@neoschamane Was die dort meinen, ist eigentlich ziemlich einfach.
Nimm die Dezimalziffern 0 bis 9. Die Einzelwahrscheinlichkeit, daß eine einzelne zufällige Ziffer just die 9 ist, liegt bei 1/10. Nun nimm eine Folge von zwei Ziffern. Wie hoch ist hier die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um die Ziffernfolge 56 handelt? Klar, 1/100. Und wie hoch ist nun die Wahrscheinlichkeit, daß bei einer Ziffernfolge von einer Million Ziffern eine ganz spezielle Folge vorkommt? 1/10
1.000.000! Extremst unwahrscheinlich, daß irgendein Mensch diese mal wirklich zufällig irgendwo entdeckt. Oder daß ein taschenrechnertippender infinite Monkey diese spezielle Folge wirklich mal eintippt. Aber bei unendlich vielen, unendlich lange Ziffern eintippenden Monkeys ist die Wahrscheinlichkeit, daß diese Ziffernfolge mal auftritt, eben 1. Und nicht nur das, diese Ziffernfolge wird auch unendlich mal eingetippt, nicht nur ein Mal.
Das Handycap an diesem "formalen Beweis" für das Infinite-Monkey-Theorem: der dafür nötige Zufall.
Es ist nun aber gar kein wirklicher Zufall, welche Zeichenfolgen bei tippenden Affen entstehen. Tipp Du mal wahllos auf Deiner Tastatur herum, eine Seite voll vielleicht, gerne mehr, und am Ende zähle mal nur die Buchstaben aus: wie viele As, wie viele Bs, wie viele... Du wirst feststellen, daß es Unterschiede gibt. Ebenso, wenn Du Buchstabengruppen auszählst, also wie oft kommt AA vor oder BZG oder WRDLBRMPFT.
Du kannst es auch anders machen. Tipp ein paar Zeilen mit der Tastatur, und vergleich den "Text" mit dem, den Du erstellst, indem Du alle Buchstaben auf je eine Pappe schreibst, diese Teile in einen Beutel tust, immer eine Pappe rausnimmst, Buchtaben aufschreibst und die Pappe zurück in den Beutel steckst (und dann schüffelst). Beide "Texte" sehen auffällig verschieden aus. Bestimmte Buchstabenfolgen werden beim Tastenklimpern immer wieder auftauchen, bestimmte andere hingegen nicht. Drei mal der selbe Buchstabe hintereinander beim Klimpern ist quasi ausgeschlossen. Eben weil es gar nicht so "rein zufällig" ist, wie man es sich in der Theorie, Mathematik und Stochastik gerne wünscht. Es gibt durch die Tastenanordnung, durch unsere Handposition, Fingeranatomie und Bewegungsabfolgen gleichzeitig "klimpernder" Finger eben bestimmte Zwänge.
Deswegen ist der "formale Beweis" des Infinite-Monkey-Theorems eben auch kein echter Beweis. In der realen Welt gibt es zahlreiche solcher "Bedingtheiten", die eine garantierte Erzeugung jeder denkbaren Kombination, gar eine wiederholte, sogar unendlich wiederholte, ausschließen können. Grundsätzlich ist es physikalisch möglich, daß die Scherben eines kaputten Glases vom Boden hochgeworfen werden, sich dabei zusammenfügen und am Ende als ganzes Weinglas auf dem Rand eines wackeligen Tisches landen. Real wird das nie passieren. Und wenn doch einmal, dann nicht wiederholt oder in einem unendlichen Universum garantiert unendlich mal.
Theoretiker arbeiten gerne mit dem total idealisierten stochastischen "reinen Zufall". Und arbeiten damit an der Realität vorbei. Zufälle gibt es, aber nur als kontingente Ereignisse verschiedener Kausalketten und unter einengenden Bedingungen. Der blanke Zufall ist ein theoretisches Konstrukt wie der ideale Kreis: gibts nur näherungsweise.
Nimm 6 aus 49. Die Zahlen werden zufällig gezogen, geradezu reiner Zufall. Nun schreib die gezogenen Zahlen hintereinander, in der Folge ihres Gezogenseins. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine einzige Ziffer davon jetzt die 4 ist? oder die 5? Jedenfalls ist diese Wahrscheinlichkeit nicht gleich hoch.
Bei 6 aus 49 kommen 9 einstellige Zahlen vor und 40 zweistellige. An der Einerstelle kommen die 1 bis 9 je fünf mal vor, die 0 aber nur 4 mal. Dann kommen die 1 bis 4 an der Zehnerstelle je 10 mal vor. Wir haben also die Auftretenswahrscheinlichkeit
0 -> 4/89
1-4 -> 15/89
5-9 -> 5/89
Damit ist eine völlige Chancengleichheit nicht mehr gegeben.
Und wenn Du nun nach einer Ziffernfolge suchst, wirst Du auch mal fünf aufeinanderfolgende Einsen finden (21, 1, 11, 15), aber nur maximal zwei aufeinanderfolgende Neunen (39, 9), doch die Null stets einzeln. Es liegt eine reine Zufallserzeugung der Ziffernfolgen vor, aber kein infinite Monkey wird Dir je 00 oder 999 damit hervorbringen.