Erstmal vielen Dank
@Tuxhater, dass Du diesen Fall hier mit uns teilst.
Ich habe mir den Artikel und den Thread aufmerksam durchgelesen und im ersten Moment fühle ich mich in vielen Punkten an die RAF erinnert. Die Umstände, die hier beschrieben werden, ähneln in vielerlei Hinsicht den Biografien von Mitgliedern, die in den Untergrund gegangen sind. Von den entfernten Etiketten in der Kleidung über die kurzen Haare zur Veränderung des Aussehens (war die Haarfarbe natürlich oder eventuell gefärbt?) und den im Zimmer gefundenen Gegenständen (Aktenkoffer mit auffallend hoher Anzahl an Munition für einen Suizid, die gecleante Waffe, die Uhr mit dem durchaus praktischen Nutzen). Auch die Zeitung finde ich in diesem Hinblick interessant, da die Kommunikation oftmals über versteckte Codes in Zeitungsannoncen lief.
Wurden die Anrufe aus ihrem Zimmer getätigt, nachdem die Ausgabe der USA Today bereits ausgeliefert worden war? Und an welchem Tag fanden diese Fehlanrufe eigentlich statt? Ich finde, gerade wenn man sich ihr "Bewegungsprofil" genauer ansieht, wäre es sehr wichtig zu wissen, welche Tätigkeiten sie wohl vorgenommen hat, als sie sich in ihrem Zimmer befand. Gerade der Freitag ist relativ interessant: sie hat den ganzen vergangenen Tag und die Nacht an einem anderen Ort verbracht; als sie sich von Freitag Vormittag bis Freitag Abend jedoch durchgängig in ihrem Zimmer befand, war laut Zimmerservice das Bett um 20.23h noch wie unbenutzt. Man könnte annehmen, dass sich jemand in einem Hotelzimmer mit begrenzten Betätigungsmöglichkeiten - fernsehen, lesen, Badezimmer nutzen - vielleicht für eine gewisse Zeit zur Entspannung auf das Bett legen würde und so "Gebrauchsspuren" hinterließe. Gerade bei einer depressiven oder gar suizidalen Person, die erwiesenermaßen ein erhöhtes Schlaf- und Ruhebedürfnis haben, halte ich es für absolut atypisch, dass sie das Bett in dieser Zeit so gar nicht genutzt haben soll.
Was hat sie also in diesen knapp 9 Stunden im Hotelzimmer gemacht, nachdem sie zuvor fast einen ganzen Tag unterwegs war? Es erscheint mir plausibel, dass sie einen bestimmten Auftrag zu erfüllen hatte, mit dem sie sich in dieser Zeit intensiv beschäftigte und der wohl auch so wichtig war / sich verzögerte, so dass sie ihren Aufenthalt in Oslo noch am selben Tage verlängern musste.
Gemäß meines "vielleicht-irgendwas-in-Richtung-RAF"-Szenarios, hier auch noch ein paar Gedanken zu den beiden Buchungsanrufen:
sie könnte beim ersten Mal auf Englisch und beim zweiten Mal auf Deutsch telefoniert haben, um nicht von Personen in ihrer Umgebung belauscht zu werden. Hätte sie den ersten Anruf beispielsweise von einer öffentlichen Telefonzelle aus einem deutschen Dorf aus getätigt, wäre ihr Gespräch in Englisch nicht von so vielen Menschen auf Anhieb verstanden worden. Auf dem Weg nach Norwegen am Anreisetag war deutsch wiederum die bessere Wahl, um den gleichen Effekt zu erzielen.
Bei den Daten im Anmeldeformular ist vielleicht auch noch ganz interessant, WIE sie eventuell auf die Angaben gekommen sein könnte. Dass die Gegend um Verlaine irgendeine Bedeutung zu haben scheint, wird zumindest durch die beiden Anrufe bestärkt. Trotzdem war ihr das Gebiet nicht so vertraut, dass sie sich eine halbwegs plausible Postleitzahl herleiten konnte (sie würden alle mit einer 4 beginnen). Die Postleitzahl, die sie gewählt hat, gehört (zumindest heute) laut Google zu Bradvari in Bulgarien. In Belgien gibt es nur 7538 und 7548. Was jetzt an sich natürlich nicht viel aussagt, kann reiner Zufall sein. Interessant ist es trotzdem, da die DDR in den späten 70ern und frühen 80ern in mehreren Fällen Mitgliedern der RAF die ungehinderte Einreise nach Bulgarien ermöglicht hat, um sie so vor den Behörden der BRD zu schützen.
Über ein paar Dinge stolpere ich aber immer noch:
Samstag Abend um 19.30h wird nochmal eine Tele-Message an die Frau geschickt, die SOFORT beantwortet wird.
20 Minuten später ertönt ein Schuss.
15 Minuten später wird die Frau in einem verdunkelten Zimmer bei offenem Fenster und laufendem Fernseher gefunden.
Sollte es sich hier um einen Suizid gehandelt haben, kann man davon ausgehen, dass er nicht spontan war. Geplante Suizide haben immer eine Vorbereitungsphase, die in ihrem zeitlichen Umfang variiert. Dennoch ist es recht wahrscheinlich, dass 20 Minuten vor der Tat diese Vorbereitungsphase bereits begonnen hat. Was für mich wirklich nicht passt ist, dass sie in genau diesem Moment, in dem immens viel Energie in den Vorgang des Abschließens und der Tatdurchführung gelegt wird, tatsächlich sofort diese Tele-Nachricht beantwortet.
Auch die Haltung während des vermeintlichen Suizids finde ich sehr seltsam. Da die Kugel an ihrer Stirn ein- und am Hinterkopf ausgetreten ist und dann sowohl Bettlaken als auch Matratze durchschossen hat, bevor sie unter dem Bett zum Liegen kam, müsste sie ja auf dem Bett gelegen haben, Beine an der Bettkante angewinkelt und aufgestellt, mit beiden Händen die Pistole über ihrem Kopf umklammernd, Daumen am Abzug (oder habe ich etwas falsch verstanden?).
Was mich außerdem noch interessieren würde, wären die Fingerabdrücke im Zimmer selbst bzw. ob überhaupt welche genommen wurden, z.B. von den Getränkeflaschen, im Sanitärbereich, den Lichtschaltern, der Fernbedienung ...?
Zur Kleidung und den Taschen: Geht man davon aus, dass die Etiketten wirklich entfernt wurden, um eine Identifizierung zu verhindern, so ist es schon etwas seltsam, dass genau die Etiketten noch vorhanden sind, die eindeutig nach Deutschland weisen. Was wiederum ein Hinweis darauf sein könnte, dass genau diese Dinge (Aktenkoffer mit Munition, Travelite-Tasche, Blazer / Jacke) nicht ihr persönlich gehörten, sondern ihr erst speziell für diesen Auftrag zur Verfügung gestellt wurden.