Doppelmord Babenhausen
10.07.2020 um 17:12Ray. schrieb:Das was du schreibst ist die Theorie. Übersetzt heißt es aber, dass wenn das Gutachten negativ ausfällt dann wird man nicht entlassen. Fällt es positiv dann stehen die Chancen mehr als gut.Damit behauptest Du, das Gesetz ist letztlich nur Lyrik. Alles Schmäh. Die Entscheidung wird auf die Gutachter abgewälzt. Und die Gutachter revanchieren sich, indem sie keine Prognosen machen, sondern letztlich von Konjunktiven und Wahrscheinlichkeiten faseln, deren Wert(-losigkiet) sich schon für Jedermann daraus ergibt, dass man niemanden ins Hirn sehen kann. Und wenn der böse auf Bewährung entlassene Gewalttäter wieder über ein Kind herfällt, dann muss einer schuld sein - aber kein will es gewesen sein.
Diese Verachtung für die Rationalität unseres Rechtssystems und die krankhafte Suche nach Fehlern und Schuldigen scheint heute populärer Irrglaube zu sein. Nicht nur weil heute in Fragen Sicherheit nicht mehr akzeptiert wird, dass komplexe Vorgänge nicht so easy durch Mausklick, Checkliste oder Handy-App lösbar sind. Und es selbstverständlich in einer freiheitlichen Gesellschaft einen Bereich des Nichtwissens, des sozialen Risikos gibt (in den 1980er Jahren war der Begriff "Risikogesellschaft" noch populär) und 100%ige Sicherheit nur um den Preis der Unfreiheit zu haben ist.
Sondern auch weil vereinfachende Medienberichte und Nachrichtenhäppchen unreflektiert hingenommen und die dahinter stehenden Interessenkonflikte und Wertungsfragen nicht hinterfragt werden.
Herr Darsow wird deshalb nach 15 Jahren nicht das Licht der Freiheit erblicken. Nicht weil er nicht mehr gefährlich wäre (das Gutachten dürfte da positiv ausfallen), sondern weil die besondere Schwere der Schuld es noch nicht zulässt, jemanden nach der Mindestverbüßungszeit wieder frei zu lassen. Die 2 Toten und die Schwerverletzte und bis heute Gezeichnete lassen derlei in der Gesamtschau noch nicht zu. Die das zuständige Gericht vornimmt, kein Gutachter. Anderes würde aber z.B. zum Tragen kommen, wenn Herr Darsow z.B. schwer erkrankt wäre und nicht mehr lange zu leben hätte. Dann würde man ihm die letzten Jahre in Freiheit zugestehen. Das ist aber immer eine individuelle Entscheidung.
Ob der die Tat bestreitet oder nicht dürfte im Übrigen nur mittelbar, bei der Frage der Gefährlichkeit, eine Rolle spielen. Die Tat zu bestreiten ist das vornehmste Recht des Angeklagten und Verurteilten. Es wäre unzulässig, ihn alleine deswegen 5 Jahre extra zu geben. Weder im Urteil noch im Strafvollzug (ne bis in idem se ipsum accusare).