Scarlett (26) beim Wandern im Schwarzwald verschollen

Betje schrieb:Konnte man feststellen, wieviel Guthaben noch auf ihrer Prepaidkarte war?

Ich denke nicht, dass es sich um so eine alte Variante von Prepaid handelt, in der man eine Summe draufzahlt und dann pro Aktion was abgebucht wird. Es ist eher so, dass sie z. B. einen Prepaid-Vertrag hatte. Die werden in unterschiedlichen "Paketen" angeboten mit im Vorfeld definierten Konditionen (z. B. 300 min telefonieren, unbegrenzt SMS, 8 GB Datenvolumen etc) und die sind halt ohne Vertragslaufzeit. Du zahlst dann quasi pro Monat, kannst aber auch zu jedem neuen Monat kündigen, oder ein anderes Prepaid-Paket wählen.

CorvusCorax schrieb:Bei manisch-depressiven wechseln sich die Phasen ab. Zwei meiner Freunde waren manisch-depressiv.
In der manischen Phase haben die vor Energie nur so gesprüht, waren energiegeladen, rast- und ruhelos, geradezu euphorisch. Bis die dann wieder in ein schwarzes Loch gefallen sind, die depressive Phase. Beide haben sich suizidiert.

Allerdings ist eine bipolare Störung eine chronische Erkrankung, die auch einer psychiatrischen Behandlung bedarf und mehrheitlich eine medikamentöse Therapie zur Folge hat (mit Lithium). Solches ist von Scarlet nicht bekannt und ist aus meiner Sicht daher auszuschließen.

CorvusCorax schrieb:Nö, stimmt so nicht. Bei manisch-depressiven wechseln sich die Phasen ab. Zwei meiner Freunde waren manisch-depressiv.
In der manischen Phase haben die vor Energie nur so gesprüht, waren energiegeladen, rast- und ruhelos, geradezu euphorisch. Bis die dann wieder in ein schwarzes Loch gefallen sind, die depressive Phase. Beide haben sich suizidiert.

gegensätzliche, extreme und völlig übersteigerte Stimmungslagen - warum soll das niemandem aus Scarletts Umfeld aufgefallen sein?
Im Zuge der Ermittlungen hätte man das doch zur Sprache bringen müssen wie es bei anderen Vermissten auch der Fall ist (war in Behandlung, hat sich möglicherweise etwas angetan).

Kraftwerker schrieb:Das ist auch nur ein Auszug von dem was bekannt ist und schon in dieser Liste steckt auch das Potenzial für negative Auswirkungen.

alles hat das Potential für negative Auswirkungen.
Vor allem sehr "positive" Erfahrungen, z.B. Heroin, Kokain. Denn danach kommt das tiefe Loch.

Betje schrieb:gegensätzliche, extreme und völlig übersteigerte Stimmungslagen - warum soll das niemandem aus Scarletts Umfeld aufgefallen sein?
Im Zuge der Ermittlungen hätte man das doch zur Sprache bringen müssen wie es bei anderen Vermissten auch der Fall ist (war in Behandlung, hat sich möglicherweise etwas angetan).

Vielleicht wurde es ja besprochen, nur wissen wir nichts davon, weil es zu Scarlett's Schutz nicht in der Öffentlichkeit breitgetreten wurde.

Wertet die Polizei nicht auch den Google Suchverlauf auf? Sie hätte bei Suizidabsichten doch bestimmt gegoogelt wie man das bewerkstelligen kann. Und zwar öfter, solche Ideen sind ja nichts einmaliges.

CorvusCorax schrieb:Hier die Antwort des Vaters bzgl. Timeline:

Steht diese Aussage des Vaters zur Timeline nicht im Widerspruch zum Ergebnis der Analyse von BFS, dass Scarlett auf den vorherigen Etappen oft im Energiesparmodus und ohne eine Timeline-Auszeichnung unterwegs gewesen ist?

Taker903 schrieb:Man kennt doch die genauen Pläne gar nicht. Daher kann man das nicht sagen.

Alles spricht dafür, dass Scarletts Plan für den 10.9.20 war, die E6 zu wandern und die Tour abzuschließen. Wäre sie in Wehr angekommen, wäre es unerheblich gewesen, wie viel Zeit sie sich in Todtmoos gelassen hatte. Da aber sie spurlos weg ist, wird jedes Detail zurecht hinterfragt.

Sie hat am Vormittag mindestens eine Stunde verschenkt. Entweder wollte sie zu einer bestimmten Uhrzeit mit China telefonieren oder sie war gegen 11 Uhr verabredet. Eine dritte Begründung fällt mir nicht ein.
Und ein mögliches Treffen in Todtmoos dürfte sehr relevant für ihr Schicksal sein.

Sie hat sehr wahrscheinlich wegen der Zeitverschiebung rumgetrödelt. 10 Uhr Deutschland bedeutet 16 Uhr China. Wahrscheinlich die Zeit wo der Freund Feierabend hatte und telefonieren durfte.

Emsig schrieb:Sie hat sehr wahrscheinlich wegen der Zeitverschiebung rumgetrödelt

Gut, das ist die Hauptvariante. Danach startet sie die E6 planmäßig. Und dann?

Emsig schrieb:Sie hat sehr wahrscheinlich wegen der Zeitverschiebung rumgetrödelt. 10 Uhr Deutschland bedeutet 16 Uhr China.

Was ich nicht verstehe ist, dass man sich für ein anscheinend "belangloses" Telefonat überhaupt Zeit nimmt. Wenn nichts Wichtiges besprochen werden musste, warum schreibt man dann nicht einfach vor Etappenstart eine süße kleine Nachricht mit der Ankündigung, dass man sich meldet, sobald man am Etappenziel angekommen ist. Wieso "verschwendet" man für Unwichtiges Geplänkel so viel Zeit, anstatt sich diese Zeit dann für die Wanderung an sich zu nehmen und dabei dann auch einkalkuliert, dass man vllt hier und da sich mal mehr Zeit lassen will auf der Strecke für z. B. Pausen oder Fotos machen oder einfach etwas langsamer und gemütlicher laufen und die letzte Etappe, ohne eventuell hetzen zu müssen, zu genießen.

@Niilanaya
Vielleicht wollte sie ihren Freund einfach über die Kamera sehen? Wir wissen ja nicht viel über die Beziehung. Sie wollten sie wahrscheinlich persönlicher gestalten durch Videotelefonate.

Außerdem muss man ja auch eins sehen: diese Wanderung ist nichts was unbedingt *perfekt* durchgeführt werden musste. Nicht so wie arbeiten wo dann Konsequenzen drohen, wenn man zu spät ist.
Sie hat es wahrscheinlich nie so generalstabsmäßig durchgeplant. Dann hätte sie sich halt später abhetzen müssen, war dann halt so.

UTAC schrieb:Allerdings ist eine bipolare Störung eine chronische Erkrankung, die auch einer psychiatrischen Behandlung bedarf und mehrheitlich eine medikamentöse Therapie zur Folge hat (mit Lithium).

Na ja, irgendwann tritt die Erkrankung mal zutage, wird quasi "sichtbar". Das heißt dann aber nicht, dass derjenige sich in Behandlung begibt oder schon befindet.
Eine frühere Nachbarin hat sich z.Bspl. in einer stabilen Behandlungsphase beim Freigang aus der Klinik für einen heimischen Wochenendaufenhalt suizidiert.

Johnny77 schrieb:Sie hat am Vormittag mindestens eine Stunde verschenkt. Entweder wollte sie zu einer bestimmten Uhrzeit mit China telefonieren…

Warum reicht denn diese Erklärung erstmal nicht wenn es keine Anhaltspunkte gibt, dass sie jemanden treffen wollte?

Betje schrieb:Weißt Du Näheres?

Nein ich behaupte auch nicht, dass es so war. Es ist dennoch nicht auszuschließen. Man kann nicht einfach sagen, dass sie allem Anschein nach ein zufriedenes Leben hatte und daraus schließen es muss ein Verbrechen gewesen sein.

Niilanaya schrieb:Was ich nicht verstehe ist, dass man sich für ein anscheinend "belangloses" Telefonat überhaupt Zeit nimmt. Wenn nichts Wichtiges besprochen werden musste, warum schreibt man dann nicht einfach vor Etappenstart eine süße kleine Nachricht mit der Ankündigung, dass man sich meldet, sobald man am Etappenziel angekommen ist. Wieso "verschwendet" man für Unwichtiges Geplänkel so viel Zeit, anstatt sich diese Zeit dann für die Wanderung an sich zu nehmen…

Weil es ihr wichtig war. Weil es ihr nicht wichtig war zu einer bestimmten Zeit am Ziel zu sein.

Johnny77 schrieb:Da aber sie spurlos weg ist, wird jedes Detail zurecht hinterfragt.

Natürlich muss man alles hinterfragen aber man muss auch nicht auf Dingen rumreiten für die es eigentlich eine plausible Erklärung gibt.

Taker903 schrieb:Für mich klingt es auch plausibel, dass sie sich für 11 Uhr zum telefonieren verabredet hat und vorher schonmal los wollte. Ich verstehe nicht warum sie dazu in der Unterkunft hätte bleiben sollen wenn da eh um 11 Check Out ist. Ich finde den Ablauf tatsächlich nicht so ungewöhnlich wenn ihr das Telefonat wichtig war. Dann vertrödelt man die Zeit halt irgendwie

Ja, das ist ein guter Gedanke. Bei den Einwänden bin ich aber ganz bei @Niilanaya
Vor allem hört das Funknetz ja nicht an der Ortsgrenze vom Todtmoos auf. Da könnte man doch ganz gemütlich loswandern und dann zum Telefonieren eine kleine Pause einlegen, statt eine ganze Stunde in Todtmoos zu vertrödeln.

Betje schrieb:Um eine Statistik im Sinne der Stochastik anzuwenden berücksichtigt man gewisse Parameter, man grenzt sozusagen etwas ein um eine Aussagekraft zu bekommen.
...
Genauso ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass jemand mit finanziellen-, gesundeitlichen-, beruflichen-, Mobbing-, Sucht-, Alkohol-, Beziehungs- etc, etc... Problemen Selbstmord macht, als ein gesunder, junger, freier Mensch, dem noch viele Türen offen stehen.

Ja, das ist prinzipiell richtig. Es scheint Dir aber entgangen zu sein, dass ich die wenigen Morde an Anhalterinnen, Joggern, Wanderern nicht mit den ~11.000 Suiziden in Deutschland verglichen habe, sondern nur mit den Suiziden unter jungen (zumeist gesunden, schönen) Menschen. Und da ist der Suizid leider um zwei Größenordnungen häufiger.

Zu Scarletts etwas ungewöhnlicher Bildungsbiografie habe ich mich ja schon geäußert (). Aber auch beruflich und privat scheint mir nicht alles eitel Sonnenschein gewesen zu sein. Zumindest hing da vieles noch in der Schwebe; das kann durchaus Sorgen bereiten.

Emsig schrieb:Sie hat sehr wahrscheinlich wegen der Zeitverschiebung rumgetrödelt. 10 Uhr Deutschland bedeutet 16 Uhr China. Wahrscheinlich die Zeit wo der Freund Feierabend hatte und telefonieren durfte.

Also wenn ich mir die Arbeitszeiten in China so anschaue, dann wird eine 40-Stunden-Woche zwar angestrebt, ist aber wohl eher eine Wunschvorstellung. 72 Stunden pro Woche sind wohl eher die Regel. Und 5 Tage Jahresurlaub auch. Daher zweifle ich an, dass der chin. Freund in einer Festanstellung war, wie sonst hätte er sich immer wieder monatelang auf Reisen begeben können?

Die Regelarbeitszeit beträgt in China 8 Stunden am Tag und 40 Stunden pro Woche.
Es sind maximal 3 Überstunden pro Tag sowie 36 Überstunden im Monat zulässig. Diese sind durch entgeltliche Zahlung oder Ausgleichstage abzugelten.

Die in der Tech-Branche in einzelnen Betrieben praktizierte “9/9/6”-Überstundenpraxis (Arbeit von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends an sechs Tagen pro Woche, womit Beschäftigte auf 72 Wochenarbeitsstunden kommen) wurde im August 2021 vom Volksgerichtshof als Verstoß gegen das chinesische Arbeitsrecht eingestuft.

Urlaub
Seit 2008 gibt es eine gesetzliche Regelung zum Urlaubsrecht. Diese sieht vor, dass Arbeitnehmer, die kontinuierlich zwischen einem und 10 Jahren gearbeitet haben (egal bei welchem Arbeitgeber), Anspruch auf fünf bezahlte Urlaubstage pro Jahr haben (vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem gegenwärtigen Arbeitgeber mindestens ein Jahr besteht). Der Urlaubsanspruch erhöht sich nach zehn Arbeitsjahren auf 10 Tage und auf 15 Tage nach 20 Jahren ununterbrochener Beschäftigung.
Davon unbesehen ist natürlich eine günstigere Regelung im konkreten Arbeitsvertrag.

Quelle:

https://www.ihk.de/stuttgart/fuer-unternehmen/international/internationales-wirtschaftsrecht/rechtsinformationen-zu-einzelnen-laendern/asien/arbeitsrecht-in-china-3810628

Mr.Stielz schrieb:den ~11.000 Suiziden in Deutschland verglichen

Im Jahr 2022 hat es 79 Selbstmorde deutschlandweit in der relevanten weiblichen Altersgruppe (25-29 Jahre) gegeben.

Quelle:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/Tabellen/suizide.html#119324

@CorvusCorax
Ich habe beruflich mit Chinesen zu tun. Nach meinem Eindruck haben sie eine Woche Urlaub im Jahr, immer um das chinesische Neujahrsfest herum. Wie es auch in dem Artikel steht, den du verlinkt hast.
Mit dem Englisch ist es so eine Sache. Der Chinese muss auf alle Fälle zu einer privilegierten Schicht gehört haben, und dadurch Zugang zu einer sehr guten Bildung bekommen haben. Warum er monatelang dann rumreisen durfte, keine Ahnung. Sehr unüblich. Alle gebildeten Chinesen, die ich kennenlernte, die z B. zum Studium da waren, standen unter enormem Druck die Erwartungen ihrer Familien zu erfüllen und wären nie auf die Idee gekommen wochenlang rumzureisen. Glaube auch dieses Konzept Rucksacktourismus ist in China absolut unüblich, schon allein wegen der Ausreisebestimmungen

Johnny77 schrieb:Im Jahr 2022 hat es 79 Selbstmorde deutschlandweit in der relevanten weiblichen Altersgruppe (25-29 Jahre) gegeben.

Ja, danke! Aber ich sehe nicht, wie das die Argumentation entkräften soll, ganz im Gegenteil. Bei den Morden fällt mir spontan jetzt nur Hanna W. am Chiemsee ein, die auf dem Heimweg von einer Party ermordet wurde; aber Hanna war 23 und gehört damit nicht in die Vergleichsgruppe, wenn wir das Alter auf 25-29 einschränken. Da gibt es sicher den einen oder anderen Fall, den ich nicht auf dem Schirm habe, aber die Verhältnisse sind klar.

Mr.Stielz schrieb:Aber ich sehe nicht, wie das die Argumentation entkräften soll, ganz im Gegenteil.

Du hattest ja in den letzten Tagen postuliert, dass Suizid statistisch wahrscheinlicher als ein Verbrechen ist. Das kann ich aber an den Zahlen nicht erkennen, genau andersrum.

Die Gewaltkriminalität "Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschl. mit Todesfolge" übersteigt um das vielfache die Selbstmorde (Polizeiliche Kriminalstatistik 2022, BMI.bund.de).

Johnny77 schrieb:Du hattest ja in den letzten Tagen postuliert, dass Suizid statistisch wahrscheinlicher als ein Verbrechen ist. Das kann ich aber an den Zahlen nicht erkennen, genau andersrum.

Die Gewaltkriminalität "Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschl. mit Todesfolge" übersteigt um das vielfache die Selbstmorde (Polizeiliche Kriminalstatistik 2022, BMI.bund.de).

zumal eine Vielzahl der schweren sexuellen Übergriffe nicht angezeigt werden.