2r2n schrieb:Die Details zum Kopierecho und zur Geschwindigkeit kann @robernd am besten (nochmals) erläutern.
AllgemeinMir fällt keine Möglichkeit ein, mit der ich um 1980 herum den Entführer-Anruf hätte zusammenbasteln können. Mit einem automatischen Kassettendeck wäre es wahrscheinlich gegangen. So etwas hatte ich aber nicht. Außerdem ist mir unverständlich, warum die Geschwindigkeit des B3-Jingles verändert ist. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass dafür entsprechend der Gutachterin die produzierte Kassette in ein drittes Gerät gesetzt wurde. Diesen Weg kann ich aber gedanklich nicht nachvollziehen. Die Gutachterin konnte ihre gesamte Theorie nicht praktisch bestätigen. Ihr ist weder ein vergleichbarer Zusammenschnitt gelungen noch eine passende Geschwindigkeitsveränderung.
Tonhöhe/GeschwindigkeitDeshalb bleibt für mich nur die Überlegung, dass die Täter speziell die Geschwindigkeits-/Tonhöhenänderung bewusst und absichtlich ausgeführt haben. Gutachter um die Tatzeit herum dachten auch an eine falsche Geschwindigkeit durch schwache Batterien. Das schließe ich aus. Wenn Batterien so weit entladen sind, dass es einen Einfluss auf die Bandgeschwindigkeit hat, nimmt die Batteriespannung so schnell ab, dass sich auch die Tonhöhe von einem zum nächsten Abspielvorgang verändert. Das war aber nicht der Fall.
RekonstruktionIch bin zwar kein Profi auf dem Gebiet. Trotzdem denke ich darüber nach, auf welche Weise sich eine in der Tonhöhe veränderte Stimme rekonstruieren ließe. Alle mir bekannten Wege setzen auf bekannte Nebengeräusche in der Aufzeichnung, z.B. eine im Hintergrund summende Klimaanlage. Ich habe keinen Zweifel daran, dass ein(e) Phonetiker(in) problemlos bei einem Stimmenvergleich veränderte Stimmen bekannten Stimmen zuordnen kann. Allerdings fehlt hier die Vergleichsstimme.
Falls Entführer-Stimme und B3-Jingle auf die gleiche Weise in der Tonhöhe verändert wären, wäre der Jingle ein Nebengeräusch, das eine eindeutige Rekonstruktion der Stimme erlaubt. Für so naiv halte ich die Täter aber nicht. Deshalb würde ich erwarten, dass die Tonhöhe der Stimme anders verändert werden sollte als die Tonhöhe des B3-Jingles. Damit würde eine Rekonstruktion ins Leere laufen.
Weitere StimmenveränderungenIch kenne nur eine bemerkenswerte Veränderung der natürlichen Stimme nach Inhalation von Helium (Mickymaus-Stimme). Die ergibt sich, durch die gegenüber Luft drastisch veränderte Schalgeschwindigkeit in Helium (Faktor 2,8 höher). Mit Lachgas habe ich keine Erfahrung, theoretisch sollte die Tonhöhe um 20 % tiefer sein. Wie gut das zur Verfremdung geeignet wäre, kann ich nicht beurteilen.
Eine elektronische Verzerrung der Stimme wäre auch möglich. Dafür gibt es viele Möglichkeiten. Wie weit diese für einen Normalbürger zugänglich sind, kann ich nicht beurteilen. Meiner Meinung nach sollten die aber immer auch mit einer Tonhöhenveränderung gekoppelt sein.
KopierechoSogenannte Kopierechos gibt es allein bei analogen Tonbandaufzeichnungen. Die Aufzeichnung erfolgt durch die Magnetisierung des Bandes. Die vorhandene Magnetisierung kann sich von einer Windung eines aufgewickelten Bandes auf eine benachbarte übertragen. Je dünner ein Band ist, desto besser funktioniert dieser Effekt. Und je höher die Bandgeschwindigkeit ist, desto besser funktioniert der Effekt. Dabei gibt es Vorechos und Nachechos durch die Kopie auf die vorhergehende oder nachfolgende Windung innerhalb eines Bandwickels.
Im Gutachten wurde das an einer Stelle angesprochen, allerdings passte der Zeitabstand nicht zu einer Tonbandspule. Hier vermutete ich eine Falschinformation im Gutachten, die sich aber kaum auf dessen Aussage ausgewirkt hätte. Ursprünglich hatte angenommen, dass ein Kopierecho erst während eines langen Zeitraums entsteht, z.B. bei einem lange im Archiv liegenden Bandes. Das war aber falsch. Im konkreten Fall stammen die Kopierechos (es gibt mehrere) offenbar von Tonbandkassetten der Täter.
Auffallend ist, dass die Echos mit Ende des zweiten B3-Jingles schlagartig enden. Daraus lässt sich schließen, dass das Wiedergabegerät sofort danach abgeschaltet wurde. Weil damit kein erkennbares Schaltgeräusch verbunden ist, können wir annehmen, dass in der Telefonzelle keine Schaltgeräusche entstanden sind. Alle erkennbaren Schaltgeräusche stammen damit vom akustischen Überspielvorgang von einem Gerät zum anderen.
Wer sich genau für das Entstehen und die Eigenschaften von Kopierechos interessiert sollte im
Bandmaschinenforum (Archiv-Version vom 27.04.2018) mitlesen.