Einige Gedanken zum Hotelformular
Die von JF angegebene Adresse, Telefonnummer, Firmenname, Geburtsdatum mussten folgende Bedingungen erfüllen:
Die Daten mussten für eine(n) Mitarbeiter/in der Rezeption auf den ersten Blick plausibel aussehen und einer oberflächlichen Prüfung standhalten.
Sie wählte also eine kleine „belgisch klingende“ Stadt, die in einer guten Straßenkarte des Landes leicht zu finden ist. Um Zweifel auszuräumen, wählte sie zudem einen in Belgien häufigen Straßennamen, der in der angegebenen Stadt tatsächlich auch existiert. Die Hausnummer schrieb sie jedoch vor dem Straßennamen. Dies entspricht den Adressformat in Frankreich und Großbritannien. In Belgien wird die Hausnummer wie in Deutschland üblicherweise nach dem Straßennamen geschrieben. Besonders in zweisprachigen Umgebungen des Landes z.B. Brüssel (Flämisch und Französisch) wird aber auch das französische Format verwendet.
Allerdings wählte JF für den Ort eine völlig falsche Postleitzahl und Telefonvorwahl, die nicht vergeben sind, aber numerisch am besten zur Region um die Stadt Ath in der Provinz Hennegau passen würde und sich in der Nähe der französischen Grenze befindet. Bei Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Angaben hätte die Rezeptionistin in ein PLZ-/Vorwahlverzeichnis schauen oder die internationalen Auskunft befragen können und die Daten wären schnell als gefälscht erkannt worden. Für eine erfundene Adresse wäre es aber nicht notwendig gewesen, eine unpassende PLZ und Vorwahl zu verwenden – d.h. sie hätte die realen Daten verwenden können und es wäre immer noch eine glaubwürdige und erfundene Adresse gewesen. In diesem Sinne hat JF die Adresse gewissermaßen doppelt verschlüsselt. Für die scheinbar typische belgische Adresse wählte JF einen Nachnamen, der eine Herkunft aus UK, Irland, USA vermuten lässt. Zwar ist Belgien ein bedeutender Standort für die EU und Nato, aber der Anteil der eingewanderten Bürger aus dem englischsprachigen Raum dürfte dennoch gemessen an der Gesamtbevölkerung sehr gering sein.
https://www.migrationpolicy.org/article/belgium-country-permanent-immigrationBemerkenswert ist, dass JF bewusst oder unbewusst eine abweichende Unterschrift benutzte. Sie schrieb “Fergate“ obwohl im Formular deutlich der gedruckte Name “Fairgate“ stand. Entsprechend dem abgegebenen Geburtsdatum machte sie sich ca. 2-3 Jahre jünger. Sie wählte zwei Rufnummern mit der Vorwahl von Lüttich, aber die Rufnummern waren gemäß der Nachprüfung ebenfalls nicht vergeben. Es würde den Aufwand der Bemühungen zur Verschleierung der Identität widersprechen, wenn ausgerechnet diese gewählten Rufnummern direkt zu einem Angehörigen oder Bekannten führen würde. Daher kann auch hier eine bewusste Täuschung angenommen werden. Das gleiche gilt für die Angabe des Firmennamens. Eine Fima mit dem Namen CERBIS existiert(e) offensichtlich nicht in Belgien, jedoch in Australien – dort ein Handel mit Wand- und Bodenfliesen, Stahlbau usw. Es könnte von einer gewissen Genialität gesprochen werden, wenn JF bewusst diese sehr weit entfernte Firma gewählt hätte – und falls das zutrifft, stellt sich die Frage, woher sie diese Firma kannte. Vielleicht war sie im Bereich Logistik oder Handel mit keramischen Baustoffen tätig, denn diese Firma importiert nach Auskunft der Homepage auch europäische Produkte. Ich bin zwar der Meinung, dass die Aneinanderreihung von Spekulationen den Wahrheitsgehalt nicht unbedingt erhöht. In diesem Fall möchte ich es aber doch einmal versuchen: Ca. 60 km bis zur belgischen Grenze befindet sich das Unternehmen Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG. Das Unternehmen hat 1.350 Mitarbeiter, ist spezialisiert auf leicht zu reinigende Wand-u. Bodenbeläge (Schwimmbäder, Hotels, usw.) und hat u.a. auch eine Handelsvertretung in Australien.
Die Wahl der Daten ist aus meiner Sicht von dem unbedingten Bestreben der Verschleierung geprägt, aber auch einer Leichtfertigkeit bei der Wahl offensichtlich unstimmiger Angaben. Wer sich so bemüht, eine Identifikation zu verhindern, lenkt den Fokus weit weg von der tatsächlichen Herkunft. Es stellt sich also die Frage, wenn ihr die Verschleierung so wichtig war, warum wählte sie Belgien und nicht die Niederlande, Luxemburg, Frankreich, Schweiz, usw. ? Vermutlich deshalb, weil in Belgien keine Angehörigen oder Bekannten leben, die sie identifizieren könnten. Eine öffentliche Suche war auch in Belgien nicht erfolgreich. Bei JF wurden keine Gegenstände gefunden, die auf eine belgische Herkunft schließen könnte. Die Waffe wurde im belgischen Waffenregister nicht gefunden und ist nach Auffassung von VG vermutlich von der ungarischen Fabrik FEG nach 1973 hergestellt worden.
EU-Bürger müssen sich nach einem Aufenthalt von drei Monaten bei den belgischen Behörden eine Aufenthaltsgenehmigung holen. Wenn JF sich als deutsche Bürgerin dort länger aufgehalten hat und dort ihren Wohnsitz hatte, müsste sie registriert worden sein. Es dürfte für die Polizei kein großer Aufwand sein, herauszufinden, welche deutsche Staatbürgerin mit den Geburtsjahren 1970 bis 1973 sich bis 1995 im Land aufgehalten hat. Gemäß oben genannter Statistik werden in Belgien aktuell 802 Personen vermisst. Auch diese Liste könnte nach den Kriterien leicht geprüft werden.
Aus vorgenannten Gründen vermute ich, dass JF weder in Belgien gelebt noch dort Angehörige oder Bekannte hatte.
JF war gut vorbereitet und sie hatte unzweifelhaft gewisse regionale Detailkenntnisse, was an dem Format der Adresse und der korrekten Vorwahl und Ziffernfolge der Telefonnummer deutlich wird. Sie wusste auch, dass die Hausnummer 148 der Rue de la Station in Verlaine nicht existierte. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass die im Formular eingetragene PLZ und Vorwahl grob auf die Region um Ath verweisen. Um diese Daten zu ermitteln, hätte JF einige regionale Karten und Telefonbücher studieren müssen. In einer Zeit ohne Google und Co. wäre das aufwendig gewesen. Daher könnte ich mir vorstellen, dass JF geschäftliche Informationen – z.B. Kundenverzeichnisse genutzt haben könnte.
Abschließend möchte ich noch kurz anmerken, dass ich mir die Flugpläne mit Ziel Oslo (damals Flughafen Fornebu) noch einmal genau angeschaut habe. Dabei habe ich den Aufenthalt am Flughafen und die Wegezeiten zum Hotel berücksichtigt. Soweit sich die heutigen Timeslots der Fluggesellschaften nicht verändert haben und JF von Deutschland abgereist ist, ist sie vermutlich von Düsseldorf möglichweise auch von München abgeflogen. In diesem Fall wird sie die Waffe wohl kaum mitgeführt haben – d.h. sie müsste sich diese in Oslo und Umgebung beschafft haben. Die zweite Alternative wäre, dass JF ab Travemünde mit der Fähre nach Treleborg gefahren ist und von dort mit der Bahn oder Bus die Reise nach Oslo fortgesetzt hat.
Von VG wurde angegeben, dass die Flugpassagierlisten überprüft wurden. Aber wie ist die Kripos vorgegangen ? Wenn sie die Listen nach dem Namen “Jennifer Fergate“ durchsucht haben, musste die Suche ins Leere laufen. Wenn das so war und Kripos diese Listen noch hat, könnte es sinnvoll sein, die realen Namen noch einmal zu überprüfen.
Gruß
Lighthouse60