monstra schrieb:@Rick_Blaine: Weil Du am Ehesten Ahnung von solchen Urteilen hast und am Schuldspruch nichts auszusetzen hattest: Ist das so normal? Arbeiten Strafgerichte so?
Ich nehme an, Deine Frage wurde inzwischen von
@Lichtenberg und anderen beantwortet. Im Prinzip kann man sagen ja. Ich persönlich bin der Meinung, dass das Gericht sich in einigen Punkten ein wenig weit aus dem Fenster gelehnt hat, was die Beschreibung des vermuteten Tatablaufs angeht, aber nicht in entscheidenden Punkten.
Ansonsten findet man eine gute Anleitung zum Urteilsaufbau hier:
http://www.muenster.de/~lucas/jura/Strafurteil.pdf (Archiv-Version vom 14.02.2019)Noch mal zum Tatablauf. Es wurde hier erwähnt, dass es keine Beweise für Testschüsse und schon gar nicht für solche im Rahmen einer Joggingrunde gibt, aber das Gericht diese für eine Tatsache hält. Das ist ein Punkt, den ich auch so sehe. Nur: es ändert nichts an der entscheidenden Tatsache, dass AD die Tat begangen hat. Ob er nun die Konstruktion und Waffe getestet hat oder nicht ist egal, solange das Gericht genügend Beweise meint gefunden zu haben, dass er die entscheidenden Schüsse in der Tatnacht abgegeben hat.
Wie man weiter oben lesen konnte, gibt es eine Gedankenverbindung, die zumindest die Annahme einer solchen Testschussreihe nahelegt: nämlich die Schmauchspuren an dem fitbit.
Ich persönlich denke, das Gericht hätte sich diesen Teil sparen können, aber es ist eben irrelevant.
jamie71 schrieb:Aber ich frage als Laie, was die Verteidigung gemacht hat?
Da der faszinierende Johnnie Cochran hier erwähnt wurde, auch eine Bemerkung hierzu. Ich habe gerade vorige Woche meinen Jura-Studenten/Praktikanten, die ja alle so jung sind, dass sie das nicht selbst erlebt haben, den berühmten "If it doesn't fit..." Moment gezeigt und diskutiert. Dabei habe ich gesagt: "Das war der entscheidende Moment. Cochran hätte sich von nun an hinsetzen können, die Arme verschränken können und keinen weiteren Handschlag machen brauchen: der Fall war in diesem Moment gewonnen. Die Jury hatte sich in diesem Moment entschieden. Es war einer der brilliantesten Momente der Strafverteidigung die ich je erlebt habe - und er wurde ermöglicht, weil die Ankläger geschlafen haben. Sie haben den Moment nicht kommen sehen, nicht gewusst, wie sie darauf reagieren sollen, und allgemein ein jämmerliches Bild abgegeben, obwohl sie ja genau wussten, was die Verteidigung beabsichtigt hat. Obwohl sie den Handschuh kannten.
Ich bin da mal ganz hart, obwohl ich bei Kollegenschelte eher zurückhaltend bin: Die Staatsanwälte haben in diesem Moment den Prozess verloren. Das Können und das Verhalten der beteiligten Juristen können manchmal einen Fall entscheiden. Daher ist die Frage oben berechtigt. Was hat die Verteidigung im Fall Darsow getan?
Ich habe dem Prozess nicht beigewohnt und anders als im Simpson Fall kann man ihn auch nicht im Fernsehen anschauen, daher kann ich die Frage nicht beantworten. Aber ich kann jamie's Gedankengang oben gut nachvollziehen: "Hat die Bundeswehrhose AD überhaupt gepasst?"
Wäre ich der Verteidiger gewesen, ich hätte das überprüft. Dazu brauche ich AD die Hose nicht im Gerichtssaal anziehen lassen. Ich würde ihn erst mal fragen: wann hat er sie zuletzt getragen. Wenn er mir dann sagt: vor 3 Wochen, bei der Gartenarbeit - nun, dann ist der Punkt erledigt. Dann passt sie offensichtlich noch. Dann ist auch verständlich, warum sie noch im Keller griffbereit herumliegt. Passt alles. Weiter.
Die Antwort kann also ganz schnöde sein. Wir wissen nicht, was in diesem Punkt die Verteidigung unternommen hat. Aber man darf ihr vielleicht zugute halten, dass sie sich gemeldet hätte, wenn sie Grund zur Annahme hatte, dass die Hose nicht gepasst hat.
Und so geht es durch den ganzen Fall. Warum hat Strate nicht die Recherche angegriffen? Warum nicht die Verteidiger im Prozess? Warum nicht die Bw-Hose. Usw. Usw. Beobachter wittern mangelnde Kompetenz der Anwälte. Aber das ist Unsinn. Vielleicht machen sie ganz einfach kein Aufheben darum, weil sie die Antworten auf die Fragen längst wissen, diese aber der Verteidigung nicht dienlich sind.