JosephConrad schrieb am 09.01.2019:Schade, man müsste mit der Gutachterin von Damals mal privat darüber sprechen können (off the records) aber das ist natürlich nach Allem nicht mehr möglich.
So ein ganzes kleines Bisschen in einem lichten Moment geht vielleicht doch. Im Vorbeigehen während einer Pause fragte ich, wie sie "wahrscheinlich" verantworten könne. Sie zuckte die Schultern und blickte mit einem mitleidigen Lächeln in Richtung Verteidigung. Also doch, dachte ich mir. Schon öfter fielen mir Ungereimtheiten auf, die sich nicht durch mangelnde Fachkunde erklären ließen.
Darauf durchsuchte ich das Tonband-Gutachten und was dazu gehört nach Hinweisen auf eine versteckte Hintertür für das Gewissen. Mit einer etwas anderen Perspektive als vorher ließ sie sich finden, und nicht nur eine. Es gab z.B. ein unübersehbares Angebot an die Verteidigung, genau dort einzuhaken. Und das Gericht hat es freundlicherweise auch noch in das Urteil aufgenommen (S. 214):
Eine Untersuchung des Schraubensicherungslacks, der den Zweck hat, dass sich die Schrauben nicht von selbst verstellen, habe lediglich ergeben, dass die Befestigungsschraube des Wiedergabekopfes über mehrere Lackschichten verfügte. Daraus könne der Schluss gezogen werden, dass ganz sicher irgendwann einmal an der Befestigungsschraube des Wiedergabekopfes herumgeschraubt worden sei.
Völlig klar, die Veränderung des Wiedergabekopfes verändert die Eigenschaften des Tonbandgeräts drastisch. Wenn das nach der Entführung passiert ist, hatten wir zur Tatzeit ein völlig anderes Gerät als heute. Leider ist es damals nicht aufgefallen, weil alle nur wie paralysiert auf den Aufnahmekopf gestarrt haben.
Die Gutachterin hat nahezu pedantisch alle Schaltgeräusche der Tätertonfolge dokumentiert. Dabei meinte sie auch Tastengeräusche des TK 248 zu erkennen. Wahrscheinlich war es ihr selbst nicht ganz geheuer, dass sie statt der erforderlichen vier Geräusche durch die Verwendung des TK 248 als Zuspielgerät dem TK 248 nur zwei zuordnen konnte. Denn nebenbei wies sie auf einen kurzen, aber deutlichen 2-kHz-Ton hin. Von dem hätte nicht nur sie wissen müssen, dass er niemals vom TK 248 stammt. Woher er kam, blieb natürlich offen. Keine Theorie, keine Vermutung dazu. Nur ein versteckter Hinweis.
Ein bemerkenswertes Vorkommnis ereignete sich während der Befragung in der Zivilverhandlung. Wie ich es im Umgang mit Meinesgleichen gewohnt bin, fragte ich: "Sie müssen doch zugeben, dass sich Ihre verwendete Vorlage und die Tätertonfolge im Einschwingverhalten der Töne unterscheiden." Der Vorsitzende fuhr mir über das Maul, bevor ich richtig ausgesprochen hatte: "Die Gutachterin muss überhaupt nichts zugeben!" Die Gutachterin nahm mir den respektlosen Ausrutscher nicht übel und diktierte ins Protokoll:
"Ich stimme zu, dass die verwendete Vorlage und die Täter-Tonfolge sich im Einschwingverhalten der Töne unterscheiden." Ich fügte naiv hinzu: "Und in der Obertonzusammensetzung." Die Gutachterin nickte diesen Zusatz ab. Wirklich überrascht war ich inzwischen nicht mehr. Die gemeinsame Sprache verband uns offenbar. Mit etwas Glück würde sie uns auch später noch verbinden.
Dieser entscheidende Satz lässt sich nachlesen. Wie er zustande gekommen ist, steht in dem völlig unzureichenden Gerichtsprotokoll natürlich nicht:
www.radonmaster.de/werner-mazurek/zum_zivilverfahren/befragung_gutachter_wortlaut-4.pdf (S. 5)
Es ist nicht ganz einfach, die um 14 % unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Tätertonfolge und der Vorlage des Bayerischen Rundfunks zu erklären. Die Gutachterin hätte mit den Geräten, die ihr zur Verfügung standen, locker eine konkrete Entstehungsmöglichkeit demonstrieren können, ohne dass jemand widersprochen hätte. Das hat sie aber nicht getan. Stattdessen lenkt sie die Aufmerksamkeit auf das Diktiergerät T2020 von Olympus. Wahrscheinlich wohl wissend, dass sich im Gegensatz zu Juristen jeder Techniker die Eigenschaften von diesem Gerät ansehen würde. LKA Tonbandgutachten, S. 9, Fußnote.
Genau das ist wieder ein Treffer. Das T2020 ist eine Geräteversion, die nur zum Abspielen und nicht zum Aufnehmen geeignet ist. Die Wiedergabegeschwindigkeit lässt sich im Bereich von -15 % bis +30 % verändern. Damit würde es genau den benötigten Zweck erfüllen. Es lässt sich jedoch nicht in einer Telefonzelle verwenden, weil es eine Steckdose benötigt.
Natürlich kann ich das alles nicht belegen. Es war ja auch nie als offizielle Information sondern bestenfalls als versteckte Hinweise gedacht. Als Hinweise, über die mit Sicherheit keiner der beteiligten Juristen stolpern würde. Neben neueren Erkenntnissen werde ich auch diese Vermutungen in einer überarbeiteten Fassung meiner Gegendarstellung zum LKA-Gutachten berücksichtigen.