@Slaterator
Es gibt nach wie vor keinen Beweis, dass sie selbst geschossen hat.
Diese Erkärung halte ich für sehr naheliegend. Das Fehlen von Schmauchspuren ist zumindest ein klares Indiz -wenn auch nicht Beweis- das gegen einen Suizid spricht.Da lege ich einen vorsichtigen Einspruch ein. Aber ist nicht so schlimm wie es aussieht - mit Verlaub!
Durch das Statement des ermittelnden Kripobeamten im Video, er hätte in seiner ganzen Laufbahn nicht erlebt hat, dass keine Schmauch – und Blutspuren und Fingerabdrücke am den Händen bzw.an der Waffe vorhanden waren, hat er manipulativ dazu beigetragen, die Verschwörungstheorie anzuheizen – aber dann paradoxerweise auf Selbstmord zu schließen, ohne die näheren Umstände zu konkretisieren.
Was ihm eigentlich nicht in seiner ganzen Laufbahn widerfahren ist, war ein Selbstmord in Rückenlage begleitet mit einem aufgesetzten Stirnschuss und Daumen am Abzug. Und eine Selbstmörderin, die sich noch kurz vorher frisch gemacht, denn die Badehandtücher und der Bademantel waren feucht. Dass kein anderer als JF das Bad benutzt hatte, war ersichtlich, denn außer ihren Fingerabdrücken gab es keine anderen im Bad.
Die folgenden Ausführungen konkretisieren die Tatsache, dass das Vorhandensein von Schmauchspuren nicht von Notwendigkeit ist. Schmauchspuren vorzufinden bei der Schusshand bzw. Führhand ist nur ein hinreichendes Kriterium festzustellen, ob Mord oder Selbstmord vorliegt. Es gibt noch ein anderes Kriterium, das für die Kripo so entscheidend war, so dass sie auf Selbstmord schlossen.
Dass der oben erwähnte Kripobeamte nicht aus dem Nähkästchen plaudert, ist ja auch verständlich, aber in Konklusion mit seiner Andeutung, da könnte doch was anderes sein, sorgte er für eine ordentliche Verwirrung.
Dabei bediene ich mich der Leseprobe aus Mätzler/Wirth Titel Todesermittlungen, ab Seite 300 ff. Verlag nicht ersichtlich.
Link:
https://books.google.ch/books?id=ZZAoDAAAQBAJ&pg=PA300&lpg=PA300&dq=feststellung+der+schussentfernung&source=bl&ots=050EPKSErU&sig=42Y3eXAhjNCU0-zSLZjzg74tQhU&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjc5fOoosHbAhVGWBQKHRkMA5AQ6AEILjAA#v=onepage&q=feststellung%20der%20schussentfernung&f=falseVorbemerkung:
Wurde der Schuss aus der nächsten Nähe abgegeben (relativer Nahschuss), sind am Einschuss als Nahschusszeichen eine begrenzte Beschmauchung, verstreute Einsprengungen von Pulverteilchen und mitunter eine thermische Schädigung zu erkennen. Bei aufgesetzter Waffe (absoluter Nahschuss) finden sich am Einschuss eine Stanzmarke, eine Schmauchhöhle und als fakultativer Befund, vor allem bei Kopfschüssen, eine sternförmige Platzwunde.
Die Unterscheidung, ob ein Tötungsdelikt oder eine Selbsttötung vorliegt, erfordert die Feststellung
- der Schussentfernung und /oder
- der Schusshand.
Schussentfernungsbestimmung
Die Bestimmung der Schussentfernung erfolgt anhand von Schussspuren am Schützenstandort und/oder an beschossenen Objekten, sowie systemtypische Merkmalen der verwendeten Munition (Art, Reichweite, Durchschlagsvermögen) im Zusammenhang mit der Schussrichtungsbestimmung.
Weiterhin lassen sich zur Schussentfernungsbestimmung die Nahschusszeichen nutzen. Eine besondere Bedeutung hat dabei der Schmauch, dessen Menge und Dichte die näherungsweise Bestimmung der Schussentfernung zulassen. Zur Sicherung von Schmauchspuren können verschiedene Klebeverfahren (Stiftprobenträger, Klebefolie), das Folienabdruckverfahren oder das Polyvinylalkohol-Anzugsverfahren eingesetzt werden.
Schusshandfeststellung
Der Hauptbefund an der Schusshand ist die Beschmauchung, mitunter finden sich auch Verletzungen durch Waffenteile (sog. Schlittenverletzungen) und beim Nahschuss vom getroffenen Körper weggespritzte Substanzen wie Blut und Gewebeteilchen. Von entscheidender Bedeutung ist es, dass die Schusshandfeststellung unverzüglich nach der Schussabgabe erfolgt und Reinigungsversuche der Hände konsequent verhindert werden. Außer an der Schusshand können Schussspuren auch an der Führhand (Hand, die bei Kurzwaffen die Schusshand unterstützt) vorhanden sein.
Fazit:
Eines dieser beiden Kriterien muss erfüllt sein oder beide.
Bei JF wurde keine Beschmauchung festgestellt, aber die Schussentfernungsbestimmung führte zum Suizidergebnis.
Mit anderen Worten, obwohl der Schusshandnachweis negativ verlief, blieben nach Abschluss der Ermittlungen keine Zweifel, dass sich JF selbst erschossen hatte!
Es gibt sehr viele Beispiele von Selbstmorden im Netz, bei den der Schusshandnachweis negativ verlief, aber dennoch auf Selbstmord erkannt wurde.
Hier noch ein sehr interessanter Fall eines Suizids einer mit Waffen sehr erfahrener Frau, die trotz ihrer Erfahrung 4 (!) Probeschüsse abgefeuert hatte.
Quelle: gleiche Quelle wie schon oben angegeben
Der Fall: Selbsttötung durch Schuss nach Abgabe von Probeschüssen
Es war gegen 17.15 Uhr gewesen, als der Bankkaufmannslehrling Kurt N. seine Mutter Getrud N. schwer verletzt in ihrem Schlafzimmer gefunden hatte. Ihr Kopf war blutverschmiert. Auf dem Bett sah Kurt N. eine ihm gehörende Pistole des Kalibers .45 liegen. N. rief den Hausarzt herbei, der eine sofortige Überführung der Frau in ein nahe gelegenes KH veranlasste. Dort stellte manfest, dassder Vorderschädel der 58-jährigen durchschossen war.
Frau N. wurde weiter in eine NeuroKlinik der Universität geleitet. Von dort aus erhielt die Kripo Kenntnis von dem Geschehen. Der Klinikchef teilte mit, dass er am Schädel der Frau, neben einem Durchschuss, auf Beilhiebe verdächtige Verletzungen festgestellt habe. Er bat um eine sofortige Besichtigung durch einen erfahrenen Kriminalbeamten.
Schussspurenlage
Bei dem Eintreffen der Kriminalbeamten in der Klinik lag Frau N. bereits im OP. Der Schädel war glatt rasiert und, ebenso wie das Gesicht, von Blut gesäubert. Im rechten Schläfenbein war eine pfennigstückgroße runde Einschussverletzung mit feingezackten, dunkelrot-braun-verfärbten Ränder vorhanden. Unterhalb der Einschussverletzung konnte man deutlich Pulverschmauchauflagerungen feststellen.
Über dem linken Stirnhöcker war eine etwa zweipfenniggroße, unregelmäßig begrenzte Öffnung mit zackigen, zerfetzten Rändern im Schädelbereich und in der Kopfschwarte vorhanden. Aus dieser Öffnung traten Knochensplitter heraus. Von dieser Verletzung ausgehend, wies die Kopfschwarte eine 6 cm lange, klaffende Wunde in Form eines spitzwinkligen Dreiecks auf. Etwa fünf Zentimeter von der Öffnung über dem linken Stirnhöcker war ein weiteres Loch sichtbar. Dieses Loch wies ebenfalls zerfetzte Ränder, herausragende Knochensplitter und austretende Hirnmasse auf ……
Die Art der Verletzungen schloss die Einwirkung scharfer oder stumpfer Gewalt auf den Schädel aus. Sie waren allein Auswirkungen des absoluten Nahschusses mit der großkalibrigen Waffe.
Die Frau verstarb 4 Tage später.
Es waren inzwischen im Tatzimmer drei weitere Einschüsse und in einem im Keller der Villa gelegenen Wohnraum ein vierter gefunden worden. Alle Schüsse waren aus der .45 abgegeben worden.
Ergebnis der Ermittlungen war, dass der Ehemann, ein Waffensammler, zwei Jahre zuvor gestorben war und die Frau den Tod nie überwunden hatte. Die Frau war mit den Waffen vertraut und im Umgang mit Waffen war sie geübt. Es blieb kein Zweifel, die Frau hatte sich selbst erschossen, nachdem sie zuvor mehrere Probeschüsse abgegeben hatte.JagBlack