Andante schrieb:Hierzu wurde bereits ausgeführt:
Beitrag von Palio (Seite 397)
Dazu noch ein paar zusätzliche Gedanken, warum ich davon ausgehe, dass Ursula Herrmann
kein Zufallsopfer war:
Die Entführer eines Zufallsopfers hätten sich darauf verlassen müssen, dass sie den Namen und die Adresse
irgendwie erfahren, was ich, wie das Gericht auch, für weniger wahrscheinlich halte. Es wäre aber möglich.
Im Radio wurde der Name des Opfers durchgegeben, zuerst mit dem falschen, später mit dem richtigen Ort.
Die Adresse aber nicht. Die Täter hätten, nachdem sie den Namen und den richtigen Ort wussten, im Telefonbuch nachsehen können.
Bei der Adresse wurde nun die Straße gleich zweimal falsch geschrieben. Die Täter haben also entweder ins Telefonbuch gesehen und den Straßennamen
trotzdem zweimal falsch geschrieben, oder sie waren gar nicht so dämlich und haben die Straße
absichtlich falsch geschrieben, um eine falsche Spur zu legen.
Da die Straße gleich zweimal falsch geschrieben wurde, zudem die Postleitzahl fehlt und, ganz wichtig, die Diktion im Brief mehr als deutlich darauf hinweist, liegt die Annahme nahe, dass auch durch die Adresse eine falsche Spur beabsichtigt und es kein Versehen war.
Halten wir fest:
Die Täter wollten die Ermittler in die Irre führen. Es muss also nicht so sein, wie es aussieht, im Gegenteil. Wir müssen uns bei der Analyse in die Täter und ihre Absichten hineinversetzen und die Überlegung zu Täuschungsabsichten in unsere Schlussfolgerungen miteinbeziehen.
Grund der falschen Spur bei der unvollständigen Adresse ist natürlich nicht, dass vom Nachsehen im Telefonbuch abgelenkt werden soll.
Wovon will man mit so etwas also ablenken?
Die Täter wollten davon ablenken, dass sie aus der Nähe kommen und genau wussten, wer Ursula ist und wie ihre Adresse lautet.
Wenn man aber meint, von etwas ablenken zu müssen, dann ist die Wahrheit anzunehmenderweise das Gegenteil.
Der Zusatz "Lehrer" ist allerdings wieder zu viel an Information. Woher kommt diese Information und warum sollte man ausgerechnet das mit draufschreiben anstatt sich vielmehr um die korrekte Schreibweise der Straße zu kümmern? Der Zusatz "Lehrer" hilft bei der Postzustellung zweifellos weniger als die Postleitzahl und der richtige Straßenname.
Die Tatsache, dass die Straße zweimal falsch geschrieben wurde, die PLZ fehlt und dafür die Berufsbezeichnung des Empfängers enthalten ist, deutet wiederum auf die Absicht, eine falsche Spur legen zu wollen.
Diese erklärt sich so, dass die Polizei später denken sollte, dass die (nicht aus der Gegend vom Ammersee stammenden) Täter alle Informationen von Ursula bekamen und sie diese nicht kannten.
Das impliziert nämlich
a) eine lebende Ursula und
b) unwissende, ortsunkundige Täter, die auf Ursulas Auskunft angewiesen waren.
Auch hier gilt wie oben: Man lenkt von der Wahrheit ab. Die Wahrheit ist, dass die Täter Ursula nichts fragen konnten (das wussten sie zum Zeitpunkt des Abfassens der Adresse natürlich noch nicht) und nichts fragen mussten, denn sie wussten bereits Bescheid über den Beruf ihres Vaters, ihre korrekte Adresse (und wie ich meine über ihre Turnstunden).
Welcher Täter wohl über Ursula entsprechend bestens Bescheid wusste, ist klar: Ein Bekannter oder Nachbar.
Auch das nachträgliche Einkleben der Telefonnummer ist dann naheliegenderweise eine mit dieser Täuschungsabsicht einhergehende falsche Spur. Die Polizei sollte denken, dass die Täter Ursula erst fragen mussten.
Das ergibt sich für mich aus Folgendem: Das Angeben der Telefonnummer ist überflüssig. Es hätte der Hinweis an den Empfänger gereicht, dass man zu Hause anrufen werde.
Mazurek wusste, dass die konkrete Zeitung, aus der die Buchstaben herausgeschnitten werden, nachvollziehbar sein wird.
So konnte er auch hiermit suggerieren, dass erst
nach der Entführung die Telefonnummer eingesetzt werden "konnte", weil die ahnungslosen Entführer angewiesen waren auf die Auskunft durch das Opfer.
Das verspätete Einwerfen des Briefes hat nichts mit Unkenntnis zu tun. Meine persönliche Überlegung dazu ist, dass die Gruppe am 16.09. bereits von Ursulas Tod wusste und es zu Unstimmigkeiten untereinander kam, ob die Erpressung trotzdem durchgezogen werden sollte. Einer, vermutlich WM, fasste dann den Entschluss, es zu versuchen und warf den Brief dann doch noch ein, möglicherweise gegen den Willen der anderen.