Sei gegrüßt
@Bublik79 Es freut mich, dass dich der Beitrag angesprochen hat. Ich möchte hier auch gleichsam mit dem Endsatz des letzten Beitrags fortfahren, den ich aus der Chândogya-Upanishad zitiert hatte und der da lautete:
Dies Selbst ist im Herzen. Man erklärt das so: hridi ayam, es ist im Herzen. Wer so weiß, geht Tag um Tag in die Himmelswelt ein.«Jetzt müssen wir uns nämlich fragen, was das heißt, wenn davon gesprochen wird, das Selbst sei im Herzen und man erkläre es durch die Worte hridi ayam. Dazu müssen wir uns nun etwas in die Sprache Sanskrit einarbeiten und die Bedeutung dieser Worte offen legen. Hridi bedeutet nämlich soviel wie Zentrum und Ayam hat etwa die Bedeutung von Das, Dieses - ist somit ein Demonstrativpronomen. Übersetzen ließe sich das also ungefähr mit "Dieses Zentrum" oder "Das Zentrum" oder etwa mit "Es ist das Zentrum" und letzte Bedeutung kommt dem schon sehr nahe, denn es wird darauf verwiesen, dass es das Zentrum schlechthin ist. Zusammengesetzt nun ergibt hridi ayam das Sanskrit-Wort Hridaya und das bedeutet Herz. Das Herz zum anfassen aus Fleisch und Blut etwa? Nein, es bedeutet genauer gesagt eher spirituelles Herz. Es wird als verschieden vom physischen Herzen bezeichnet und befindet sich auch nicht auf der linken Seite, so sagt man, sondern es befindet sich auf der rechten Seite. Denn unser physisches Herz befindet sich normalerweise bekanntlich auf der linken Körperhälfte; das spirituelle Herz aber befinde sich gerade auf der rechten Seite, so sagte etwa Ramana Maharshi. Mit Hridaya ist also nicht unser fleischliches Herz gemeint, sondern unser spirituelles Herz.
Unser physisches Herz und unser spirituelles Herz werden also als verschieden bezeichnet und in entgegengesetze Richtungen gebracht. Und trotzdem können wir sie nicht einfach als total unterschiedlich bezeichnen, denn sie teilen sich beide, dass beide Herzen sind. Sie sind Herzen. Da frage ich mich, warum dieser Unterschied gemacht wird und warum diese Wechsel in der Richtung beider Herzen? Was hat das alles zu bedeuten? Vielleicht sollten wir uns auch vergegenwärtigen, dass auch unser physisches Herz in gewisser Hinsicht Zentrum ist, denn hier fließt alles Blut ein und aus, das verleiht Leben, hier, von dieser Quelle aus, wird unser gesamter Körper mit Leben erfüllt. Und vom spirituellen Herzen Hridaya heißt es nun, es sei Zentrum unseres Bewusstseins, es sei die Quelle und unsere wahre Natur. Hridaya sei der Ort jenseits unseres Egos und aller Gedanken, der Platz, wo alle Gedanken schwinden und nichtig werden. Es sei die pure Stille. So frage ich mich also auch, ob es denn nicht so sein könnte, dass mit dem physischen Herzen die Quelle der materiellen Energien und der Ausfluss materieller Energie und mit dem spirituellen Herzen die spirituelle Energie und der Ausfluss spiritueller Energien gemeint sein könnten.
Das ist eine gute Frage. Denn ich stelle mir die Frage, ob das spirituelle Herz denn schon selbst das Höchste sei, die Quelle schlechthin und das Ende allen Wissens oder ob es nicht noch eine höhere Quelle gibt und was eine Quelle überhaupt ist und in welcher Relation wir zu einer Quelle stehen. Das sind so unter anderem auch meine Fragen. Und um der Antwort auf diese zumindest etwas näher zu kommen, dazu ziehe ich nun die Bhagavad-Gita zu Rate. Und hierzu sollten wir nun erstmal wissen, dass diese Gita gemäß der Vaishnava einen Dialog des reinsten Menschen mit dem höchsten und einen Gott schlechthin darstellt. Gemäß dieser Auffassung spricht hier die höchste Persönlichkeit Gottes selbst, Krishna, und offenbart das vollkommene Wissen dem vollkommenen Menschen, der nur in der Lage sei, als Geweihter, dieses Wissen zu verstehen. So kann also unter anderem auch in Arjuna den idealen Geweihten selbst sehen. Ich glaube zumindest, das ist unter anderem auch Anspruch der Gita selbst, und das so versinnbildlicht in dieser Figur.
Da wir nun wissen, dass gemäß zumindest der Vaishnava (Eine Religion/Philosophie mit Ursprung in Indien.) die Bhagavad-Gita den Dialog mit Gott selbst darstellt und Krishna der höchste und eine Gott selbst ist, so können wir nun einen Schritt weiter gehen. Nämlich wurde die Gita offenbart, um zu Gott selbst zu führen und die Erkenntnis von Gott, dem Höchsten, selbst zu ermöglichen und wie man Gott erreichen kann. Und so lesen wir aus der Gita schon mal wie das unter anderem zu bewerkstelligen wäre:
6.13-14 Man sollte Körper, Nacken und Kopf aufrecht, in einer geraden Linie
halten und stetig auf die Nasenspitze starren. Auf diese Weise sollte man mit
ungestörtem, kontrolliertem Geist, ohne Furcht und völlig frei von Sexualität
über Mich im Herzen Meditieren und Mich zum endgültigen Ziel des Lebens
machen. Man solle also über ihn im Herzen meditieren. Meditieren, um schrittweise immer mehr Wissen über ihn zu erlangen. Dazu gäbe es nicht nur die Methode der Meditation, aber eben auch. Und nun heißt es ganz ähnlich weiter:
10.8 Ich bin der Ursprung der spirituellen und der materiellen Welt. Alles
geht von Mir aus. Die Weisen, die dies wissen, dienen Mir in Hingabe und
verehren Mich von ganzem Herzen. Wer also im Herzen über ihn meditiert und darum wissen, dass er der Ursprung der materiellen und spirituellen Welt sei, der diene ihm in Hingabe und verehre ihm aus ganzen Herzen. Mit diesem Herzen wird sicher Hridaya, also unser spirituelles Herz, gemeint sein. Und zu Hridaya hieß es nun, es sei der Ursprung uns Sitz unseres Bewusstseins und jenseits aller Gedanken und materiellen Energien. Aber heißt dies nun auch, dass es die höchste Quelle selbst ist, die höchste Wahrheit? Schlagen wir dazu wieder die Gita auf. Und jetzt wird es ganz interessant. Denn schließlich versuchen wir hier doch gerade, die Upanishaden durch die Bhagavad-Gita näher zu beleuchten. Und dazu müssen wir wissen, dass die Upanishaden Teil des Veda bzw. Vedanta sind. Und die Gita sagt nun aus, dass Krishna genau dieser Verfasser und alleinige Kenner der Veden sei und, das ist der Punkt, das Ziel eben dieser Veden es sei, Krishna zu erkennen. Und wodurch sollen wir Krishna erkennen und über ihn meditieren und Wissen über ihn erlangen: Durch unser spirituelles Herz und über dieses sagt er nun:
15.15 Ich weile im Herzen jedes Lebewesens, und von Mir kommen
Erinnerung, Wissen und Vergessen. Das Ziel aller Veden ist es, Mich zu
erkennen; wahrlich, Ich bin der Verfasser des Vedanta, und ich bin der
Kenner der Veden. Er ist es also, der in unserem spirituellen Herzen selbst weilt, durch das wir ihn sodann darin erkennen können, indem wir unser spirituelles Herz erkennen. Aber ist damit schon alles gesagt und damit das spirituelle Herz das höchste, was es gibt? Sind wir also Krishna selbst und offenbart uns die Gita lediglich Selbsterkenntnis? Ja und Nein, sage ich. Zwar heißt es:
10.20 Ich bin das Selbst, o Gudakesa, das in den Herzen aller Geschöpfe
weilt. Ich bin der Anfang, die Mitte und das Ende aller Wesen.Aber wir müssen hier differenzieren. Wir sind eins mit Krishna und er ist eins mit uns. Das der substanziellen Qualität nach, der Substanz nach. Aber nicht dem Umfang und der Vollkommenheit nach, nicht der substanziellen Quantität und der qualitativen Eigenschaften in ihrer Absolutheit und Allumfassenheit nach. Während er in unseren spirituellen Herzen weilt, so könnte man eventuell sagen, dass wir spirituelle Herzen
sind und eventuell auch
haben, aber wir trotz Einheit mit ihm doch verschieden von ihm sind. Denn wir sind ewige Individuen und Teile Krishnas so wie Krishna eine Persönlichkeit ist, immer mit ihm verbunden und doch von ihm getrennt. So lesen wir auch weiter in dem Gesang des Erhabenen (Bhagavad-Gita.) folgende Zeilen:
8.4 Die materielle Natur ist endlos wandelbar. Das Universum ist die
kosmische Form des Höchsten Herrn, und Ich bin dieser Herr, der von der
Überseele repräsentiert wird und im Herzen jedes verkörperten Wesens weilt. Er weilt also als Überseele im Herzen jedes Lebewesens. Und wenn nun das Individuum das spirituelle Herz, das in seiner Quelle verbunden ist mit dem Höchsten, dann ist das spirituelle Herz vielleicht selbst die individuelle Seele? Und dazu lesen wir nun ganz passend Folgendes:
13.28 Wer sieht, daß die Überseele die individuelle Seele in allen Körpern begleitet, und versteht, daß weder die Seele noch die Überseele jemals zerstört werden, besitzt wahre Erkenntnis.
13.29 Wer die Überseele in jedem Wesen und zu gleich überall sieht, setzt sich durch seinen Geist nicht herab, sondern nähert sich dem transzendentalen Ziel. Er weilt also als Überseele im Herzen jedes Lebewesens, weil er in allen Körpern die individuelle Seele als Überseele begleitet. Aber die Überseele ist wie das unpersönliche Brahman zwar identisch mit Krishna, aber nur zwei Aspekte Krishnas, auch wenn das unpersönliche Brahman von der Überseele nicht wegzudenken ist. Die absolute Wahrheit aber nun besteht aus drei Aspekten. Dazu werden wir aber etwas später kommen. Denn erst müssen wir noch dazu kommen, dass in der Gita das unpersönliche Brahman klar als Krishna untergeordnet betrachtet wird:
13.13 Ich werde dir nun das Erkennbare erklären, und wenn du es kennst,
wirst du das Ewige kosten. Es ist ohne Beginn und Mir untergeordnet. Es
wird Brahman genannt, die spirituelle Natur, und befindet sich jenseits von
Ursache und Wirkung der materiellen Welt.
13.14 Seine Hände, Beine, Augen und Gesichter sind überall, und Er hört
alles. Auf diese Weise existiert die Überseele.
13.15 Die Überseele ist der Ursprung aller Sinne, und dennoch ist Sie ohne
Sinne. Der Herr ist unangehaftet, obwohl er der Erhalter aller Lebewesen ist.
Er ist transzendental zu den Erscheinungsweisen der materiellen Natur,
doch zugleich ist Er der Herr über alle Erscheinungsweisen.
13.16 Die Höchste Wahrheit existiert sowohl innerhalb als auch außerhalb -
im sich Bewegenden und im sich nicht Bewegenden. Er befindet sich jenseits
der Reichweite der materiellen Sinne. Obwohl Er weit entfernt ist, ist Er doch
allem sehr nah.
13.17 Obwohl die Überseele in viele aufgeteilt zu sein scheint, ist Sie niemals
geteilt. Er ist eins. Obwohl Er der Erhalter jedes Lebewesens ist, verschlingt
und entwickelt Er sie alle. 13.18 Er ist der Ursprung des Lichtes in allen leuchtenden Objekten. Er
befindet sich jenseits der Dunkelheit der Materie und ist unmanifestiert. Er
ist Wissen, Er ist das Objekt des Wissens, und Er ist das Ziel des Wissens.
Er weilt im Herzen jedes Lebewesens. Hier sieht man auch, dass Qualitäten von unpersönlichem Brahman und Überseele trotz Unterschiedlichkeit ineinander doch übergehen und oft schon fast synonym gebraucht werden, ganz ähnlich wie es im Christentum mit der Trinität bestellt ist, wo die drei Naturen Gottes ineinander quasi übergehen. Aber das unpersönliche Brahman ist genauso wie die Überseele nur Aspekt der höchsten Wahrheit mit einem Dritten im Bunde: Bhagavan, der höchsten Persönlichkeit Gottes selbst, Shri Krishna. Hierzu schlagen wir nun das Srimat-Bhagavatam und das
Chaitanya-Charitamrita auf:
„Es gibt viele Persönlichkeiten, welche die Eigenschaften Bhagavans besitzen, aber Krishna ist die Höchste, da ihn niemand übertreffen kann. Er ist der höchste Meister, und sein Körper ist ewig, voller Wissen und voller Glückseligkeit. Er ist der urerste Herr, Govinda, und er ist die Ursache aller Ursachen.“ (Bs 5.1)
„Ich verehre Govinda (ein Name Krishnas), den urersten Herrn, dessen transzendente Gestalt voller Glückseligkeit, Wahrheit und ewigem Sein ist und daher den strahlendsten Glanz verbreitet. Jedes einzelne seiner transzendenten Körperglieder birgt sämtliche Funktionen aller anderen Organe und Sinne in sich, und er sieht, manifestiert und erhält ewiglich die unbegrenzte Zahl aller spirituellen und materiellen Universen.“ (Bs 5.32)„Was die Upanishaden als gestaltloses Brahman beschreiben, ist wahrlich nur die Ausstrahlung seines Leibes. Der Purusha als Paramatma, als innerer Lenker, ist ein vollständiger Teilaspekt seiner Herrlichkeit, er (Chaitanya Mahaprabhu) ist Bhagavan-svayam, Shri Krishna selbst, mit allen sechs Reichtümern grenzenlos erfüllt. Er ist die absolute Wahrheit, und keine andere Wahrheit ist größer als er und nichts kommt ihm gleich.“
(Cc 1.1.3)Über alle drei Aspekte wird hier ausführlicher berichtet und vor allem auf alle drei eingegangen. Alle drei sind die ein und selbe Wahrheit, der ein und selbe Gott, eben Aspekte der höchsten Wahrheit.
http://www.bhakti-yoga.ch/Grundlagen/brahman_paramatma_bhagavan.html (Archiv-Version vom 29.11.2012)Weiterhin kann man sich hier nochmal genauer über die Etymologie und Bedeutung des Wortes Hridaya informieren:
http://www.georginapeard.com/about/hridaya (Archiv-Version vom 16.07.2015)Und hier ist ein Auszug aus einer Rede von Ramana Maharshi zum spirituellen Herzen Hridaya, wie es auf Sanskrit heißt:
http://www.angelfire.com/indie/anna_jones1/hridaya.html