@all@oneisenough Immer, wenn es hier wieder um den Stein und den Kühlschrank geht, wird es auch für mich wieder spannend.
Zumal mir gestern ein paar Gedanken zum Selbst-Bewußtsein eingefallen sind.
Wäre da nur ich und der Stein wäre ich nicht Mensch, so einfach ist das. Zum Mensch-Werden braucht es Menschen. Wir werden nicht so einfach als Körper auf diesen schönen Planeten gebeamt und sind einfach und eignen uns dann Bewusstseinsinhalte an. Der Stein oder auch der Kühlschrank, so er als einziges außer mir existent wäre, sind Dinge, aber nicht Menschen. Weder ist sich vermutlich der Stein des Kühlschrankes bewußt, noch interssiert sich der Kühlschrank für den Stein.
Nur ich als Mensch, eben mit den Qualitäten, die Menschsein ausmachen kann etwas mit dem Stein oder auch dem Kühlschrank anfangen. Mit dem Stein, indem ich ihn zum Häuserbau verwende oder zum Feuer entfachen oder ich benutze ihn als Schmuckstein oder oder. Der Kühlschrank ist ein konstruiertes Ding, insofern schon bereits vom Menschen veränderter Bewußtseinsinhalt. Welt wird erst zum Bewußtseinsinhalt, wenn ich mich ihr zuwende oder sie sich mir aufdrängt. Wenn der Stein mir auf den Kopf fällt, fällt er in mein Bewußtsein.
;)Was zeichnet den Menschen aus? Verbindung und Trennung sind die beiden Bewegungen, die zu beobachten sind. Die Eizelle, die vorher im Verbund existierte, trennt sich, um sich auf ihre einsame Reise durch den Eileiter zu begeben mit all der Möglichkeit des Werdens, dass sie in sich trägt. Ebenso ergeht es der Samenzelle, die sich aus dem Strom der "Mitbewerber" löst und einsam und alleine eine Verbindung mit der unbekannten Eizelle einzugehen mit all den Informationen des Werdens ihrerseits, in ihr enthalten. Erst diese Begegnung und Verbindung schafft nach dem Vorgang der Trennung das Wunder des Lebens.
Der Mensch, der wird, ist von Anfang an in Verbindung mir seiner ihn umgebenden Welt, er erfährt Wärme, Bewegung, Laute, Nahrung und Lebendigkeit. Wenn er Glück hat, erfährt er schon in diesem Anfangszustand Liebe, Willkommenheißen und Freude. Dies sind seine Bewußtseinsinhalte, ohne dass er sich selbst als eigenständiges Wesen bewußt erfährt. Zumindestens ist dies der augenblickliche Wissensstand. Wie es sich wirklich verhält, kann niemand sagen, da uns die Erinnerung an diese Zeit fehlt, ebenso wie uns die Erinnerung an "Erlebnisse" im traumlosen Tiefschlaf fehlen. Inwiefern wir auch im Schlaf Bewusstseinsinhalte erfahren, ist bislang noch nicht ausreichend erforscht, es gibt widersprüchliche Aussagen z.B. über den Zusammenhang von Träumen und Lernfähigkeit.
http://www.stern.de/schlaf/aktuelles/lernen-im-schlaf-traumlos-gutes-gedaechtnis-641337.html Obwohl wir ein Drittel des Lebens verschlafen, wissen wir im Grunde wenig über diese Zustände.
Aber auch hier findet Trennung und Verbindung statt: die Trennung vom Wachbewußtsein, die Verbindung zu unbewußten Bewusstseinsinhalten, die durch emotionale Bewegungen im Traum "hervorgeholt" werden.
Marc Scheloske beantwortete im ScienceBlog die interessante Frage, ob unser Wissen im Traum größer ist als im Wachzustand. Er kommt zu dem Schluss, dass es auf Grund der im Traum meist emotionalen Auslöser einfach zu anderen und dadurch überraschenderen Erinnerungen kommt, die im rational kontrollierten Alltag nur selten zugänglich sind. Dieses "verborgene" Wissen wäre unter geeigneten Bedingungen aber auch zugänglich gewesen, es war nur nicht "optimal" genug verknüpft und abgelegt.
Quelle:
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/SCHLAF/Schlaf-Gedaechtnis-Lernen.shtmlDer Mensch erfährt sich von Anbeginn seines Werdens als Wesen, dass sowohl Verbundenheit als auch Trennung benötigt, um sich seiner selbst bewusst werden im Unterschied zu dem, was nicht zu ihm gehört. Menschen, die im frühen Stadium keine Bindung erfahren, sterben in diesem Stadium, der Prozess des Werdens ist nicht möglich. Zum sich seiner selbst bewußten, getrennten Menschen können sie erst gar nicht heraunreifen.
Daher hinkt das Beispiel mit dem Stein und dem Kühlschrank gewaltig. Denn den Menschen, dessen Welt nur ihn selbst un den Stein beinhaltet, kann es nicht geben. Ein solches Bewußtsein und ein solcher Bewußtseinsinhalt ist nicht existent, daher ist er falsch. Selbst ein Mensch, der durch Unglück, z.B. Verschüttung, was im Krieg oder im Bergwerk Realität werden kann, sich in einer Welt befindet, die nur aus ihm selbst und Stein(en) besteht, kann sich dessen nur bewußt werden, weil er über Sprache und Erinnerung verfügt. Diese aber konnte er allein in der Bindung und Trennung erlernen. Ohne Bindung existiert weder Sprache, noch Erinnerung, also auch keine reflektierter Bewusstseinsinhalt.
Selbst ohne Sprache erinnern wir gefühlsmäßige Eindrücke, die wir entweder vorsprachlich erwarben oder die wir im Rahmen einer verhinderten Sprachentwicklung aufnahmen (z.B. bei angeborener Beeinträchtigung). Auch diese Eindrücke sind nur als Werden möglich innerhalb der Bindung. Auch junge Tiere überleben nicht ohne Bestätigung ihres Seins, ohne Zuwendung, welche noch vor dem Überleben durch Nahrungsaufnahme steht. Ohne Menschen aber wird der Mensch nicht zum Menschen. Also auch nicht zum Bewusstseinsinhalte aufnehmenden und verarbeitenden Wesen.
Da das Selbst auch ohne Selbst-Bewusstsein vorhanden ist, geht es also um eine Verbindung des Bewusstseins und seiner Bewusstseinsinhalte mit dem Selbst. Das Selbst aber kann sich seiner selbst nur bewusst werden durch seine Erfahrung. Ohne Selbsterfahrung also auch kein wahres Selbstbewusstsein. Diese Selbsterfahrung beinhaltet sicher Aufmerksamkeit, denn ohne diese wäre keine (bewusste) Erfahrung möglich. Erfahrungen sind auch im Schlaf und im Trancezustand möglich, aber sie werden nicht erinnert, daher können sie nicht bewußt ins Selbst aufgenommen werden.
So wie ich den Thread verstanden habe, geht es um den Individuationsprozess, eine Integration der Inhalte und Erfahrungen aus der Lebensgeschichte des Einzelnen bis hin zur Lebensgeschichte der Menschheit, welches ein Bewusstsein über das eigene Selbst beinhaltet und nicht einen Trancezustand ohne bewusste Reflexion.
"Das Selbst ist Zentrum und Umfang der Psyche" (Quelle:
http://www.dr-wischmann.privat.t-online.de/jung.htm (Archiv-Version vom 09.09.2012)), diese Aussage beschreibt die Qualität des Selbst, m.E. in dem Sinne, dass es als Zentrum unbewusst in uns angelegt ist, und als Umfang die Reflexion aller bisher möglichen Erfahrungen (individuell und Menschheitsgeschichtlich) mit einbezieht, sich damit verbindet, um in der Trennung durch das individuelle Ich dies fühlend, denkend und handelnd zu integrieren. Das Ich verändert sich dabei, so denke ich gerade. Es bleibt nicht das, was es vorher war. Vielleicht ist es nicht getrennt mehr vom Selbst. Etwas Neues entsteht. Auch eine Art Geburt.
Verbindung - Trennung - Verbindung... ist es das, was Werden ausmacht?
Gruß
Sunna
@TheLolosophian @Jimmybondy @Lasker