Die Ereignisse der vergangenen Tage zeigen einmal mehr, dass im wirklichen Leben die Aufarbeitung eines solchen Falles ganz anders und vor allem sehr viel langsamer verläuft, als der typische Allmy-user sich das vorstellt und wünscht. Daher willkommen in der Realität.
Beginnen wir mit dem Todeszeitpunkt. Ich hatte ja schon vor einiger Zeit angemerkt, dass die bisherige Eingrenzung auf 30 Minuten, die dann noch durch den Telefonanruf auf 11 Minuten eingeschränkt worden war, unhaltbar war. Ich habe mit diesen Dingen öfter zu tun und habe in den Fällen, an welchen ich gearbeitet habe noch nie einen Gerichtsmediziner erlebt, der -allein aus der Sicht der medizinischen Spuren- einen Todeszeitpunkt von weniger als 2 Stunden geschätzt hat. Die forensische Medizin ist dazu schlichtweg nicht in der Lage.
Hier ergibt sich also wie zu erwarten war ein Zeitraum, der aus anderen als den medizinischen Punkten in etwa eingegrenzt werden kann: zwischen dem Anruf und dem Auffinden. Das sieht nun wie eine Binsenweisheit aus, aber genau das umfasst etwa 2 Stunden.
Das kann freilich bedeuten, dass sie um 13.20 Uhr verstorben ist, also direkt nach dem letzten Anruf, in dem von Bissen die Rede war, es kann genausogut bedeuten, dass sie erst kurz vor dem Auffinden starb, und die ebenfalls kurz davor gesehenen Hunde etwas damit zu tun haben.
Den Zeitpunkt weiter einzuschränken, wenn überhaupt möglich, ist nun also Aufgabe der Ermittler, nicht der Rechtsmediziner. Das ist ganz normal in Fällen mit Tötungsdelikten.
In unserem Fall stehen immer noch zwei Gruppen "Verdächtiger" im Vodergrund, den Tod verursacht zu haben: die Jagdhunde und Curtis. Freilich ergibt sich daraus, dass es sogar eine Kombination sein könnte, also dass beide Hundegruppen gebissen haben und Elisa an der Gesamtheit des Vorfalles starb.
Hier hofft der geneigte Leser, genau wie die Staatsanwaltschaft, dass die DNA Spuren etwas mehr Klarheit bringen. Aber auch hier hatte ich schon vor zu hohen Erwartungen gewarnt: es ist durchaus vorstellbar, dass sich an ihrem Leichnam und an ihren Kleidern DNA beider Gruppen findet, ohne dass nun zwangsläufig die tödlichen Bisse der einen oder anderen zugeordnet werden können. Ich befürchte sogar diesen Ausgang.
panta_rhei schrieb:Aber Wissenschaftler versichern, dass es unmöglich ist den Zeitpunkt so präzise zu benennen. Stattdessen geht man nun von einem „Delta von zwei Stunden“ aus. Dann fragt der Reporter nochmal nach, das mit dem 2h-Delta wird bestätigt.
Dawn schrieb:Insofern neu aufgesetzt, weil es die "Grenze 13:30" nicht mehr gibt, sie kann auch später gestorben sein und deswegen ist das "Alibi" der Freilassung der Hunde um 13:28 mit Bildbeweis nun auch für alle nichts mehr wert.
So ist es, was eigentlich von Anfang an im Raum steht, ist bestätigt: Allein durch Zeit-Alibis ist keine der Hundegruppen auszuschliessen.
davyjones08 schrieb:Und der Anruf das Sie gebissen wird um 13:19? Der ist doch damit nicht aus der Welt, weil der Todeszeitpunkt, evtl nach hinten revidiert wird. Das ist doch ein fixer Zeitpunkt für den vermutlich tödlichen Übergriff.
Das ist der frühest mögliche Zeitpunkt, aber keineswegs bedeutet dass, dass das Geschehen, von dem sie während dem Telefonat sprach, bereits zu ihrem Tod geführt hat.
marlonc schrieb:Danke für das Einstellen. Das heißt im Prinzip, das DNA-Ergebnis wird nach Ansicht des Anwalts überhaupt nichts aussagen, egal was herauskommt.
Das ist durchaus zu erwarten.
Andante schrieb:Aber selbst wenn das französische Recht ein Adhäsionsverfahren kennt: Es gibt bisher keine strafrechtliche Anklage. Der Zivilanspruch wurde offenbar bereits eine Woche nach Elisas Tod geltend gemacht. Es handelt sich also um einen vom Ermittlungsverfahren rechtlich völlig unabhängigen Prozess.
In Frankreich gibt es ein dem deutschen Adhäsionsverfahren ähnliches Verfahren und wird dort auch weitaus häufiger angewandt. Vor allem sieht die Prozessordnung dann auch vor, dass zunächst der Ausgang des Strafprozesses abzuwarten ist. Insofern sagt uns die Meldung, dass Elisas Angehörige zivilrechtliche Ansprüche angemeldet haben noch nicht viel. Entscheidend ist, dass nachgewiesen werden kann, welche Hunde hier verantwortlich sind.
Beim Ausgang des Verfahrens können sich dann Unterschiede ergeben, wie ich weiter oben schon mehrmals dargestellt hatte: die Hürde für eine strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens der Hundehalter ist weitaus höher als die für Schadenersatzansprüche. Daher ist durchaus vorstellbar, dass man zwar niemanden für fahrlässige Tötung oder unterlassene Hilfeleistung usw. verurteilen kann, aber dennoch zivilrechtlich jemanden haftbar machen kann.
Und nun heisst es abwarten. Der Fall ist sicherlich juristisch sehr komplex. Und da die französische Justiz den verdienten Ruf hat, besonders langsam zu arbeiten, sollte man hier einen grossen Vorrat an Geduld aufbringen.
:)