fortylicks schrieb:Was dann an Infos herausgegeben wird - und was die Presse dann daraus macht, das muss in der Tat differenziert betrachtet werden.
Im fachlichen Austausch zwischen Behörden, Politik und Medien gibt es deshalb eine Differenzierung, die in der Praxis sehr wichtig ist. Sie hat mit Quellenschutz genauso viel tun, wie mit der Güte und Zuverlässigkeit der gegebenen Informationen. Es wird nämlich vereinbart:
"Unter Eins" = Zitat mit Namensnennung. Entspricht einer Äußerung vor Kameras oder Mikros. Da zählt jedes Wort und wird jedes Wort mit Bedacht gewählt.
"Unter Zwei" = keine Namensnennung, kein Zitat, sondern Veröffentlichung einer paraphrasierten Information "aus Ermittlerkreisen", "aus der Familie", im Idealfall im Konjunktiv oder in indirekter Rede.
"Unter Drei" = Information dient nur als Hintergrund für das Verständnis der Journalisten, z.B. zur Einordnung. Oder stellt eine persönliche Meinung dar. Über all das darf nicht berichtet werden. Das sind auch die berühmten "Hintergrundgespräche", die z.B. mit ausgewählten Journalisten geführt werden.
Wenn unklar ist, welche Kategorie nach dem Willen des Gesprächspartners gerade gilt, muss nachgefragt werden. Wer als Journalist gegen diese Regeln verstößt, wird mit Höchststrafe belegt: Es gibt keine Informationen mehr, egal ob Eins, Zwei oder Drei. Der Journalist ist unseriös. Unseriös ist es nicht, wenn der Journalist Infos unter Eins oder Zwei bei einer zweiten Quelle nachprüft und ggf. um deren Stellungnahme bittet (die wieder als Eins, Zwei oder Drei ausfallen kann).
emz schrieb:Ganz so eindeutig ist das nicht immer einzuordnen. Es gibt selbst bei der Bild Artikel, wo man sich auf eine saubere Darstellung verlassen kann.
Ja, denn selbst BILD (wie auch die ö-r Sender, Spiegel, SZ, FAZ) hält sich an diese Vereinbarungen, soweit es Politik und Behörden betrifft. Man erkennt relativ schnell am Inhalt wie am journalistischen Stil, ob die allgemeinen journalistischen Sorgfaltspflichten eingehalten wurden.
Anders sieht es bei privaten Gesprächspartnern aus, die diese Differenzierungen nicht kennen. Die werden dann hemmungslos ausgeweidet, es wird spekuliert und verunklart, so wie es gerade am besten knallt.
Aber wie im Zusammenhang mit Quellen schon einmal erwähnt: Es gibt einen Beleg, wer etwas gesagt hat. Das ist kein Beleg, dass die Information auch zutrifft. Das darf erst dann angenommen werden, wenn nicht nur die jeweilige Quelle offengelegt, sondern auch mehrere weitere Quellen konsultiert wurden (z.B. Familie und Ermittler) und diese die Information übereinstimmend bestätigt haben.
Mein 7.15 Uhr-Verweis ist also von minderer Art und Güte, weil in dem von mir als Quelle verlinkten Artikel schlicht ein Vorgang behauptet wurde. Ich hatte ja schon selbst darauf hingewiesen, dass das wohl aus einer Sekundärquelle stammt. Vielleicht hat das Medium einfach hier im Wiki nachgesehen. Die Familie hat dieser Information (die sie wohl selbst einmal in die Welt gesetzt hat) meines Wissens nach nie bestritten oder ausdrücklich berichtigt. Insofern ist der 7.15 Uhr-Anruf in der Welt (auch hier im Wiki) und es gibt keine mediale Information, warum er nicht erfolgt ist oder sein kann.
Ergo kann ein solcher Anruf Gegenstand von Schlussfolgerungen oder schlichten Überlegungen sein.