EinElch schrieb:Nun muss man aber feststellen, dass es einen solchen Test des SD nach Anleitung nie gab. Daher ziehen auch sämtliche Argumente der Urteilsgegner bezüglich der Spurenlage des Bauschaums nicht mehr, denn keines der bisher vorgelegten Gutachten ist dazu geeignet, die Verwendung eines solchen SD zu bestätigen oder zu widerlegen.
Ebenso sind die Stimmen der Befürworter obsolet, die den Erfolg der im Urteil favorisierten Variante beschwören.
Jetzt wird es kriminalistisch mal richtig interessant. Vielen Dank für Deinen waffentechnisch fundierten Beiträge! Ich denke, wir müssen hier unterscheiden:
Erstens:- Welcher Schalldämpfer (egal ob nach PDF-Anleitung oder professionell durch einen Büchsenmacher gefertigt) ist geeignet, die Spurenlage zu verursachen, die am Tatort vorgefunden wurde?
Damit verbunden:
- Hätte ein nach PDF-Anleitung gefertigter Schalldämpfer die Spurenlage am Tatort verursachen können? Auch die vom Gericht festgestellte Ausführungsvariante (Seite 17/18 des Urteils)?
Das sind tatsächliche (gutachterliche) Fragestellungen. Die sind in der Tat nur in Ansätzen in den Gutachten der Verteidigung geklärt. Das Gutachten Cachee behandelt (nur) die Frage, ob die Spurenlage mit den gerichtlichen Feststellungen übereinstimmt. Nicht aber, ob die Spuren von einem Schalldämpfer Marke Eigenbau nach der PDF-Anleitung stammen können oder müssen. Die Gutachten aus den Ermittlungsakten kennen wir dabei nur fragmentarisch oder indirekt, soweit sie bekannt sind oder das Urteil oder die Gutachten der Verteidigung darauf eingehen.
Zweitens:- Ist es für den Schuldspruch oder das Wiederaufnahmeverfahren von Belang, dass das Gericht nicht nur festgestellt hat, dass der Schalldämpfer aufgrund der PDF-Anleitung von AD selbst gefertigt wurde, sondern es sich auch auf eine bestimmte Variante (PET-Flasche mit Bauschaum) festgelegt hat (wie auch auf eine Walther P38 mit langem Lauf)?
Diese Feststellungen sind für die Argumentation des Gerichts zentral und sollen die Zweifel an der Täterschaft ADs ausräumen.
- Sind aber diese Festlegungen für die Verurteil zentral erforderlich? Oder reicht "Bauschaum im Büro, Bauschaum am Tatort"? Hätte das Gericht AD auch verurteilen können, wenn es gesagt hätte: "Waffe wissen wir nicht genau, Schalldämpfer auch nicht, aber wir sind überzeugt!"?
Dann wären die ganzen Fragen nicht relevant, weder für den Schuldspruch noch für das Wiederaufnahmeverfahren.
Deus_Ex_Machin schrieb:Aus rechtlicher Sicht ist es auch ohne Belang, wie genau die Konstruktion aussah. Tatsache ist, dass Darsow eine Anleitung, Menschen möglichst geräuschlos zu ermorden, recherchierte und ausdruckte. Ob er sie exakt so verwendete, modifizierte oder gar verwarf und eine andere ergoogelte, ist irrelevant.
Ist das wirklich ohne Belang, wenn sich dabei das Gericht fälschlicherweise auf konkrete Beweismittel stützt, die so gar nicht existieren bzw. solche Schlüsse nicht zulassen? Das Gericht einen detaillierten Sachverhalt annimmt, der sich so nicht zugetragen haben kann? Ein anderer detaillierter Sachverhalt nicht prozessual festgestellt wurde? Ich denke, dass müsste dann erst eine neue Hauptverhandlung erweisen. Die dann auch notwendig wäre. M.a.W.: Wiederaufnahmeverfahren.
Ein Spaziergang würde diese neue Hauptverhandlung für Herrn Darsow nicht werden. Die noch immer vorliegenden Indizien wiegen nach wie vor schwer. Würde ein Gutachten erweisen, dass die Spuren am Tatort von einem Schalldämpfer Marke Eigenbau stammen, der nach der PDF-Anleitung gefertigt worden sein kann oder muss, dann sind wir noch immer im Bereich "zu viele Zufälle".