VanDusen schrieb:Ich möchte betonen, dass ich mir diese Verschwörungstheorie nicht zu eigen mache, ich will sie lediglich vorstellen. Wie alle hartnäckigen Verschwörungstheorien hat sie eine gewisse innere Logik.
Ich finde VTs in der Regel recht interessant, da sie manchmal Grundlagen und Informationen beinhalten, die der tatsächlichen Wahrheitsfindung dienlich sein können. Oft entbehren sie aber auch jeder Logik sowie Sinn und Verstand, dienen dann aber immerhin noch der persönlichen Belustigung. Es ist also eine Sache, die man nicht allzu ernst nehmen, jedoch auch nicht per se als Schwachsinn verwerfen sollte. Anschauen kann man sich jede These, auch wenn sie unwahrscheinlich und/oder offensichtlich an den Haaren herbeigezogen ist. Also widme ich mich apaßeshalber auch mal dieser Theorie. Vlt. können wir ja etwas daraus machen...
VanDusen schrieb:Die VT besagt, dass der Kapitän und der Chefingenieur genug über die geheimen Waffentransporte wussten, um nach dem Untergang der MS Estonia für eine Menge Ärger zu sorgen. Jene beiden Personen mussten darum mundtot gemacht werden. Freilich wäre es unmöglich gewesen, die beiden nach ihrer Rettung auf die eine oder andere Art "aus dem Verkehr zu ziehen", ohne zugleich alle anderen Personen, die sich mit ihnen im selben Rettungsfloß und Rettungshubschrauber befunden hatten, ebenfalls aus dem Verkehr zu ziehen. Das wäre unweigerlich aufgeflogen.
VanDusen schrieb:Interessanterweise bezeugt eine Überlebende aus der Tanztruppe der Estonia, die beiden Schwestern Veide hätten sich in letzter Sekunde vom Rest der Truppe getrennt und seien besagtem Kapitän hinterhergelaufen
Das klingt -aus Sicht eines mörderisch agierenden Geheimdienstes- ja ersteinmal logisch, alle Mitwisser gewissermaßen aus dem Verkehr zu ziehen, bevor alles auffliegen kann. Auch das "zufällige" Zeugen dabei berücksichtigt werden, ist denkbar. Der Haken daran ist, dass es schon bei der Rettungsaktion und später im KH zu vielen Zeugen kam, die allesamt die Rettung/das Überleben der "vermissten" Personen bestätigen konnten, jedoch nicht selbst verschwunden sind. Ein korrekt und sauber agierender Dienst hätte da offensichtlich geschlampt. Mal spekulativ angenommen, JF hätte mit Kapitän und Chefingenieur in der Rettungsinsel/später RTH gesessen. Dann hätten sie vom Grund der Estoniakatastrophe und den Waffen mutmaßlich nichts gewusst. Sie hätte lediglich die Rettung von Kapitän und Ingenieur bezeugen können. Wenn ein Dienst darin bereits Grund genug gesehen hätte, JF ebenfalls "aus dem Verkehr zu ziehen", dann hätten sie auch den RTH-Piloten, jede Krankenschwester und ggf. Ärzte mit Kontakt, Zimmernachbarn usw. neutralisieren müssen. Denn die verfügten über deckungsgleiches Wissen, wie JF. Für mich gerät die Theorie hier bereits ins Stolpern.
VanDusen schrieb:Anschließend, so die VT weiter, seien alle Geretteten aus Hubschrauber Y-64 zu den bereits auf die geschmuggelte Rüstungselektronik wartenden zivilen CIA-Flugzeugen gebracht und mit diesen verschleppt worden.
Ok, es gab in der Folge der Katastrophe tatsächlich zwei Flüge, die in das Muster typischer, geheimdienstlich motivierter Flüge passen. Es wurden auch -unbenannte- Passagiere befördert. Allerdings kann das natürlich einen ganz anderen Zusammenhang haben. Selbst wenn die Flugzeuge tatsächlich dafür gedacht gewesen wären, Rüstungstechnik von der Estonia aufzunehmen, wäre man auf einen plötzlichen "Kronzeugentransport" garnicht vorbereitet gewesen. Denn auch ein solcher Transport benötigt entsprechende Genehmigungen und auch entsprechende Vorbereitungen.
VanDusen schrieb:Wie erwähnt mache ich mir diese VT nicht zu eigen, kann mir aber prinzipiell schon vorstellen, dass lästige Zeugen nach einem geheimen Transfer von Rüstungstechnologie, der obendrein mit einer derart gigantischen Schiffskatastrophe in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang stand, die beteiligten Dienste vor einiges Kopfzerbrechen gestellt hätten. (...)
Ja, generell vorstellbar ist das natürlich. Allerdings hätte alles binnen kürzester Zeit genehmigt, geplant und umgesetzt werden müssen. Das ist schon viel schwerer vorstellbar.
VanDusen schrieb:(...) Die Zeugen einfach umlegen? Schwer vorstellbar, dass so etwas ohne Weisung von ganz oben geschehen wäre oder dass sich ein Entscheidungsträger gefunden hätte, der diese Order abgezeichnet hätte. Vielmehr wäre es in diesem hypothetischen Szenario durchaus naheliegend, jene Zeugen zunächst einmal wie Überläufer zu behandeln, sie getrennt voneinander in "sicheren Häusern" in den USA unterzubringen, sie psychologisch evaluieren zu lassen und in aller Ruhe zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen man sie wieder in die Freiheit entlässt.
Aus der Geschichte weiß man, dass Menschen schon aufgrund weit geringeren Wissens "neutralisiert" wurden. Diese zunächst auf "heimisches" Terrain zu bringen, um dann weitere "Schritte" zu gehen, soll vorgekommen sein. Ebenso wie der Sturz in einen zufällig offenen fahrstuhlschacht...
;) Aber das man Personen entführt und in ein kompliziertes "Kronzeugenprogramm" aufnimmt, nur weil sie die Rettung der eigentlich interessanten Zielpersonen (Kapitän,Ingenieur) bezeugen könnten, halte ich persönlich für sehr schwer vorstellbar und etwas -sagen wir- übertrieben. Ein Dienst konnte von solchen Personen weder profitieren, noch hatten sie ein wirklich gefährliches Hintergrundwissen. Sprich: Der hier angenommene Aufwand steht in keiner Relation zum vorhandenen Schutzbedürfnis eines Dienstes.
VanDusen schrieb:Falls dann allerdings eine dieser Zeuginnen, die man nach einem Deal "deine Freiheit plus eine neue Identität plus eine Tonne Cash gegen ewiges Stillschweigen" wieder in Freiheit entlassen hätte, vertragsbrüchig geworden wäre, sich mit einem investigativen Journalisten getroffen hätte, um ihre Geschichte zu erzählen, wäre das ein glasklarer operativer Notfall, dessen gewaltsame ad-hoc Lösung keines Befehls von oben bedurft hätte.
Wenn man -zumindest in der Theorie- bis hierher "sorgenfrei" gekommen wäre, würde ich diesem Passus der Theorie zustimmen. Ist erst einmal alles so weit fortgeschritten, würde die Offenbarung einer Kronzeugin vor der Journalie sicher als inakzeptabel angesehen werden und könnte entsprechende Folgen nach sich ziehen.
VanDusen schrieb:Alles, was nach JFs Tod geschehen bzw. nicht geschehen ist, wäre meines Erachtens nach völlig konsistent mit dem oben beschriebenen Szenario.
Zumindest mal stimmig für die Vorgehensweise eines unterstellt mörderisch agierenden Dienstes.
VanDusen schrieb: Während ihrer Zeit im "safe house" in den USA hätte man ihr zweifellos die Zähne schön gemacht (gehört zum üblichen Service für Ostblock-Überläufer), ihr ein bisschen Englisch beigebracht (aber noch nicht genug, als dass sie sich in dieser Sprache wirklich wohlgefühlt hätte), ihr die Details ihrer neuen belgischen Identität beigebracht (eine Nationalität, mit der man jeden noch so seltsamen Akzent kaschieren kann), und ihr neue Klamotten gekauft (freilich nicht von der Sorte, wie sie sich eine junge Frau selbst ausgesucht hätte). Und nach ihrem Tod mussten die schönen neuen belgischen Papiere ganz schnell verschwinden, weil sich ansonsten herausgestellt hätte, dass diese zwar echt, aber auf eine nichtexistente Person ausgestellt waren ;-)
Ich sag ja: Viel Aufwand und Risiko, nur um den Rest der Welt vor der Aussage einer einfachen, unwissenden Tänzerin zu bewahren, sie habe neben dem Kapitän in der Rettungsinsel gesessen. Es wäre eindeutig viel einfacher gewesen, sie nach der Rettung einfach einzuschüchtern und/oder zu diskreditieren, wenn die etwas sagen sollte. Andere angebliche Zeugen behaupten folgenlos bis heute, sie hätten den Kapitän im Krankenhaus gesprochen. Sogar eine Körpertemperaturkurve eines verschwundenen Besatzungsmitgliedes soll noch existieren...
VanDusen schrieb:Im englischsprachigen ND-Jargon gibt es den Begriff "dropdown piece". Er bezeichnet eine Waffe, deren Historie nicht zurückverfolgt werden kann, die keine Rückschlüsse auf den beteiligten Dienst zulässt und die man überall dort ablegen kann, wo eine Knarre benötigt wird, um das Bild stimmig zu machen, zum Beispiel nachdem man einen vermeintlichen Terroristen erschossen hat, der sich im Nachhinein leider als unbewaffnet entpuppte. Die FEG/Browning aus dem Oslo Plaza ist ein dropdown piece wie aus dem Lehrbuch.
Das ist schon eher ein interessanter Punkt. Wenn wir mal die vorgenannte VT außen vor lassen, ist die Vorgehensweise und auch die Waffe selbst durchaus verdächtig, mit einem Kapitalverbrechen in Zusammenhang zu stehen.