"Snapchat-Killer" Mordfall Liberty German & Abby Williams
15.11.2022 um 13:00equinoxx schrieb:Ich hab mal gelesen, dass die Unterschiedlichkeit der Bilder daher rührt, dass die auf Sketch 1 abgebildete Person nicht die gleiche wie die auf Sketch 2 abgebildete sein soll. Aber wer soll das sonst sein? Irgendein Passant?
Gesetzt den Falle, dass, wie es hieß, Sketch 2 Bridge Guy akkurater bezeichnen soll, ist für mich die Verwirrung sowieso komplett.
Denn in meiner Wahrnehmung sieht Sketch 1 Bridge Guy weit ähnlicher. Aber vielleicht ist das Video auch irgendwie irreführend.
Alles in allem sehr rätselhaft ...
Kaietan schrieb:Als das erste Fahndungsbild 2017 veröffentlicht wurde, wurde explizit darauf hingewiesen, dass es auf der Basis von Zeugenaussagen angefertigt wurde!Ich habe jetzt noch einmal zu der Entstehung der Phantombilder recherchiert und dabei ein Interview von Sgt. Jerry Holeman, dem leitenden Ermittler der Indiana State Police gefunden, dass dieser im Jahr 2018 anlässlich der CrimeCon gegeben hat.
Was er da sagt, ist wirklich sehr interessant und erklärt einiges.
Zuerst einmal sagt er, dass die Anfertigung eines Phantombildes in der Regel durchaus Wochen braucht, es also nicht damit getan ist, dass sich Zeuge und Zeichner mal zwei stunden zusammen setzen und das Bild erstellt wird.
Mike Patty wollte 15.30 Uhr die Mädchen auf dem Parkplatz abholen. Als sie nicht auftauchten, hat er sich länger auf dem Parkplatz und in dem Gebiet aufgehalten, um zunächst auf die Mädchen zu warten, in der Verwandtschaft zu telefonieren, ob jemand weiß wo sie sind und hat dann auch selber nach den Mädchen gesucht. Es kamen dann nach und nach weitere Leute dazu, die geholfen haben zu suchen. Um 17.30 Uhr würde die offizielle Vermisstenmeldung gemacht, schon kurz danach startete einen noch größer angelegte Suchaktion mit hunderten von Freiwilligen.
Die Polizei hat natürlich gleich nach dem Auffinden der Leichen angefangen, nach Menschen zu suchen, die sich um den Zeitpunkt der Tat in dem Areal aufgehalten haben. Sie haben tatsächlich auch viele Menschen gefunden, die eine oder mehrere Personen in dem Gebiet gesehen hatten. Allerdings war es dann ein sehr großer Aufwand, herauszufinden, ob sie wirklich den "Bridge-Guy" auf Libbys Video oder jemand anderen dort gesehen hatte. Bei zahlreichen Meldungen stellte sich heraus, dass die Zeugen tatsächlich Mike Patty gesehen hatte, der am Parkplatz auf die Mädchen wartete. Dann haben freiwillige Sucher sich gegenseitig gesehen, ohne zu wissen, dass die anderen auch freiwillige Helfer waren. Zudem haben einige Zeugen, die durchaus auch ziemlich kurz vor oder zum Tatzeitpunkt dort unterwegs waren, eben einfach andere Zeugen, also Menschen, die mit der Tat nichts zu tun hatten, beschrieben.
Es war also ein sehr großer Aufwand, der sehr viel Zeit gekostet hat, die richtigen Zeugen mit der richtigen Beschreibung zu finden. Eine große Hilfe war dabei die Videoaufnahmen, anhand derer die Polizei zumindest grob abschätzen konnte, ob z.B. die von Zeugen beschriebene Kleidung mit der der Person auf der Brücke, von der man von Anfang an annahm, dass es sich um den Täter handelt, übereinstimmte.
Bei den Zeugen, die also in Frage kamen, muss man dann eben noch einmal den zeitlichen Aufwand für die Anfertigung des Phantombildes hinzurechnen. Dabei spielt die Zeit natürlich absolut gegen die Zeugen, je mehr Zeit vergeht, desto schlechter ist die Erinnerung. Aber man konnte auch nicht 100te von Phantombildern anfertigen lassen, um nachträglich dann 99% verwerfen zu müssen. Hinzu kommt noch, dass wenn Zeugen, die die gleiche Person gesehen haben, mit einem Zeichner ein Bild anfertigen, 10 verschiedene Bilder herauskommen. Dieser Effekt verstärkt sich durch die verstreichende Zeit natürlich um so mehr.
Man hate also am Ende mehrere voneinander mehr oder weniger abweichende Bilder und musste sich bei der Veröffentlichung für eines entscheiden, das man für das passenste hielt. In dem Interview sagt Sgt. Holeman, Doug Carter habe von Anfang an mehrmals betont, man solle sich bei den Ermittlungen nicht zu sehr auf das Phantombild fokussieren, eben weil ihm die Schwächen des Bildes bewusst waren.
Der hier beschriebene große Aufwand erklärt für mich sehr gut, warum es bis zum Juli 2017 gedauert hat, bis das erste Phantombild veröffentlicht wurde. Und auch warum es mehrere, mind. also 2 Phantombilder gibt, die von der Polizei zumindest in die engere Auswahl benommen wurden.
Das Transkript des Interviews kann man hier nachlesen:
https://crimelights.com/delphi-murders-crimecon-interview-transcript/