Frau.N.Zimmer schrieb:Simuliert wird aber doch ein ganz anderes Szenario." Ein Skelett steht neben einer Badewanne. Es macht eine kurze Bewegung mit dem rechten Arm, dann fällt es nach vorne, der Kopf schlägt heftig an den Badewannenrand, dann kommt es in Seitenlage in der Wanne zum Stillstand, das linke Bein bleibt auf dem Wannenrand liegen."Sie fällt nach vorne und zieht sich 2 Hämatome am Hinterkopf zu.
Nein, die Bewegungsabläufe sind komplexer, nur ein nach vorne Fallen ist es nicht, das Opfer wäre nicht mit dem Gesicht gegen die Wanne gekracht.
Man denkt viel zu viel in gradlinige Bewegungen, andere Bewegungsarten lässt man leicht außen vor, vor diesem Problem dürfte auch der Rechtsmediziner gestanden haben.
Obgleich Du hier die Bilder eines möglichen Szenarios vor Dir hast, hast Du die Drehung des Opfers übersehen. Die Verteidigung geht von der Theorie davon aus, dass das linke Bein abrupt gebremst wurde, weil die Kniescheibe gegen den Badewannenrand stieß. Der Körper will aber weiter nach vorne, wird aber das linke Bein daran gehindert. Das hat zur Folge, dass dann ein Drehimpuls entsteht, wodurch das Opfer Uhrzeigersinn gedreht wird. Je nach Stärke dieser Drehung kann dann durchaus das Opfer mit dem Hinterkopf an den Badewannenrand schlagen.
Das stärker über den Badewannenrand ragende linke Bein, und das in der Badewanne liegende rechte Bein sind Hinweise für dieses Szenario. Auch die seitliche Lage mit dem Kopf nach vorn passt dazu.
Zur Lage vom Stock, auch der ist für dieses Szenario stimmig. Er liegt in dieser Position, weil die Badewanne ihn am nach vorne Fallen aufgehalten hat und er dann nur seitlich umkippen konnte. Da das Opfer nach links gefallen ist.
Vor dem gleichen Problem, vor dem Du stehst, hat natürlich der Gutachter gestanden, mehr noch, er musste sich eine solche Szene erst mal überhaupt vorstellen. Drehimpulse etc. sind aber für einen physikalischen Laien erst mal nicht so einfach zu erfassen, auch wenn es dazu schöne Experimente und Anwendungen im Alltag gibt. Trotzdem setzen und die daraus ergebenden Effekte und in Staunen, weil deren Wirkung nicht von vornherein (ohne Nachdanken) absehbar sind, der Mensch kann geradlinige Bewegungen gut erfassen und sich auch gut vorhersehen, bei Drehimpulsen ist es deutlich schwieriger.
Rotkäppchen schrieb:Ich finde es unheimlich schwer, dies exakt zu rekonstruieren. Klar gibt es physikalische Gesetzte, aber keine Allgemeinregel für menschliches Verhalten/für Reaktionen. Es bleibt immer eine Restmöglichkeit offen.
Physik ist aber ERSTMAL die Grundlage. Daher sind mir Gutachter, die etwas ausschließen wollen, sehr suspekt, insbesondere wenn sie bzgl. der Physik durch ihr Fachgebiet nur rudimentäre Kenntnisse haben. Hier hätte das Gericht von vornherein auch andere Fachbereiche mit einbeziehen müssen.