Ray. schrieb:Kaum ein Sta oder Richter wird sich dem Urteil des Gutachten widersetzen. Deswegen wird es ja auch gemacht. Allerdings besteht AD ganzer Haftverlauf nicht nur aus einem Gutachten.
Das Verfahren zur Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ist einigermaßen kompliziert. Die gesetzlichen Regelungen dazu finden sich in den letzten §§ der StPO. Kaum einer macht sie die Mühe dort einmal reinzuschauen (wer einmal reinschauen mag: § 454 StPO).
Aus dem Grund gilt der Einfachheit halber und weil es dann so leicht ist, einen Verantwortlichen ausmachen zu können, der "Gutachter" als der heimliche Entscheidungsträger darüber, ob jemand vorzeitig aus der Haft entlassen wird oder nicht. So, als müsste sich das Gericht "dem Urteil" des Gutachters irgendwie "beugen".
Dem ist aber nicht so.
Das sog. Gefährlichkeitsgutachten ist in aller Regel der letzte Schritt zur Prüfung auf Haftaussetzung bei sog. Lebenslänglichen und solchen Häftlingen, die eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren absitzen und wegen bestimmter Straftaten verurteilt wurden.
Wenn ein Gefährlichkeitsgutachten in Auftrag gegeben wird, dann hat das Gericht zumeist schon die grundsätzliche Tendenz zur Entscheidung, den Häftling vorzeitig aus der Haft zu entlassn. Das Gefährlichkeitsgutachten ist insofern also kein(!) Anlass zur weiteren Prüfung, sondern steht am Ende der Entscheidungsfindung.
Bevor ein solches Gutachten in Auftrag gegeben wird, wird der JVA Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, dem sozialen Dienst der JVA, dem Häftling und der StA. Erst nach Prüfung dieser Stellungnahmen entscheidet das Gericht, ob es den Antrag des Häftlings negativ bescheidet oder aber ob es grundsätzlich einer Haftentlassung positiv gegenübersteht. Dann erteilt es den Gutachterauftrag.
Der Gutachter fällt in seinem Gefährlichkeitsgutachen kein(!) Urteil. Das Gutachten gibt Auskünfte zur Sozialprognose, der Gefährlichkeit des Häftlings, zu erwartende Rückfallwahrscheinlichkeit und vieles mehr. Das Gericht muss dem Ergebnis des Gutachtens nicht folgen, da allein das Gericht die Legitimation zur Entscheidung hat. Es stellt aber durchaus ein wesentliches Entscheidungskriterium für das Gericht dar.
Andreas D. kann nach 15 Jahren den ersten Antrag auf vorzeitige Haftentlassung stellen. Ein solcher Antrag wird aber wegen der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld abgewiesen werden. In den verschiedenen Bundesländern haben sich unterschiedliche Zeiträume herausgebildet, wann der erste Antrag bei Lebenslänglichen mit der besonderen Schwere der Schuld geprüft wird. Bei Andreas D. kann es durchaus sein, dass sein erster Antrag nach 17 Jahren geprüft wird. Sollte dann noch seine Familie so hinter ihm stehen, wie bisher, dann dürfte eine positive Entscheidung für ihn auch dann realistisch sein, wenn er bis dahin keine Reue gezeigt hat. Denn Reue ist nur eines und auch nicht irgendwie das wesentliche Kriterium, jemanden vorzeitig aus der Haft zu entlassen.