dawn62 schrieb:wir wissen alle hier das die katholische Kirche hinten ansteht wenn es um Wissenschaft geht.
Noch so ein Märchen. Abgesehen vom Modernismusstreit des 19. und bis ins 20. Jh. und da speziell auf die Fragen zur Geschichte der Erde, zur Geschichte des Lebens incl. des Menschen sowie zur Geschichte der Menschheit bezogen, abgesehen hiervon war die Katholische Kirche alles andere als hintangestellt, was Wissenschaft betrifft.
Aber die, die gerne vom Flacherdbild des Mittelalters und der Kirche sprechen und dies wie selbstverständlich für wahr halten, die nehmen auch diese generelle Wissenschaftsfeindlichkeit odgl. der Kirche für bare Münze und "das weiß man doch, ist hinlänglich bekannt". Zum Beispiel unterhält die Katholische Kirche nicht nur heute ein modernes Observatorium und beteiligt sich an einigen der modernsten Observatorien und Projekten der Gegenwart, es gab auch schon zu Galileis Zeiten ein solches katholisches Observatorium. Und Galileis Forschungen wurden von der Kurie durchaus wohlwollend wahrgenommen, ja er wurde von Kardinälen gefördert und zum Weiterforschen ermutigt, einschließlich durch den späteren Papst, mit dem es dann zum Eklat gab. Und es waren die weltlichen Kollegen Galileis von den Unis, die sich strikt geweigert hatten, durch das Teleskop Galileis auf die Jupitermonde zu schauen, mit denen er die Heliozentrik belegen wollte, das waren nicht die kirchlichen Astronomen. Der Konflikt zwischen Galilei und Kurie entbrannte nicht am Inhalt seiner Forschungen, sondern daran, daß Galilei nicht von einer Hypothese sprach, wie ihm dringend geraten wurde und es heute auch normal wissenschaftlich ist, sondern daß er einen Wahrheitsanspruch vertrat, von dem die Kirche meinte, nur sie dürfe bewerten, was wahr ist. Is zwar dämlich, aber es ging nicht um Befeindung oder Verhinderung von wissenschaftlicher Erkenntnis. Auch Kopernikus im fernen Polen wurde von zwei Kardinälen und einem Bischof gefördert und unterstützt, damit er seine Arbeiten veröffentliche.
Ab der Aufklärung entstanden zahlreiche dieser Märchen über das finstere Mittelalter und die wissenschaftverhindernde Kirche und was es sonst noch so gibt, und wir fangen heute erst allmählich und sehr sporadisch damit an, dies bisherigen "allgemein bekannten Tatsachen" loszulassen.
Nein, "wir wissen alle hier" ist weitestgehend ein kollektiver Irrtum, über Generationen mit der Muttermilch aufgesogen. Diese Generationen haben schlicht versagt, die "bekannten Tatsachen" nie zu hinterfragen und sich auf "wir wissen alle hier" auszuruhen. Immer hübsch nach dem Motto "Da müssen wir nicht lange drüber reden".