monstra schrieb:Es wurde zurecht angemerkt, dass es reiner Zufall war, dass Ursula an diesem Tag mit ihrem Fahrrad den Weg befuhr. Man kann nun unterstellen, das werde der Mazurek schon alles gewusst haben, aber es bleibt eine Unterstellung
Es ging bei alledem um die Frage, ob die Annahme eines vorher ausgekundschafteten Opfers oder einer Tat "auf gut Glück" mit einem Zufallsopfer
wahrscheinlicher ist.
Wenn du schreibst, es sei "reiner Zufall", dann war es das vielleicht für dich, aber nicht unbedingt für die Täter. Die besagte "Unterstellung" ist ja nicht völlig aus der Luft gegriffen, sondern eine Wahrscheinlichkeitsannahme, die begründet werden kann und begründet wurde, hier und im Urteil.
Es gibt keinen Beweis, klar. Es gibt aber mehrere Indizien und es ist bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände sehr viel wahrscheinlicher, dass die Täter auf Ursula gewartet haben, als dass sie diese Riesenvorbereitungen trafen und sich an dem Abend (entweder zum ersten Mal zufällig oder wie jeden Abend) dort am Seeweg postierten, um auf ein allein vorbeikommendes Kind zu warten.
Es dämmerte schon. Der Plan einer Kindesentführung stand möglicherweise schon seit Ende Mai fest. Die in den Sommerferien mühevoll hergestellte Kiste mit reichlich zusammengeklaubtem Material stand im aufwendig gegrabenen Loch bereit, der Platz zum Übergriff war präpariert, der Klingeldraht installiert. Alles in sehr zeitaufwendiger Vorarbeit. Die Entführer warteten maskiert, mit Fernglas und Betäubungsmittel ausgestattet am Seeweg, bis Ursula vorbeikam.
Nur Ursula fuhr (erwartbar) dort abends lang:
JosephConrad schrieb am 22.12.2020:Nach den glaubhaften Angaben des Zeuge KHK X konnten trotz umfangreicher Befragungen der Anwohner keine Feststellungen getroffen werden, dass andere Kinder ohne Begleitung eines Erwachsenen noch zu so später Zeit allein durch das Weingartengebiet radeln durften und an diesem Abend auf dem Seeweg unterwegs waren ...
Ursula hatte einen festen Termin, den sie auch vor den Ferien schon fünfmal wahrgenommen hatte.
Ursula hatte noch dazu einen festen Termin am Dienstag. Der Donnerstag war für den Anruf geplant. Ein Tag nach Eingang des Briefs.
Ursula war ein Mädchen. Ein Mädchen war dem Erpresserbrief zufolge geplant.
Die Kiste entsprach ihrer Größe.
Die Täter zeigten Täuschungsversuche mit dem Briefinhalt und der Adresse.
Sie kannten den Beruf des Vaters, aber sie kannten ihn nicht von Ursula.
Wenn sie den Beruf zufällig aufschnappten, warum sollten sie diese Information auf den Umschlag schreiben, aber die Straße falsch schreiben und die PLZ weglassen? Wichtig: egal, welcher Täterkreis hier vermutet wird, er kannte die PLZ und den Straßennamen, ließ Ersteres trotzdem weg und schrieb Letzteres trotzdem falsch.
Damit ist klar, dass der Zusatz "Lehrer" ein Täuschungsmanöver und keine Hilfestellung für die Post war.
Das Täuschungsmanöver "Wir kennen den Beruf, aber den Straßennamen nicht" sollte naheliegenderweise nur eines signalisieren, nämlich dass die Infos von Ursula kamen und die Täter ansonsten keine Ahnung hatten.
Diese Botschaft war für die Empfänger/ die Ermittler gedacht. Sie entspricht nicht den wahren Begebenheiten. Die Infos kamen nicht von Ursula und die Täter waren nicht ahnungslos.
Es gibt nur einen in Betracht zu ziehenden Täterkreis, der so viel Nähe zu Familie Herrmann hatte, um es für nötig zu halten, davon abzulenken.
Zusammenfassend spricht für mich der Sachverhalt dafür, dass Ursula wegen ihrer Fahrten mit dem Rad von Eching nach Schondorf vorher ausgewählt wurde, dass ihr Turntermin bekannt war, ihre Hinfahrt bekannt war, dass man davon ausging, dass sie voraussichtlich allein zurückfahren würde und dass man wusste, wer sie war.