlichen Erklärungen, noch einmal auftauchte.
Alles in allem frage ich mich primär, warum die Verteidigung nicht die äußerst dürftige Beweisführung attackiert hat, anstatt auf ein halbes Dutzend bestenfalls wohlmeinende Augenzeugen zu setzen, die KM trotz mutmaßlicher schwerer Verletzungen einige Tage später quietschvergnügt unter teils bizarren Umständen (Raucher, Motorradkluft ohne Motorrad,...) gesehen haben wollen.