Andante schrieb:Das habe ich schon mal versucht zu erklären. Das Gericht musste eben entscheiden, ob genug Anhaltspunkte dafür vorliegen, Mazurek wegen vorsätzlichen Mordes nach § 211 StGB zu verurteilen oder ob nach § 239 a StGB zu verurteilen ist, wo zwar der erpresserische Menschenraub selbst (Abs. (1) vorsätzlich sein muss, der dadurch eingetretene Tod des Opfers aber dann nicht vorsätzlich, sondern (nur) „leichtfertig“ (als gesteigerte Form von Fahrlässigkeit) verursacht worden sein muss (Abs. 3).
Wie folgender Fall zeigt, ist es eben auch Mord, wenn man den Tod billigend in Kauf nimmt. "Vorsätzlich" ist eben gerade nicht erforderlich, dass versucht man Dir hier schon über Seiten beizubringen.
https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bgh-urteil-wegen-mordes-durch-unterlassen-im-fall-carrie-rechtskraeftigIn diesem Fall war wohl ursächlich nur ein Unfall (wobei unter den weiteren Umständen in Wirklichkeit etwas anders gewesen sein könnte). Die alternative Tat zu Mord wäre hier ein Unterlassungsdelikt gewesen.
Im vorliegenden Fall haben die Täter sogar vorsätzlich den gefährlichen Zustand des Opfers herbei geführt (wie ist unklar geblieben). Ein Garantenstellung bestand daher ohne Zweifel. Sie haben die Gefahr auch erkannt, das zeigt das überstreckte Genick. Das einzige Problem, das besteht, ob nun das Opfer der Tod durch Ersticken in der Kiste oder durch den von den Tätern vorher bewusst verursachte gefährlichen Zustand ursächlich war. Im Verfahren gegen M ist hier eben wegen "In dubio pro reo" nach der Beweisaufnahme zugunsten Ms entschieden worden, dass die Mordmerkmale nicht erfüllt gewesen waren. Zu bedenken ist aber, dass das Opfer sich nicht mehr bewegt hatte, die Tüte lag noch auf den Knien.
Es ist daher nicht wirklich verwunderlich, dass damals das Landgericht von "sehr, sehr nahe am Mordvorwurf" gesprochen hat. Der Mordvorwurf war eben offensichtlich nicht eine rein theoretische Möglichkeit. Bei einer neutralen Sichtweise der StA hätte diese hier niemals die Verjährungseinrede bzgl. neuer Ermittlungen vorbringen dürfen, das widerspricht auch der damaligen Bemerkung des Vorsitzenden des Landesgerichts.
Die Diskussion bzgl. Verjährungsfristen führt hier daher nicht weiter. Für neue Ermittlungen und evtl. einem neuen Verfahren steht - entgegen der Behauptung der StA - die Verjährung höchstwahrscheinlich nicht entgegen. In einem neuen Verfahren könnte ein anderes Gericht unter Nutzung weitere Ermittlungsergebnisse (z.B. Zeugenaussagen o.ä.) auch die Mordmerkmale als erfüllt ansehen.
Bei der Frage, ob die StA das ursprüngliche Urteil durch die neuen Erkenntnisse als erschüttert angesehen hätte, hätte sicherlich die StA einen - wie schon
@monstra sagte - einen Ermessensspielraum gehabt. Bei der Verjährungsfrage jedoch kaum, daher bleibt bei dieser "Einstellungsbegründung" ein bitterer Beigeschmack.