panta_rhei schrieb:Entschuldige bitte, wenn ich Fragen stelle, die schon 100x diskutiert wurden, aber meinst du bei dem o.g. Zitat, dass die Obertöne bei dem YouTube-Jingle stärker ausgeprägt sind als die tatsächliche Tätertonfolge oder als die BR-Vorlage des Gutachtens?
Um deine Frage kurz zu beantworten: Der Youtube-Jingle passt nicht in die Familie, der ab 1979 gesendeten Jingles. Er enthält lautere Obertöne als die Tätertonfolge und als die BR-Tonträgervorlage.
Ich versuche es noch ein letztes Mal, die Zusammenhänge plausibel zu machen. Und zwar mit erheblichem Arbeitsaufwand. Ich hoffe, dass ich damit nicht nur ein Schulterzucken und den Wunsch nach einer ganz, ganz einfachen Darstellung hervorrufe.
Es folgt die Gegenüberstellung der Frequenzspektren von vier verschiedenen B3-Jingles. Frequenzspektrum bedeutet, dass die Lautstärke aller im Klanggemisch vorkommenden Töne über deren Tonhöhen/Frequenzen aufgetragen sind. In den konkreten Fällen habe ich von jedem Jingle den 4. Ton ausgewählt. Zu jedem Jingle gibt es zwei Bilder nebeneinander, die sich im Wesentlichen im dargestellten Frequenzbereich unterscheiden.
Das linke Bild umfasst jeweils den Bereich von 0,1 kHz (100 Hz) bis 20 kHz. Das rechte Bild den für uns interessanteren Bereich von 0,1 kHz bis 5 kHz (Skala jeweils am unteren Bildrand). Außerdem gehört das linke Bild zum linken Stereokanal und das rechte Bild zum rechten Kanal. Das ist von untergeordneter Bedeutung und vereinfacht mir die Bearbeitung. Daraus erklären sich geringfügige unterschiede der Kurvenverläufe (Beim Vergleich des linken Bildes bis 5 kHz mit dem vollständigen rechten Bild).
Die linke Skala zeigt uns die Lautstärke eines Tons in dB. Jedes Kästchen stellt in der Höhe 5 dB dar. Das ist eine in der Audiotechnik übliche logarithmische Skala, die Lautstärkenverhältnisse angibt. 6 dB entsprechen einem jeweils verdoppelten Signal, 20 dB (also 4 Kästchen) entsprechen einem Verhältnis von 10:1.
Original anzeigen (0,3 MB)Jede in den Bildern erkennbare Spitze repräsentiert einen einzelnen Ton. Die linke Spitze ist der Grundton, die Spitzen weiter rechts entsprechen den Obertönen. Dabei ist es nicht wichtig, wie hoch eine Spitze ist. Wichtig ist allein der Unterschied zu den anderen im gleichen Bild. Unterhalb der Spitzen gibt es einen ausgefransten mehr oder weniger durchgehenden Bereich, der sich im Wesentlichen durch Rauschen in der Tonübertragung ergibt.
Als Idealvorlage bezeichne ich einen Jingle, der aus meiner Sicht für einen Vergleich am günstigsten ist und definitiv gesendet wurde. Das ist an der Spitze bei 19 kHz im obersten linken Bild erkennbar (Stereo-Pilotton).
Das zweite Bilderreihe zeigt die Tätertonfolge. Hier fehlen die hohen Töne, weil sie nicht durch das Telefon übertragen werden.
Das dritte Bild ist die im Gutachten benutzte BR-Tonträgervorlage.
Die untersten beiden Bilder stellen den von
@panta_rhei gelieferten Youtube Jingle dar (mir seit Anfang 2017 bekannt).
Bei der Idealvorlage und der Tätertonfolge ist die Abnahme von einer Spitze zur nächsten ungefähr gleich. Die Obertonstruktur ist damit sehr ähnlich. Allerdings sitzen die Spitzen in der Tätertonfolge weiter links. Alle Töne sind also tiefer. Hätte der Täter die Idealvorlage, müsste er auf jeden Fall die Tonhöhe verändern.
Bei der von der Gutachterin verwendeten BR-Tonträgervorlage fehlt jeder zweite Oberton. Damit wäre es zwingend, diese Vorlage von vornherein auszuschließen. Die Annahme, die fehlenden Obertöne werden sich während der Übertragung schon irgendwie ergeben, oder die Hoffnung, das merkt niemand, reichen wirklich nicht aus. Und die Aussage vor Gericht, dass überhaupt keine Obertöne da seien (dann gäbe es immer nur die linke Spitze) ist eine Disqualifikation der eigenen Sachkenntnis.
Beim Youtube-Jingle unterscheiden sich die Höhen der Spitzen aller Obertöne nur wenig. Das meine ich mit stärker ausgeprägten Obertönen. Die Obertöne sind damit drastisch lauter als in den anderen Versionen. Die Aufnahme klingt als deutlich schriller, spitzer oder heller (je nach Geschmack). Weil seine Tonhöhen der Tätertonfolge sehr ähnlicher sind (die Spitzen liegen ungefähr an den gleichen Positionen), mag manch einer sie als ähnlichste Vorlage empfinden.
Die Idealvorlage und die BR-Tonträgervorlage unterscheiden sie sich deutlich in der Tonhöhe. Die Spitzen der Tonträgervorlage liegen weiter links (die Töne sind tiefer). Diese Feststellung ist ein Hammer!
Nach Aussagen der Mitarbeiter des BR (und wiederholt von der Gutachterin) wurde während dieses Zeitraums angeblich nur eine Version gesendet. Und das sei die BR-Tonträgervorlage. Diese Aussage ist also falsch. Entweder wurden unterschiedliche Versionen gesendet oder aber die vom LKA verwendete Vorlage wurde überhaupt nicht gesendet. Der markante Pilotton bei genau 19 kHz beweist, dass die Idealvorlage tatsächlich gesendet wurde und keine Tonhöhenveränderung durch irgendwelche Manipulationen erfolgt ist. Der Pilotton kommt erst durch die Sendetechnik hinzu und hat die Aufgabe, den Stereodecoder in FM/UKW- Rundfunkgeräten zu synchronisieren.
Auffallend ist die Ähnlichkeit der Tonhöhen der Youtube-Version mit der Tätertonfolge. Das heißt, der BR hat irgendwann auch Verkehrsfunk-Jingles gesendet, dessen Tonhöhen der Tätertonfolge entsprechen. Deshalb habe ich immer angenommen, dass es auch von der neueren Familie (ab 1979) Versionen gab, deren Tonhöhen mit der Tätertonfolge übereinstimmen. Das vermute ich auch jetzt noch, nur kann ich es nicht beweisen. Wenn das tatsächlich der Fall wäre, wäre ziemlich sicher, dass die Täter eine solche Vorlage verwendet haben.
Mit einer solchen Vorlage als Ursprung ging das gesamte Gutachten in die Hose, weil die ausgeklügelte Vorgehensweise im LKA nicht für die Tonhöhen der Tätertonfolge funktioniert. Das lässt sich nicht theoretisch herleiten, sondern nur mit einem entsprechend eingerichteten TK 248 belegen. Die LKA-Vorgehensweise wurde zunächst auf die höheren Töne der BR-Tonträgervorlage angewandt und erst danach die Tonhöhenveränderung angenommen. Die theoretisch angenommene Tonhöhenveränderung wurde von der Gutachterin niemals in die Praxis umgesetzt. Angeblich, weil die dafür nötigen Geräte im Bestand des LKA nicht vorhanden waren.