Andante schrieb am 02.10.2019:Die StA klagt das an und darf nur das anklagen, was sie auch glaubt beweisen zu können. Nicht mehr und nicht weniger.
So ist es. Aufgrund der Spurenlage war eine Tötung des späteren Opfers a priori nicht geplant. Ein Mord wäre durch die StA aufgrund der Spurenlage nicht zu beweisen gewesen, eine Entführung mit Todesfolge aber sehr wohl.
Der Tod des Opfers war, wie der meiner Überzeugung nach zurecht Verurteilte zynisch anmerkte, ein "Betriebsunfall". Konsequent ist es, dass das Strafmaß einer solchen Tat de facto dem einer Mordverurteilung entsprechen kann.
Weitere Ermittlungen in Richtung Mittäter wurden meiner Überzeugung deswegen nicht angestellt, weil die Ermittlungsbehörden davon ausgehen mussten/konnten, dass der oder die Mittäter nicht mehr am Leben sind und/oder eine sichere strafrechtliche Sanktionierbarkeit nicht gegeben ist.
Interessant ist es jedoch, wie es einmal mehr zu anhaltenden Verschwörungstheorien um einen solchen Fall kommen konnte.
Es handelt sich um einen Indizienprozess, allerdings um einen mit einer sehr belastbaren Indizienkette. Löst man ein Indiz raus (z.B. das Tonband), dürfte die Kette immer noch halten.
Im Zentrum der Kampagne gegen das Urteil steht der Bruder der zu Tode gekommenen, der im Prozess als Nebenkläger der Familie auftrat. Der Bruder inklusive der Restfamiie hatten bis dahin versucht, ihr seelisches Heil darin zu finden, dass in Abwesenheit eines Täters etwas Schicksalhaftes, ein "Unfall" als Todesursache der Schwester imaginiert wurde. Das ging mit einem konkreten Verdächtigen, später Verurteilten nicht mehr.
Ich denke, da liegt der Kern all der Bemühungen, gegen das Urteil vorzugehen. Die nun aktuell in Erscheinung getretene anonyme Interessensgruppe, die weiter gegen das Urteil agitieren möchte, sehe ich in Nachfolge der vergeblichen juristischen Bemühungen des Bruders, der im Sommer 2019 sagte, er werde seine juristischen Bemühungen nun ruhen lassen. Zuvor hat er jedoch noch weltweit versucht, verschiedenste Medien (u.a. den Guardian, den BR und sicherlich noch viele mehr) auf den Fall aufmerksam zu machen und für seine Zwecke zu gewinnen.
Man könnte nun all die endlosen Reflexionen über die Indizienbeweise und juristischen Einschätzungen als Form einer etwas pathologischen Trauerarbeit werten, aber mittlerweile gehen die Spekulationen (und nach den mir bekannten, vom Bruder des Opfers vor getragenen Informationen, handelt es sich um reine Spekulationen) in Richtung konkreter ehemaliger Schüler des dem Tatort nahe gelegenen Schullandheims. Narrativ: reiche, politisch einflussreiche Kreise schützen ihre potentiell als Täter in Frage kommenden Söhne/ehemalige Schüler des Landheims durch Einflußnahme auf Exekutive und Justiz. Die nächste Netflix-"Doku" ist gesichert. Da ist für mich eine Grenze überschritten.
Bezüglich der Obduktionsbefunde: Man kann Prof. Eisenmenger schon zutrauen, einen hypokapnischen Erstickungstod festzustellen und eine Strangulation (die übrigens wesentlich aufwendiger und schwieriger ist, als die meisten glauben) auszuschließen. "Verfärbungen der Haut" sind per se erstmal unspezifisch und kein zwingender Hinweis auf eine Gewaltausübung im Halsbereich, solange es nicht zum Beispiel zu typischen Einblutungen im Gewebe oder ähnlichem gekommen ist.
Die Tat hat offensichtlich zu mehreren Opfern geführt. Wie das leider meist der Fall ist.