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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 19:57
@Andante
Die prozessualen Richtlinien eines Zivilprozesses kenne ich, da erzählst Du mir nichts Neues. Es herrscht dort die sogenannte „abgestufte Darlegungs- und Beweislast“. Der Kläger muss einen Anspruch beweisen, der Beklagte kann jeweils dagegen halten.

Und hier waren natürlich Anwälte am Werk, welche die von Dir aufgezeigten Dinge natürlich geachtet hatten, ich denke, denen erzählst Du da nichts Neues.


Dein Beitrag zeigt deutlich, dass Du Dich mit dem Fall nie ausreichend auseinander gesetzt hast.


Dein Ansatz ist schon von Anfang an falsch. Der Kläger hat sich nicht auf das Boss-Gutachten bezogen. Er war – wie wir wissen – in keiner Weise von diesem überzeugt – und beantragte vor Gericht ein neues Gutachten.

Dem stimmte auch der Beklagte zu, es war also ein Konsens diesbzgl. der beiden Parteien vorhanden.

Das Gericht setzte sich über diese Anträge hinweg und holte das Gutachten des Strafprozesses hervor und wollte die Klage nur auf Grund dieses Gutachtens ohne jegliche Anhörung/Erläuterung der Gutachterin stattgeben.

Erst als beide Parteien gegen diese Vorgehensweise interveniert hatten, hatte das Gericht den Parteien aufgegeben, einen Fragenkatalog aufzustellen. Soweit ich weiß, hatte die Gutachterin ½ Jahr Zeit sich auf die mündlicher Verhandlung vorzubereiten, wo dann – wie im Zivilprozess üblich – ein Wortprotokoll der Aussagen der Gutachterin erstellt wurde.


Im Gegensatz zum ursprünglichen Gutachten musste die Gutachterin zugeben, dass man bei einer anderen Mikrofonaufstellung mit jedem beliebigen Stereogerät eine Abschwächung des höchsten Tones erreichen kann. Das war schon mal eine neue Tatsachenbehauptung der Gutachterin, die mit keinem Wort in dem ursprünglichen Gutachten aufgetaucht war.

Weiter führte die Gutachterin aus, dass sie bei der Suche nach Geräten zu allererst sich diese nach einem geschwächten 6 Tons untersucht hat und erst in den meisten Fällen dann erst bei Vorliegen dieser Abschwächung die Geräuschkulisse des Gerätes genauer untersucht hat.

Man sieht hier, dass sie bei ihren damaligen Untersuchungen nicht im Ansatz daran gedacht hat, dass bei einer anderen Mikrofonaufstellung als die von ihr präferierte die Abschwächung durchaus bei anderen Geräten hätte auftreten können. Sie wäre gehalten gewesen, die Geräuschkulisse bei jedem Gerät zu untersuchen, ob sie mit der aufgezeichneten Geräuschkulisse vergleichbar war.

Sie hat also über Jahre hinweg Geräte untersucht, ohne dabei den „akustischen Fingerabdruck“ der durch die Geräuschkulisse allenfalls gegeben wäre, zu beachten, weil sei die Abschwächung des höchsten Tones als zwingend notwendig ansah, obgleich er – wie sie selber zugab – durch eine andere Mikrofonaufstellung bedingt gewesen sein konnte.



Eigentlich hätte hier an diesem Punkt schon die Befragung beendet sein können, denn die Grundlage der Bewertung ihrer Wahrscheinlichkeitsabschätzung im Strafprozess war zusammen gebrochen. Damals hatte sie sich darauf berufen, dass sie eine hohe Anzahl von Geräten untersucht habe und bei keinem der untersuchten Geräte konnte sie die Merkmale finden. Ihr Vortrag hatte aber gezeigt, dass sie hauptsächlich das falsche Merkmal untersucht hatte, nur in seltenen Fällen die Geräuschkulisse, der ursprünglichen Wahrscheinlichkeitsbetrachtung fehlte nun jegliche Grundlage. Über eine Begründung, warum sie nach wie vor meint, trotz ihrer neuen Erkenntnis, dass es „wahrscheinlich“ sei, dass das TK248 des Beklagten verwendet worden sei, verlor sie kein Wort mehr.

Dann kam man bei der Befragung um den Punkt mit der Geräuschkulisse und @robernd sagte, dass man mit einem TK248 nicht diese Geräuschkulisse erzeugen kann. Diese Behauptung bestätigte die Gutachterin sogar, behauptete dann aber – ohne einen Nachweis für ihre Behauptung zu liefern – dass die Täter das wohl zusammen geschnitten hätten, das wäre einen „mögliche“ Erklärung.

Natürlich hatte sich die Beklagte dann mit dieser Behauptung ins Blaue auseinander gesetzt und hatte gesagt, dass mit den damaligen Mitteln eine solche Bearbeitung gar nicht möglich war und zeigte, wie kurz die Tonbandschnipsel gewesen wären, unmöglich zu handlen. Sie bot auch als Beweis ihrer Tatsachenbehauptung ein Gutachten an.

Du siehst, der von Dir als notwendig angesehene Weg wurde gegangen, trotzdem wurde das Beweismittel „Gutachten“ nicht erhoben, ohne hierfür im Urteil eine konkrete Begründung zu liefern.


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05.06.2019 um 20:56
@JosefK1914-2

Du hast recht, ich kenne das Zivilurteil nicht. Wenn aber ein Kläger kommt und sich selbst ins Knie schießt, indem er sagt, ein für den Beklagten ungünstiges und für den Kläger und den von ihm geltend gemachten Anspruch günstiges Gutachten stimme nicht, hätte ich mir als Zivilrichter glatt überlegt, die Klage ohne weitere Fisimatenten abzuweisen. Denn der Kläger widerspricht sich ja mit seinem Vortrag selbst, er haut sich die Grundlagen seiner Klage weg. Was soll das?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 21:20
PS: Da der Kläger, hier der Bruder des Opfers, aber (offenbar zu seiner eigenen Überraschung) teilweise die Zivilklage gegen den rechtskräftig verurteilten Mörder des Opfers gewonnen hat, muss es im Zivilprozess doch noch irgendwie anders gewesen sein. Dazu müsste man jetzt die Schriftsätze der Parteien des Zivilprozesses kennen.


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05.06.2019 um 21:21
Zitat von AndanteAndante schrieb:Du hast recht, ich kenne das Zivilurteil nicht. Wenn aber ein Kläger kommt und sich selbst ins Knie schießt, indem er sagt, ein für den Beklagten ungünstiges und für den Kläger und den von ihm geltend gemachten Anspruch günstiges Gutachten stimme nicht, hätte ich mir als Zivilrichter glatt überlegt, die Klage ohne weitere Fisimatenten abzuweisen. Denn der Kläger widerspricht sich ja mit seinem Vortrag selbst, er haut sich die Grundlagen seiner Klage weg. Was soll das?
Ich frage mich ja schon lange, weshalb diejenigen, die glauben, dass Mazurek unschuldig ist, nicht mal schauen, dass ein Wiederaufnahmegesuch eingereicht wird.
Ab und zu mag das ja Erfolg haben, dass man über einen Zivilprozess neue Munition bekommt (siehe Harry Wörz), aber das ist eben längst nicht immer mit einem Erfolg verbunden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 21:23
Zitat von meienbergmeienberg schrieb:Ab und zu mag das ja Erfolg haben, dass man über einen Zivilprozess neue Munition bekommt (siehe Harry Wörz), aber das ist eben längst nicht immer mit einem Erfolg verbunden.
Und man kann davon ausgehen, dass Zivilrichtern in derartigen Fällen nicht verborgen bleibt, wozu sie benutzt werden sollen. Im Rahmen der bestehenden Gesetze, auch davon kann man ausgehen, agieren sie.


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05.06.2019 um 21:54
@Andante
Es gibt eben Menschen auf der Welt, die sich nicht mit irgendeiner rechtlichen Wahrheit abspeisen lassen wollen, und sich eben nicht sagen wollen, was Gerichte entscheiden, wird schon die Wahrheit entsprechen. Nein es gibt Menschen die sich überzeugen lassen wollen und sicher stellen wollen, dass sich ihre eigenen Kenntnisse (hier die akustischen Kenntnisse auf Grund der langen Musiker-Tätigkeit) mit der Entscheidung des Gerichts in Einklang sind. Wie wir wissen, hat hier das Strafurteil den Bruder des Opfers nicht überzeugt.

Das Ziel des Zivilverfahrens war wohl, hier ein stimmiges Gutachten zu erhalten, was wirklich mit den Kenntnissen des Bruders vereinbar gewesen wäre.
Das Zivilverfahren in der 1. Instanz hat diese Erwartung nicht erfüllt, eher im Gegenteil, die schweren Fehler der Gutachterin wurden ihm deutlich vor Augen geführt (siehe meine bisherigen Beiträge).

Sicherlich zur wirklichen Beurteilung müsste man die Schriftsätze und das Urteil und natürlich auch das Wortprotokoll kennen. Die wesentlichen liegen mir auch vor (aus welchem Grund auch immer, das ist Privatsache).

Wie gesagt, ich habe Dir hier die wesentlichen Teile dargestellt und begründet, warum hier dem Beklagten aus meiner Sicht nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde und der Bruder des Opfers nicht von der Richtigkeit des Gutachtens überzeugt werden konnte. Ich denke, damit musst Du Dich hier einfach zufrieden geben, und solltest dem Bruder des Opfers nicht weiter Vorurteile vorwerfen, wenn Du selber – wie Du es nun zugegeben hast - es gar nicht beurteilen kannst, Du müsstest dazu eben die Schriftsätze/Wortprotokoll und Urteil kennen.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und man kann davon ausgehen, dass Zivilrichtern in derartigen Fällen nicht verborgen bleibt, wozu sie benutzt werden sollen. Im Rahmen der bestehenden Gesetze, auch davon kann man ausgehen, agieren sie.
Schon schlimm, was Du hier dem Bruder des Opfers unterstellst. Es gibt eben einfach Menschen, die sind nicht Obrigkeitshörig und wollen von Gerichten überzeugt werden und nicht nur an die Richtigkeit des Urteils glauben müssen. Eigentlich sollte man diesen Menschen eine hohe Achtung entgegen bringen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 22:12
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Schon schlimm, was Du hier dem Bruder des Opfers unterstellst. Es gibt eben einfach Menschen, die sind nicht Obrigkeitshörig und wollen von Gerichten überzeugt werden und nicht nur an die Richtigkeit des Urteils glauben müssen. Eigentlich sollte man diesen Menschen eine hohe Achtung entgegen bringen.
Ich habe bei Dir eher den Eindruck, dass Du ab und an nicht mit anderen Meinungen umgehen kannst und dann quasi Gegensätze konstruierst (hier die Guten und da die Bösen), also mehr oder weniger moralisierst, was m.E. nicht gerade einer konstruktiven Diskussion zuträglich ist.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 22:25
Zitat von meienbergmeienberg schrieb:ch frage mich ja schon lange, weshalb diejenigen, die glauben, dass Mazurek unschuldig ist, nicht mal schauen, dass ein Wiederaufnahmegesuch eingereicht wird.
Du solltest Dich mal mit den möglichen Wiederaufnahmegründe befassen. es gibt aus jetziger Sicht keine, die einen Wiederaufnahme ermöglichen würden.

Du hast hier bisher nur behauptet
Zitat von meienbergmeienberg schrieb:Da irrst Du Dich! Bitte erkundige Dich! ;-)
Ich denke, ein Minimum an Beschäftigung mit den Gründen bzgl. der Wiederaufnahme wäre dazu notwendig. Neue Tatsachen gibt es aktuell nicht und damit ist einen Wiederaufnahme zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich.

Auch ein Gegengutachten wäre dann nur möglich, wenn der neue Gutachter andere überragende Möglichkeiten zur Verfügung hätte als die Gutachterin, das ist aktuell nicht in Sicht.
Zitat von meienbergmeienberg schrieb:Ich habe bei Dir eher den Eindruck, dass Du ab und an nicht mit anderen Meinungen umgehen kannst und dann quasi Gegensätze konstruierst
Ich denke, ich habe hier bisher sachlich diskutiert und habe auch die wesentlichen Punkte der Argumentation der Gutachterin herausgearbeitet. Bisher habe ich dazu von Deiner Seite keinerlei Erwiderungen gesehen. Du hast also schon im Ansatz nicht versucht, irgend einen andere Meinung darzulegen.

Deine Behauptung, dass angeblich zum jetzigen Zeitpunkt einen Wiederaufnahme möglich sein soll, sollte schon etwas mehr Substanz haben. Eine Begründung Deiner Sichtweise wäre das mindeste.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 22:38
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Du solltest Dich mal mit den möglichen Wiederaufnahmegründe befassen. es gibt aus jetziger Sicht keine, die einen Wiederaufnahme ermöglichen würden.

Du hast hier bisher nur behauptet
Weshalb weisst Du, dass ich mich damit befassen sollte und dies nicht bereits längst getan habe?
Wenn es aus Deiner Sicht keine Gründe gibt, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen, dann frage ich mich, was der Sinn des Zivilprozesses ist.

Ein Wiederaufnahmegesuch kann man auch machen, wenn die Chancen klein oder überhaupt nicht vorhanden sind. :-)
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Ich denke, ein Minimum an Beschäftigung mit den Gründen bzgl. der Wiederaufnahme wäre dazu notwendig. Neue Tatsachen gibt es aktuell nicht und damit ist einen Wiederaufnahme zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich.
Woher weisst Du, dass ich mich nicht mal mit einem Minimum mit den Gründen einer Wiederaufnahme beschäftigt habe? Wenn es keine neuen Tatsachen und Beweismittel gibt, weshalb wird dann ein Zivilprozess geführt, ohne neue Beweismittel und Tatsachen?
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Auch ein Gegengutachten wäre dann nur möglich, wenn der neue Gutachter andere überragende Möglichkeiten zur Verfügung hätte als die Gutachterin, das ist aktuell nicht in Sicht.
Und warum sollte ein neuer Gutachtern nicht über überlegene Sachkunde oder überlegene Forschungsmittel verfügen?
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Ich denke, ich habe hier bisher sachlich diskutiert und habe auch die wesentlichen Punkte der Argumentation der Gutachterin herausgearbeitet. Bisher habe ich dazu von Deiner Seite keinerlei Erwiderungen gesehen. Du hast also schon im Ansatz nicht versucht, irgend einen andere Meinung darzulegen.

Deine Behauptung, dass angeblich zum jetzigen Zeitpunkt einen Wiederaufnahme möglich sein soll, sollte schon etwas mehr Substanz haben. Eine Begründung Deiner Sichtweise wäre das mindeste.
M.E. diskutierst Du nicht sachlich, weil Deine oben gemachten Ausführungen arbeiten m.E. auch mit – zumindest – impliziten Unterstellungen und im weitesten Sinne ad hominem, mit Polemik und "Rabulistik". Und falls Du es nicht selbst siehst, gebe ich gerne Nachhilfe. :-)


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 22:47
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und man kann davon ausgehen, dass Zivilrichtern in derartigen Fällen nicht verborgen bleibt, wozu sie benutzt werden sollen. Im Rahmen der bestehenden Gesetze, auch davon kann man ausgehen, agieren sie.
Ich will hier mal noch genauer darauf zurück kommen.

Nehmen wir mal an, ein Zivilprozess soll geführt werden, um einen Grund zur Wiederaufnahme zu erreichen.

Was meinst Du jetzt mit Deiner Behauptung. Angenommen, ein Zivilgericht hat erkannt, dass ein Gutachten, das wesentlich bfür die strafrechtliche Verurteilung war, nicht mehr haltbar ist, wie würde sich das Gericht Deiner Ansicht dann verhalten, wenn es der Ansicht ist, dass es quasi "missbraucht" werden soll, eine Wiederaufnahme zu erreichen?

Ich denke, das wäre schon sehr interessant, was Du dazu meinst.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 23:06
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Sicherlich zur wirklichen Beurteilung müsste man die Schriftsätze und das Urteil und natürlich auch das Wortprotokoll kennen. Die wesentlichen liegen mir auch vor (aus welchem Grund auch immer, das ist Privatsache).
Dann bist du in einer glücklicheren Lage als ich. Ich traue mir durchaus zu, die Schriftsätze und das Urteil - als Primärquellen - verstehen und würdigen zu können. Da ich derlei aber nun mal nicht habe, muss ich auf weitere qualifizierte Beiträge zu diesem Thema verzichten. Die Sekundärquellen (Zeitungsberichte, Meinungsäußerungen irgendwelcher Seiten etc.) sind mir mir zu dubios.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

05.06.2019 um 23:20
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Angenommen, ein Zivilgericht hat erkannt, dass ein Gutachten, das wesentlich bfür die strafrechtliche Verurteilung war, nicht mehr haltbar ist, wie würde sich das Gericht Deiner Ansicht dann verhalten, wenn es der Ansicht ist, dass es quasi "missbraucht" werden soll, eine Wiederaufnahme zu erreichen?

Ich denke, das wäre schon sehr interessant, was Du dazu meinst.
Das wiederum ist etwas, wozu ich allgemein meine Vermutung beisteuern kann. Angenommen, ein Zivilgericht merkt gleich bei Einreichung einer Klage, welche Taktik mit der Klage vermutlich verfolgt wird (siehe der Fall Charlotte Böhringer, wo der Familie das per Strafurteil vom Mörder eingezogene Erbe erhalten bleiben und gleichzeitig am Rande Munition für ein WAV erstrebt werden sollte), überlegt sich das Gericht, welche prozessualen Möglichkeiten nach der für es geltenden Prozessordnung es hat. Es begreift sich völlig richtig nicht als bloße Vorprüfungsstelle für ein WAV oder anderes und ist entschlossen, sich dafür auch nicht instrumentalisieren zu lassen. Die Prozessordnung bietet da schon einige Möglichkeiten.

Letzten Endes hängt natürlich vieles vom Vortrag der Parteien, den Anträgen oder dem Geschick oder Ungeschick der Anwälte der Parteien ab.


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06.06.2019 um 00:12
@Andante
Leider bist Du nicht wirklich auf meinen fiktiven Fall eingegangen. Was passiert, wenn im Rahmen eines Zivilprozess das Gericht erkennt, dass sich ein Gutachten rechtlich nicht mehr haltbar ist.

Waage angaben, dass die Prozessordnung da Möglichkeiten bieten würde, helfen da nicht weiter, ich habe hier ein ganz konkretes Beispiel aufgestellt, wo Du schon im Ansatz nicht darauf eingegangen bist.

Konkretisieren wir es mal weiter, dass Gericht soll erkannt haben, dass ein Gutachter sich nicht ausreichend von der Null-Hypothese ausgegangen war und somit das Gutachten nicht den BGH-Mindestanforderungen entspricht und so rechtlich nicht mehr haltbar wäre. Meinst Du dann, dass das Bericht dann berechtigt wäre, "linke Tricks" anzuwenden, um so bei dem Gutachten weiter gegen seine eigene Überzeugung von einem rechtlich einwandfreien zu sprechen? Wäre das Gericht berechtigt zu Lügen?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.06.2019 um 01:12
@JosefK1914-2

Nein, ich habe nur gesagt, dass das Zivilgericht keinen Amtsermittlungsgrundsatz hat. Weshalb das Zivilgericht gar nicht selbst in Auftrag gegebene Gutachten aus anderen Prozessen, auf die sich eine oder beide Parteienbeziehen, und die nicht offensichtlich in sich widersprüchlich sind und nicht nicht offensichtlich gegen Natur- und/oder Denkgesetze verstoßen, nicht von Amts wegen auf Richtigkeit prüfen muss (da bloßer Parteivortrag), solange nicht eine Prozesspartei substantiierte Einwendungen gegen einige oder alle Feststellungen dieses gar nicht vom Prozessgericht selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens erhebt.

Erhebt eine Partei solche substantiierten Einwendungen (notfalls mittels eigenen neuen Privatgutachtens), muss sich das Gericht natürlich mit diesen Einwendungen auseinandersetzen, wie es ganz richtig der BGH sagt.

Wegen des fehlenden Amtsermittlungsgrundsatzes in Zivil- und in den meisten Arbeitsrechtssachen sind Anwälte halt in solchen Verfahren besonders gefordert. Wo das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln muss, also in Straf- sowie in Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtssachen, ist das etwas anders.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.06.2019 um 01:26
@Andante
Schade und schon wieder nichts konkretes bzgl. Deiner weiter oben getroffenen Behauptung, dass ein Zivilgericht anders reagieren soll, wenn es sich instrumentalisiert fühlt.

So erwarte ich schon ein konkretes Beispiel, wie der identische Fall aussehen würde, wenn dass Zivilgericht sich nicht instrumentalisiert fühlt und für den Fall, wenn es meint instrumentalisiert zu werden.

Ich denke, mit einem fiktiven Fall (den Du selber wählen kannst) solltest Du die Unterschiede aufzeigen können.

Du solltest dabei auch an den Gleichheitsgrundsatz Artikel 3 I GG denken, eigentlich verbietet der den von Dir behaupteten Unterschied.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.06.2019 um 01:40
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Deiner weiter oben getroffenen Behauptung, dass ein Zivilgericht anders reagieren soll, wenn es sich instrumentalisiert fühlt.
Dass ein Gericht die Nachtigall trapsen hört, hat ja nichts damit zu tun, dass es sich nicht rechtstreu verhalten sollte und könnte.

Wie gesagt kenne ich die Schriftsätze und das Urteil im Zivilprozess hier nicht. Aber die Ausgangslage ist doch schon wie bereits gesagt ausgesprochen seltsam, so weit ich dass ohne jegliche Lektüre der Prozessunterlagen verstanden habe:

Da kommt ein Kläger (hier der Bruder des Opfers) und will Schmerzensgeld vom Beklagten, dem im Strafverfahren rechtskräftig verurteilten Mörder des Opfers. Zur Begründung führt der Kläger im Zivilprozess aus,er sei eigentlich gar nicht davon überzeugt, dass der Beklagte der Mörder des Opfers sei, da sei damals im Strafprozess was schiefgelaufen.

Ja wenn ich als Richter im Zivilprozess so etwas von einem Kläger hören würde, würde ich dem Kläger doch raten, zu überlegen, ob er besser aus Kostengründen, bevor es noch teurer wird, die Klage auf Schmerzensgeld zurücknehmen soll. Denn wenn der Kläger im Zivilprozess selber sagt, dass es der Beklagte ja gar nicht war, der ihm - dem Kläger - Schmerzen durch die Ermordung der Schwester zugefügt hat, ist die Klage nach dem fürs Zivilgericht maßgebenden eigenen Vortrag des Klägers unbegründet und abweisungsreif, finito.

Aber wahrscheinlich bin ich nur zu dumm, in diesem Fall den Sinn des Ganzen zu verstehen....Oder es liegt an meiner fehlenden Kenntnis der Akten bzw. dessen, was in diesem Prozess wirklich los war.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.06.2019 um 07:24
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ja wenn ich als Richter im Zivilprozess so etwas von einem Kläger hören würde, würde ich dem Kläger doch raten, zu überlegen, ob er besser aus Kostengründen, bevor es noch teurer wird, die Klage auf Schmerzensgeld zurücknehmen soll. Denn wenn der Kläger im Zivilprozess selber sagt, dass es der Beklagte ja gar nicht war, der ihm - dem Kläger - Schmerzen durch die Ermordung der Schwester zugefügt hat, ist die Klage nach dem fürs Zivilgericht maßgebenden eigenen Vortrag des Klägers unbegründet und abweisungsreif, finito.
Ich denke, das sollte ich geradebiegen:
Ich habe mich 2012 zu dem Zivilprozess entschieden, weil ich zu einen gewissen Prozentsatz davon ausging, dass Mazurek der Kopf einer Konspiration ist, die für den Tod meiner Schwester verantwortlich ist. Immerhin gab es ein Strafurteil, das ihn als tatbeteiligt auswies. Wie hoch dieser Prozentsatz war, ist schwer zu taxieren. Aber ich war keinesfalls von seiner Unschuld überzeugt. Das wäre ja wirklich irre, wenn ich in dieser Haltung Schmerzensgeld gewollt hätte.
Das Gericht hat aber dann einige ungewöhnliche Dinge gemacht, die in einem Zivilverfahren nicht üblich sind und damit das Verfahren auffallend in die Länge gezogen. Im Lauf dieser Jahre (2013 - 2018) habe ich mich allmählich wieder mit den Akten beschäftigt, besonders intensiv ab 2018 und dabei festgestellt, dass Mazurek gar nicht Kopf einer Konspiration sein kann, weil ihm die Mittäter fehlen und kam Mitte 2018 zu dem Schluss, dass er unschuldig ist. Bestätigt wurde diese Erkenntnis durch den Auftritt der Phonetik-Gutachterin. Durch ihre Aussagen wurde klar (auch wenn sie das Gegenteil sagen wollte), dass die Verwendung des TK 248 äußerst unwahrscheinlich ist.
Ich bin jetzt also tatsächlich von der Unschuld überzeugt. Auslösend dafür war die Prozessführung der Zivilkammer, die Phonetik-Gutachterin und Erkenntnisse aus den Akten.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.06.2019 um 07:34
Zitat von AndanteAndante schrieb:Aber wahrscheinlich bin ich nur zu dumm, in diesem Fall den Sinn des Ganzen zu verstehen....Oder es liegt an meiner fehlenden Kenntnis der Akten bzw. dessen, was in diesem Prozess wirklich los war.
Nein, das denke ich nicht. Du hast hier schon genug aus dem Nähkästchen geplaudert. Du hast hier klar und deutlich vorgetragen, dass das Gericht Unterschiede machen soll, wenn es sich instrumentalisiert fühlt.

Der Gesetzgeber hat aber durch den Gleichheitsgrundsatz eigentlich dieser Sache versucht ein Riegel vorzuschieben. Gleiches soll gleich behandelt werden. Zu Deinen Andeutungen, welche - solltest Du vom wirklich vom Fach sein - vielleicht wirklich die Praxis zeigt, fällt mir nur noch der sinnhaft angewendete Spruch von Orwell ein, "Alle Menschen sind vor Gericht gleich, manche sind gleicher".

In der Praxis kann man natürlich nicht nachweisen, ob solche (bewussten) Verfassungsverstöße vorliegen, denn man kann nicht belegen, ob Dummheit oder ein Nichteinhalten des Gleichheitsgrundsatzes auf Grund solcher Dinge, welche Du selber hier behauptet hast, die aber nicht Verfassungskonform wären, von Seiten des Gerichts vorliegt.

Danke für Deine vermutlich unbedachte "Erläuterung".


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06.06.2019 um 08:59
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Du hast hier klar und deutlich vorgetragen, dass das Gericht Unterschiede machen soll, wenn es sich instrumentalisiert fühlt.
Nein, das habe ich selbstverständlich nicht gesagt, und du wirst mir derlei bitte auch nicht in den Mund legen.

Ich habe gesagt, dass ein Gericht merken kann, welche taktischen Überlegungen hinter einer Klage oder auch hinter einer Widerklage oder hinter Verteidigungsvorbringen des Beklagten stecken können. Ich habe nicht gesagt, dass das Gericht, wenn es derlei merkt, eine solche Klage, Widerklage oder Verteidigungsvorbringen anders behandeln soll als andere Klagen, Widerklagen oder Verteidigungsvorbringen. Das darf ein Gericht natürlich nicht, es hat auf jeden der von ihm zu entscheidenden Fälle die einschlägigen Gesetze anzuwenden, und diese Gesetze gelten für alle gleichermaßen.

Es gibt allerdings Hinweispflichten eines Gerichts nach § 139 ZPO, und im Rahmen solcher auf den jeweiligen Fall zugeschnittenen Hinweise (im Rahmen dessen, was ein Gericht darf, ohne sich dem Vorwurf der Befangenheit auszusetzen) kann der eigentliche Anlass bzw. die Motivation für eine Klage, Widerklage oder Verteidigungsvorbringen eine Rolle spielen und sollte dann nach Möglichkeit auch thematisiert werden. Das gilt um so mehr, als gegebenenfalls das Gericht nach der ZPO nun einmal Versuche machen muss, die Parteien zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits, also zu einem Vergleich, zu bewegen, und da tritt ein Erfolg eher ein, wenn die wahre Motivation der Parteien für ihr prozessuales Verhalten bekannt ist und auch erörtert werden kann. DARUM geht es. Solche Hinweise sollen und müssen für die Parteien nicht nachteilig sein, im Gegenteil. Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung des § 139 ZPO schließlich etwas gedacht.

@2r2n

Danke für deine Ausführungen, die die Lage klarer machen. Es war also zu Beginn so, dass du überzeugt warst, dass die Klage gegen Mazurek begründet sein müsse und Erfolg haben werde. Das ergibt natürlich auch Sinn, so ist es aus Sicht eines Klägers ja auch normal und zu erwarten. Später hat sich dann deine Überzeugung immer mehr dahin geändert, dass Mazurek für den Tod deiner Schwester nicht verantwortlich ist. Das heißt, du hast dann - als Kläger - die Sicht des Beklagten übernommen. Für deine Klage heißt das logischerweise doch eigentlich, dass du sie ab dem Moment hättest zurücknehmen müssen, ab welchem du den Standpunkt des Beklagten eingenommen hast.

Ich weiß jetzt nicht, welche ungewöhnlichen Dinge das Gericht gemacht hat. Möglicherweise hat es auf ein ungewöhnliches, vielleicht auch nach den Regeln der ZPO unzulässiges prozessuales Verhalten bzw. ebensolche Anträge der Prozessparteien reagiert. Da ich aber wie gesagt keine Aktenkenntnis habe, halte ich mich da lieber raus.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.06.2019 um 09:23
Du hast das behauptet:
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das wiederum ist etwas, wozu ich allgemein meine Vermutung beisteuern kann. Angenommen, ein Zivilgericht merkt gleich bei Einreichung einer Klage, welche Taktik mit der Klage vermutlich verfolgt wird (siehe der Fall Charlotte Böhringer, wo der Familie das per Strafurteil vom Mörder eingezogene Erbe erhalten bleiben und gleichzeitig am Rande Munition für ein WAV erstrebt werden sollte), überlegt sich das Gericht, welche prozessualen Möglichkeiten nach der für es geltenden Prozessordnung es hat. Es begreift sich völlig richtig nicht als bloße Vorprüfungsstelle für ein WAV oder anderes und ist entschlossen, sich dafür auch nicht instrumentalisieren zu lassen. Die Prozessordnung bietet da schon einige Möglichkeiten.
Hier wird deutlich, dass das Gericht - im Falle der Vermutung einer Instrumentalisierung - den Fall anders behandelt. Es mag "vielleicht" NOCH seine prozessualen Möglichkeiten ausnutzen, aber Dir sollte klar sein, dass ohne der Vermutung der Instrumentalisierung das Gericht anders gehandelt hätte. So, nach DEINER eigene Vermutung, sprich, wenn es meint instrumentalisiert zu werden, wird das Gericht mehr Stolpersteine in den Weg legen. Das mag rein vom Prinzip NOCH mit der Prozessordnung vereinbar sein.

Aber es wäre nicht mit höherrangigem Recht vereinbar, dass dem in Grundgesetz verankerte Gleichheitsprinzip, Gleiches ist gleich zu behandeln, egal welcher wirkliche Hintergrund das Gericht annimmt. Die Prozessordnung ist diesem Recht immer untergeordnet.


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