Zotteltier schrieb: In den beiden ersten Fällen rechnest Du Gamma in die y-Komponente ein, in der dritten Berechnung allerdings in die x-Komponente.
Warum machst Du das so
Um das zu verdeutlichen möchte ich mein Gedankenexperiment durch das weglassen der Rakete noch weiter vereinfachen. Wir betrachten also zunächst einmal nur die Kugel der Ur-Uhr. Dafür stellen wir uns zwei unendlich lange Detektoren auf der x-Achse vor, die einen Abstand von 0,6Ls aufweisen. Alice ruht gegenüber den Detektoren. Zwischen den Detektoren ruht die Kugel der Ur-Uhr:
Nun erhält die Kugel der Ur-Uhr einen Kraftstoß in Richtung der y-Achse, der die Kugel auf 0,6c beschleunigt.
Alice beobachtet nun eine Kugel, die mit einer Relativgeschwindigkeit von 0,6c zwischen den Detektoren hin und her Pendelt.
Jetzt erhält die Kugel der Ur-Uhr einen weiteren Kraftstoß, diesmal allerdings auf der x-Achse, der die Kugel in Richtung der x-Achse auf 0,7c beschleunigt:
Alice beobachtet nun eine Kugel mit zwei Geschwindigkeitskomponenten. Die erste Komponente auf der y-Achse beträgt 0,6c und die zweite Komponente auf der x-Achse beträgt 0,7c.
Die Relativgeschwindigkeit der Kugel beträgt gengenüber Alice somit (u
x2+ u
y2+ u
z2)
0,5 0,922c. Die Eigenzeit der Kugel würde aus Sicht von Alice somit um den Faktor ß
w langsamer vergehen.
(Da es sich um beobachtete Geschwindigkeitskomponenten aus einem Ruhesystem heraus handelt, kommt die relativistische Vektoraddition nicht zur Anwendung.)Die Eigenzeit der Kugel ist jedoch überhaupt nicht von Interesse. Die eigentliche Frage lautet ja, welche Geschwindigkeitskomponenten beobachtet Alice bei der Kugel. Die eben sind: u
y=0,6c und u
x= 0,7c.
Diesen Sachverhalt wirst du, so meine Schlussfolgerung weil du Frage 4 ebenfalls mit ja beantwortet hast, vermutlich zustimmen.
Nun fragen wir uns, welche Zeit benötigt die Kugel aus Sicht von Alice für die Strecke von Detektor zu Detektor. Da der Detektorabstand 0,6Ls beträgt und die Kugel aus Sicht von Alice eine Geschwindigkeit auf der y-Achse von 0,6c aufweist, beträgt die Zeit:
@mojorisin und
@nocheinPoet sehen das offensichtlich anders, denn sie Argumentierten bisher immer dahingehend, dass die Relativgeschwindigkeit der Kugel gegenüber Alice der beobachteten Geschwindigkeitskomponente der x-Achse entspricht. Hier wird schlicht übersehen das das Koordinatensystem der Kugel verdreht werden muss, damit die resultierende Geschwindigkeit w der Kugel parallel zur x-Achse von Alice verläuft. Wird das nicht gemacht, müsste laut deren Argumentation eine Lichtuhr in der Kugel aus Alice Sicht 0,714s anzeigen, da die Relativgeschwindigkeit, so ihre Argumentation, ja x=0,7c beträgt. Das ist ein Widerspruch, da die resultierende Geschwindigkeit w der Kugel 0,922c beträgt, und die Lichtuhr somit um den Faktor ß
w dilatieren muss. Also 0,387s anzeigen müsste.
Würde es sich bei der Kugel um Bobs Rakete handeln, mag ich bezweifel das die obige Argumentation von
@mojorisin und
@nocheinPoet beibehalten wird. Sicher bin ich mir da allerdings nicht, wie das Beispiel mit dem Satelliten zeigte.
Das fatale ist,
@mojorisin und
@nocheinPoet übertragen die Relativgeschwindigkeit der Rakete auf das Koordinatensystem der Kugel, was natürlich grundlegend falsch ist, dieser Fehler wird aber nicht erkannt, weil die angenommenen Prämissen nicht wahr sind (was ihnen nicht bewusst ist), die Konklusion jedoch den Fehlschluss als schlüssig erscheinen lässt:
Hier werden Geschwindigkeiten zweier unterschiedlicher Koordinatensystem vermischt.
Der Fehler lässt sich auch nicht dadurch beseitigen, das statt v
Rakete die Relativgeschwindigkeit der Kugel v
Kugel eingesetzt wird. Warum sollte im Grunde auf der Hand liegen, mit ß (oder auch Gamma) kann nur die Zeitdilatation und Längenkontraktion berechnet werden. Längenkontraktionen finden aber ausschließlich auf parallelen Längen statt, nicht aber auf orthogonalen Längen wie der y-Achse oder z-Achse. Einzige Ausnahme bildet das Photon, dort findet zwar keine Längenkontraktion auf der y- oder z-Achse statt, aber sehr wohl eine Verringerung der Geschwindigkeitskomponenten auf den yz-Achsen. Die wiederum beruht einzig und allein auf der Prämisse, dass Photonen unabhängig vom Bezugsystem immer mit 1c beobachtet werden. Wäre dem nicht so, könnte keine Lichtuhr in irgendeiner Richtung beschleunigt werden, da sonst die resultierende Geschwindigkeit größer 1c wäre. Eben dieser Sachverhalt trifft nicht auf Objekte mit Ruhemasse zu. Sie können eine Kombination beliebiger Geschwindigkeitskomponenten auf der xyz-Achse aufweise. Einzige Bedingung die erfüllt sein muss ist, die resultierende Geschwindigkeit kann 1c nicht erreichen geschweige denn überschreiten. Wie die Kombination senkrecht gerichteter Geschwindigkeiten zur ebene in der SRT behandelt werden, hatte ich schon mehrfach aufgezeigt. Stelle es aber gerne nochmals klassisch und vektoriell dar:
Kombination von xy Geschwindigkeiten:Lag die erste Geschwindigkeitskomponente auf der y-Achse, gilt:
Kombination von xyz Geschwindigkeiten (auch hier gilt,
v stellt immer die erste Geschwindigkeitskomponente dar):
Die Geschwindigkeitskomponenten können beliebig getauscht werden, die resultierende Geschwindigkeit bleibt immer gleich. Was sich ändert, ist die Richtung des Geschwindigkeitsvektors:
Weitere Beispiele erspare ich mir, weil aus obigen ersichtlich wird wie bei Kombination anderer Geschwindigkeitskomponenten und Reihenfolgen zu verfahren ist.
(Rein vorsorglich, bei den einzusetzenden Beträgen für die Geschwindigkeitskomponenten handelt es sich nicht um beobachtete Geschwindigkeiten eines beliebigen Bezugssystems, sondern grundsätzlich um die Geschwindigkeitskomponenten aus Sicht des beschleunigten Bezugsystems. Sollte eigentlich logisch sein, da aus einem Ruhesystem heraus beobachtete Geschwindigkeitskomponenten nicht über die relativistische Vektoraddition, sondern über die normale Vektoraddition addiert werden.) Die resultierende Geschwindigkeit w ist immer die Relativgeschwindigkeit, welche für Zeit- und Längenkontraktion des beobachteten Objektes herangezogen wird. Das bedeutet für mein Gedankenexperiment, wo nicht nach der Zeitdilatation der Kugel, sondern der Rakete gefragt wird, ist lediglich die Geschwindigkeitskomponente der x-Achse der Rakete von Bedeutung. Für die Bestimmung der Periodendauer der Ur-Uhr in der Rakete ist nur die Geschwindigkeitskomponente der y-Achse der Kugel von Bedeutung.
P.S.: Mich würde ja mal interessieren wie
@nocheinPoet und/oder
@mojorisin glauben die Zeitdilatation mit ihrer Art der Berechnung bestimmen zu gedenken, wenn eine Rakete einmal mit folgenden Geschwindigkeitskomponenten beobachtet wird: x=0,6c, y=0,5c, z=0,4c und ein weiteres mal mit x=0,4c, y=0,5c und z=0,6c.
Die resultierende Geschwindigkeit wäre in beiden Fällen die gleiche, die Dilatation der mitgeführten Lichtuhren jedoch unterschiedlich in den Raketen. Mich würde das mehr als stutzig machen, da es ein klarer Hinweis auf fehlerhafte Berechnung oder falscher Anwendung der SRT hinweist.
P.P.S.: Die obige Darstellung erklärt auch warum auf Minkowski-Diagrammen (wie
@mojorisin und ich sie hier eingestellt haben) keine y- und z-Achsen existieren. Denn dort wird nur die Kombination aller Geschwindigkeitskomponenten, also die Relativgeschwindigkeit, auf der x-Achse (durch drehen des beobachteten Koordinatensystems) dargestellt.