Thaddeus schrieb:Ist es nicht so
Yepp, es ist nicht so.
Im transalpinen keltisch-germanisch geprägten Kulturkreis gab es kein solches Interesse an allgemeiner Bildung wie im Bereich des ehemaligen Römischen Reiches. Nördlich der Alpen war das Interesse mehr auf Ausbildung gerichtet, Handwerkliche Fähigkeiten, Kriegskunst udgl., nicht jedoch Schreiben/Lesen, Medizin, Philosophie etc. Kaum ein Adliger, der lesen konnte. Bildung wurde nur an den Klöstern bewahrt und an Ordensleute und Priester weitergegeben.
Aber in Italien z.B. sah das schon deutlich anders aus. Hier mal aus einem Brief eines Geistlichen an König Heinrich III. aus dem 11.Jh.
Erlaß einen Befehl durch ganz Deutschland, daß die Reichen ihre sämtlichen Söhne in den Wissenschaften unterrichten lassen und sie im Gesetze unterweisen, damit, wenn die Fürsten tagen wollen, jeder aus seinen Büchern ihnen ein Beispiel vorlegen könne. [...] In Italien übergibt man die ganze Jugend den Schulen. Nur den Deutschen scheint es unnütz und schimpflich, daß Leute, die nicht Kleriker werden sollen, gelehrt werden.
Auch wenn die klösterlichen Bildungsstätten für die Kleriker und Mönche vorgesehen waren, konnten Laien dennoch ihre Kinder dort zur Schule schicken, was freilich eher selten geschah. Auch das aufsteigende Bürgertum des Spätmittelalters interessierte sich immer mehr an Bildung Neben Klosterschulen nutzten sie stark Privatunterricht durch Hauslehrer.
In der frühen Neuzeit nutzte das Bürgertum wohl schon flächendeckend schulische Bildung. Im siebzehnten, vor allem im achtzehnten Jahrhundert dann aber wurden immer mehr Schulen speziell auch für die arme Bevölkerung in Stadt und Land gegründet, im evangelischen Deutschland stark vom Pietismus vorangetrieben (der sich auch um die Einrichtung weiterer sozialer Einrichtungen wie Waisenhäuser, Krankenhäuser usw. kümmerte). Eine allgemeine Schul
pflicht gab es vereinzelt sogar schon im 16.Jh. in einigen Städten oder Fürstentümern, aber erst im 18.Jh. verbreitete sich die Schulpflicht stark in Europa. In einigen Regionen kam sie erst im 19.Jh. zustande, in Deutschland sogar erst im 20.Jh., 1919. Dennoch war die schulische Ausbildung in diesen Ländern auch vor der gesetzlichen Pflicht bereits sehr weit fortgeschritten gewesen.
Die Industrialisierung setzte erst in der zweiten Hälfte des 19.Jh. ein; da gab es in Europa fast keinen mehr, der nicht zur Schule ging.
Thaddeus schrieb:Mein Fehler.
In der Tat, das hast Du selbst verbockt. Ich meine, die Annahme, Schule würde zum Zwecke der Ausbeutung udgl. eingeführt, diese Annahme trieft ja dermaßen von Ideologie und Vorurteil. Und sie ist ein Schlag ins Gesicht jedes Wegbereiters der allgemeinen Schulbildung.
Da hat es dann einen sehr schalen Geschmack, daß ausgerechnet Du es kritikwürdig findest, wenn jemand sich für was besseres hält.