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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

6 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Schwarzes Loch, Raumzeit, Beschleunigung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

22.10.2020 um 16:04
Hallo Ihr Lieben

Ich lese immer und immer wieder, dass Materie, die am Ereignishorizont eines SL verschwindet auf LG oder darüber beschleunigt wird.
Das ist doch nicht so, oder?

Ein SL hat zwar eine gigantische Gravitationskraft und Materie, die angezogen wird, wird beschleunigt. Aber auf C oder darüber?
Da kribbelt es bei mir nach Erklärung. Um mal so Trägheit, Massen+Energiezunahme... zu nennen.

Ich stelle mir vor, Materie fällt in ein SL und am Ereignishorizont dehnt sich die Raumzeit ins unendliche?
Ist die Annahme der Beschleunigung nicht ein Nebeneffekt der verkrümmten Raumzeit - Sprich, die Materie bleibt gleich schnell (oder wird weitergehend durch die Gravitation beschleunigt) aber reitet deutlich unterhalb von C auf einer Raumzeitkrümmung die schneller zusammenstürzt (auf einen Punkt ausdehnt) als C?

Spricht man bei der Ausdehnung einer Raumzeit von einer Beschleunigung - Erfahren ferne Sterne in der Tat eine Beschleunigung durch den sich ausdehnenden Raum dazwischen? Ich denke Nein.

Weiterhin möchte ich mal die Trägheit ansprechen, irgendwo hatte ich mal gelesen, dass Materie bei zunehmender Beschleunigung eine Zunahme der Trägheit erfährt und bei Annäherung an C wächst diese Trägheit ins unendliche.
Heisst das, die Masse der beschleunigten Materie nimmt zu und wird beim erreichen der Geschwindigkeit C selbst zum SL?

Gruss Mafiatom


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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

22.10.2020 um 20:49
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Ich lese immer und immer wieder, dass Materie, die am Ereignishorizont eines SL verschwindet auf LG oder darüber beschleunigt wird.
Das ist doch nicht so, oder?
Richtig. Im Wesentlichen kann man das auf zwei Arten erklären:


  1. Mit dem Konzept des fließenden Raumes. Bei diesem Konzept kann Materie im Raum niemals Lichtgeschwindigkeit (oder mehr) erreichen, sie schwimmt aber sozusagen im Raum mit. Der Raum selbst kann beliebig schnell fließen.
  2. Durch die Wahl geeigneter Koordinatensysteme. Man kann zeigen, dass die (Über-)Lichtgeschwindigkeit durch die Wahl geeigneter Koordinaten immer wegtransformiert werden kann.
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Spricht man bei der Ausdehnung einer Raumzeit von einer Beschleunigung - Erfahren ferne Sterne in der Tat eine Beschleunigung durch den sich ausdehnenden Raum dazwischen? Ich denke Nein.
Die Ausdehnung der Raumzeit ist kein so richtig gutes Bild. Beim Schwarzen Loch kann man wie gesagt argumentieren, dass die Raumzeit fließt. Bei der kosmischen Expansion geht man davon aus, dass neuer Raum entsteht (und nicht, dass bestehender Raum sich ausdehnt).
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Heisst das, die Masse der beschleunigten Materie nimmt zu und wird beim erreichen der Geschwindigkeit C selbst zum SL?
Hmmm... Also früher wäre die Antwort definitiv "ja" gewesen, da die relativistische Masse m in E = mc² zunimmt. In der modernen Physik sieht man die Masse allerdings als das, was man früher Ruhemasse m0 genannt hat (also unbeschleunigte Masse), es gilt m = m0. In diesem Bild nimmt bei zunehmender Beschleunigung nicht die Masse zu, sondern der Impuls. Die Gleichung E = mc² wird dann verallgemeinert zu E² = (mc²)² + (pc)², wobei p der Impuls ist.

Ein schwarzes Loch entsteht so oder so nicht. Am einfachsten sieht man das anhand des Relativitätsprinzips ein. Das besagt, dass die Naturgesetze für alle Beobachter dieselbe Form haben. Und du kannst zu jedem Zeitpunkt ein unbeschleunigtes, mitbewegtes Inertialsystem finden, in dem dieselbe Masse nicht zu einem Schwarzen Loch wird.

Wobei durch die Beschleunigung trotzdem eine Art Ereignishorizont entsteht. Falls es dich interessiert, kann ich das etwas näher erläutern. Hier ist es ganz gut erklärt (man benötigt aber ein gewisses Vorwissen):

Wikipedia: Event horizon#Apparent horizon of an accelerated particle


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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

23.10.2020 um 11:17
@Arrakai
Vielen lieben Dank für diese ausführliche Erklärung.
Zitat von ArrakaiArrakai schrieb:Die Ausdehnung der Raumzeit ist kein so richtig gutes Bild. Beim Schwarzen Loch kann man wie gesagt argumentieren, dass die Raumzeit fließt. Bei der kosmischen Expansion geht man davon aus, dass neuer Raum entsteht (und nicht, dass bestehender Raum sich ausdehnt).
Man redet in diesem Zusammenhang aber schon davon, dass sich Galaxien von uns entfernen. Und zwar um so schneller, je weiter sie von uns entfernt sind. Im Zusammenhang mit der Raumexpansion (ist das nun keine Dehnung im Sinne von auseinanderdriften, sondern "wie ich dich verstehe" neuer Raum der dazwischen entsteht) spricht man dort ja auch von einer Rotverschiebung des Lichtes, da der Abstand der beobachteten Galaxie wächst und das Licht Energie verliert und sich daher ins Rote verschiebt.
Wie verliert Licht denn auf seiner Reise dort Energie? Der Raum ist ja fast Leer soweit ich weiss und meine bisherigen Erkenntnisse sagten mir, dass Licht nur dann Energie verliert, wenn es entweder in Flugrichtung gegen ein Gravitationsfeld ankämpfen muss, oder die Lichtquelle sich vom Beobachter Entfernt. Diese Entfernung vom Beobachter kann aber dann nicht in zusammenhang mit der Raumexpansion betrachtet werden, oder doch?
In Nein Falle, hätte die Raumexpansion ja keine Auswirkung auf die Energie des Lichtes, da diese Expansion ja ein Raumfluss ist, auf dem das Licht sich mit Konstant C bewegt und zusätzlich mit dem Raum mitfliesst. Es wäre dann eine scheinbare Geschwindigkeit, anstatt einer Relativen. Oder wo habe ich da den Denkfehler?

Mein eventueller Denkfehler ist anhand des Beispiels eventuell klarer zu verstehen.
Auf einem grossen Laufband fahre ich mit einem Mofa Konstant 30 Km/h (als synonym für C). Das Laufband ist aus Gummi und beide Walzen des Antriebes ziehen nun das Laufband auseinander, so dass sich die Länge des Laufbandes stetig vergössert (als synonym für Raumausdehnung). Fahre ich deswegen langsamer als 30km/h oder schneller als 30km/h? Muss ich mehr Gas geben um die verlorene Energie (in Form von Bewegungsverlust) wieder auszugleichen?
Meiner Ansicht nach nicht, ich bleibe bei meiner konstanten Geschwindigkeit, muss aber mehr Strecke auf dem kontinuierlich auseinanderdriftenden Laufband zurücklegen.
Sprich, ich komme wenn ich eine festgelegte Anzahl Laufbandumrundungen fahre nur später als, als ich es berechnet hatte ohne Dehnung des Laufbandes (Da ich eine längere Strecke fahren muss).

LG Mafiatom


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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

23.10.2020 um 13:56
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Wie verliert Licht denn auf seiner Reise dort Energie? Der Raum ist ja fast Leer soweit ich weiss und meine bisherigen Erkenntnisse sagten mir, dass Licht nur dann Energie verliert, wenn es entweder in Flugrichtung gegen ein Gravitationsfeld ankämpfen muss, oder die Lichtquelle sich vom Beobachter Entfernt. Diese Entfernung vom Beobachter kann aber dann nicht in zusammenhang mit der Raumexpansion betrachtet werden, oder doch?
In Nein Falle, hätte die Raumexpansion ja keine Auswirkung auf die Energie des Lichtes, da diese Expansion ja ein Raumfluss ist, auf dem das Licht sich mit Konstant C bewegt und zusätzlich mit dem Raum mitfliesst. Es wäre dann eine scheinbare Geschwindigkeit, anstatt einer Relativen. Oder wo habe ich da den Denkfehler?
Ich habe vor Kurzem mal folgendes gelesen:
Die Rotverschiebung eines Photons entspricht einer Dehnung seiner Wellenlänge, die mit einer Energieabnahme einhergeht, gemäß E = h c / λ {\displaystyle E=hc/\lambda } {\displaystyle E=hc/\lambda } mit der Energie E {\displaystyle E} E des Photons, dem Planckschen Wirkungsquantum h {\displaystyle h} h, der Lichtgeschwindigkeit c {\displaystyle c} c und der Wellenlänge λ {\displaystyle \lambda } \lambda . Wenn die Rotverschiebung mit einer Dehnung der Raumzeit erklärt wird, stellt sich die Frage, wo die Energie bleibt.

Das aus der Thermodynamik bekannte Prinzip der Energieerhaltung gilt nur für zeitlich unveränderliche abgeschlossene Systeme. Da sich das Universum mit der Zeit verändert – es dehnt sich aktuell aus – ist es kein zeitlich unveränderliches abgeschlossenes System. Die Energie der Photonen geht in Form von Arbeit in die Expansion des Universums ein. Sollte das Universum irgendwann wieder kontrahieren, würde die Energie dann an blauverschobene Photonen zurückgegeben werden.
Quelle: Wiki - Rotverschiebung - (Rotverschiebung, Blauverschiebung und Energieerhaltung)

Keine Ahnung ob es das ist was Du meinst und ob ich damit richtig liege :-)


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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

23.10.2020 um 14:56
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Man redet in diesem Zusammenhang aber schon davon, dass sich Galaxien von uns entfernen. Und zwar um so schneller, je weiter sie von uns entfernt sind.
Ja, ganz genau, wir nehmen das als Zunahme der Entfernung bei zunehmender Beschleunigung wahr.
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Im Zusammenhang mit der Raumexpansion (ist das nun keine Dehnung im Sinne von auseinanderdriften, sondern "wie ich dich verstehe" neuer Raum der dazwischen entsteht) spricht man dort ja auch von einer Rotverschiebung des Lichtes, da der Abstand der beobachteten Galaxie wächst und das Licht Energie verliert und sich daher ins Rote verschiebt.
Ganz genau!
Zitat von MafiatomMafiatom schrieb:Meiner Ansicht nach nicht, ich bleibe bei meiner konstanten Geschwindigkeit, muss aber mehr Strecke auf dem kontinuierlich auseinanderdriftenden Laufband zurücklegen.
Hmmm... Also grundsätzlich finde ich das richtig. Die Expansion ist ja kein Fluss, es entsteht neuer Raum (von mir aus wird der auch gedehnt). Das Licht muss also mehr Weg zurücklegen, da die Abstände durch den neu entstehenden Raum kontinuierlich größer werden. Zwischendurch passiert es auch Bereiche mit mehr oder weniger gekrümmter Raumzeit, was natürlich ebenfalls Auswirkungen hat. (Und on top kommt natürlich noch der ganz normale Dopplereffekt hinzu.)

Was auf dem Weg des Lichtes passiert, kann also die Weglänge verändern. Das alles kumuliert sich auf dem Weg vom Sender zum Empfänger, und der Empfänger sieht die daraus resultierende Rotverschiebung (oder auch Blauverschiebung, falls die Expansion überkompensiert wird).

Man muss halt beachten, dass die Gravitation sich immer lokal auf das Licht auswirkt, die Expansion aber kontinuierlich entlang der gesamten Wegstrecke. Das ist schon ein Unterschied, am Ende sehen wir aber immer nur das Ergebnis.
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Keine Ahnung ob es das ist was Du meinst und ob ich damit richtig liege :-)
Ich denke, das erklärt den Energieverlust gut. Nur dass hier leider auch von "Dehnung" die Rede ist. Das ist m.E. kein gutes Bild, weil die Vakuumenergiedichte ja nicht ausdünnt (in einem gedehnten Raum verteilt), sondern immer konstant bleibt. Brian Greene drückt es salomonisch so aus, da sind dann beide Perspektiven irgendwie dabei ;):
Instead, we envision space stretching, and in the process creating new space that the universe and its contents can then occupy. Space expands, and hence grows, by virtue of creating new space.
Quelle: https://www.worldsciencefestival.com/2011/11/ask_brian_green_what_is_the_universe_expanding_into/


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SL Ereignishorizont, Beschleunigung und Raumzeit

23.10.2020 um 15:32
@Arrakai und @skagerak
Danke, ich glaube ich verstehe es nun.
Die Lichtwelle selbst wird durch den zunehmenden Raum zwischen Sender und Empfänger gedehnt (rotverschoben). Grade so, als Würde man eine Welle auf ein Gummiband zeichnen und es dann auseinander ziehen, dadurch wird die Welle gedehnter.

LG Mafiatom


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