perttivalkonen schrieb am 26.11.2022:Selbst von zahlreichen der weiter entfernten Exoplaneten können wir davon ausgehen, daß diese ebenfalls aus dem ringförmigen Bereich um das Galaktische Zentrum herum stammen, in dem auch der rote Kreis liegt.
Das schrieb ich vor wenigen Wochen, und damit schein ich gehörig falsch gelegen zu haben.
Kurze Erinnerung, etwas mehr als 95% aller bislang entdeckten Exoplaneten befinden sich in unserer galaktischen Nachbarschaft, in einem Umkreis von 5000 Lichtjahren, fernab vom Rand der Milchstraße, fernab vom Bulge im Zentrum. Mit zunehmender Entfernung werden es weniger detektierte Exoplaneten. Mit obiger Aussage drückte ich meine Überzeugung aus, daß weiter entfernte bereits entdeckte Exoplaneten eher in weiter entfernten Bereichen der galaktischen Scheibe (fern von Bulge und Rand) statt in dem Bereich des Bulges liegen werden.
Dem scheint aber nicht so.
In der Wiki-Liste der Exoplaneten wird für jedes System auch die Rektaszension angegeben. Das ist eine Gradangabe nach dem alten Himmelskoordinatensystem, und der Nullmeridian, ab dem die Rektaszensionswinkel zählen, verläuft dort, wo die Ekliptik den Äquator am Frühlingspunkt schneidet. Das Bild von der Galaxis mit Sonnenposition, welches ich in dem damaligen Beitrag eingestellt habe, zeigt ebenfalls ein Koordinatengitter, aber ein anderes, bei dem das Galaktische Zentrum bei 0° liegt. Die Rektaszension des Galaktischen Zentrums wäre 265,6°.
Wenn ich nun die Rektaszension der Exoplaneten richtig ins Galaktische Koordinatensystem übertragen habe, dann ergibt sich folgende Situation der Verteilung der detektierten Exoplaneten:
Original anzeigen (0,5 MB)Insgesamt scheint es zwei Hauptsektoren der galaktischen Ebene gegeben zu haben, in denen die allermeisten Exoplaneten gesucht und gefunden wurden. Ein mal in Richtung Galaktisches Zentrum und einmal "links daneben". Beide Sektoren habe ich mit je einem schwarzen Strich eingegrenzt. Innerhalb des Roten Kreises wurden, wie ich damals schon schrieb,
perttivalkonen schrieb am 26.11.2022:3227 der gelisteten Exoplaneten, also mehr als 95 1/4 Prozent aller Exoplaneten
detektiert. Aber 1517 davon allein in dem linken schwarz eingegrenzten Segment. Die übrigen 1710 Exoplaneten verteilen sich ziemlich gleichmäßig über den Rest des vom roten Kreis eingegrenzten Gebietes. Im rechten schwarz gerahmten Segment findet sich auch keine signifikante Exoplanetenhäufung: 63 Exoplaneten auf 10,28° sind etwas mehr als das Mittel, aber noch normale Schwankung (zwischen 60 und 70° Rektaszension wurden 68 Exoplaneten gefunden, zwischen 160 und 170° sogar 75 Planeten...).
Dieser rechte Durchmusterungsbereich der Galaxie scheint sich mehr auf Systeme größerer Entfernung konzentriert zu haben. Exoplaneten zwischen 5000 und 10000 Lichtjahren Entfernung (zwischen rotem und gelbem Kreis) wurden hauptsächlich im linken Durchmusterungssegment detektiert, vom Rest hier gefundener Exoplaneten liegt wiederum die Mehrzahl in diesem rechten Durchmusterungsbereich. Nur 9 Exoplaneten liegen außerhalb dieser beiden Bereiche. Von allen weiter als 10000 Lichtjahre entfernten Exoplaneten liegen mit 89 fast alle in diesem rechten Durchmusterungsbereich, nur 13 wurden in anderer Richtung entdeckt.
Nun geht dieser Durchmusterungsbereich - wenn ich die Rektaszensionen richtig ins Galaktische Koordinatensystem übertragen habe - voll über den Bulge im Zentrum der Galaxie. Und mit den angegebenen Entfernungen der Exoplaneten bzw. ihrer Sternsysteme liegen also 42 Exoplaneten im Bereich des Bulges, zumindest an dessen Rand. Zumindest im Bulge selbst sollte es aber unterdurchschnittlich viele Sterne mit Planeten geben, wenn wir bedenken, daß im Bulge die meisten Sterne alt sind (und zwar 12,8 Milliarden Jahre lt. englischer Wiki), also eine zu geringe Metallizität besitzen müßten.
Natürlich hat die Milchstraße nicht nur eine "Breite" (lso ihren Durchmesser von Rand zu Rand), sondern auch eine "Dicke". Und auch der Bulge im Zentrum hat also einen "Rand" (nördlich wie südlich der Mittelebene der Galaktischen Scheibe), in dem die Sternendichte nicht mehr so hoch ist, es also Bedingungen wie weiter weg vom Bulge gibt. Hier hilft nur Bestimmung der Position der Bulge-Exoplaneten dann die Deklination, die ebenfalls für das Koordinatensystem unseres "Himmelsglobus" angegeben sind und erst für die Galaktische Scheibe umgerechnet werden müssen. Aber auch da liegen nahezu alle Exoplaneten sehr nahe an der Zentralebene der Galaktischen Scheibe, also "mittenmank im Bulge".
Allerdings ist die Sternendichte im Bulge seeeeehr viel höher als hier in unserem Bereich. Hab mal was von bis zu einer Milliarde mal höher gelesen, aber keine verläßliche Quelle bisher gefunden. Aber diese Sternendichte scheint der Schlüssel zur Erklärung zu sein. Denn wenn im Bulge pro Raumeinheit sagenwirmal 10.000 mal so viele Sterne vorkämen wie hier bei uns (Umgebung der Sonne), zugleich aber bei uns jeder X-te Stern Planeten hat, dort hingegen nur jeder 5000*X-te Stern, dann gäbs dort pro Raumeinheit sogar doppelt so viele Planetensysteme pro Raum wie hier. Weniger als in der Scheibe, die ja mehr Raum einnimmt als der Bulge, aber immerhin. Und dennoch wäre der Bulge mit nur einem Fünftausendstel soviel Planeten pro Stern wie hier bei uns extrem planetenarm zu nennen. Was dann ja gut zu dem zumeist zu hohen Alter der Sterne und der damit einhergehenden zu geringen Metallizität zusammengeht.
Insofern passen selbst die "ziemlich vielen" Exoplaneten für den Bulge-Bereich für meine Ausführungen, daß der Bulge eigentlich planetenarm sein muß.
Daß Bulgeplaneten für Exoleben denkbar ungeeignet sind, schrieb ich ja schon. Hier noch ein Scienceblog-Artikel von Florian Freistetter dazu:
https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2016/01/13/zur-haeufigkeit-von-planeten-im-galaktischen-zentrum/