Verwunderter schrieb:Definitionsfrage wäre, ab welcher Dauer des Aufenthalts man ehemals "außerirdischen Kram" als irdischen Kram bezeichnen
müsste
Dafür gibt es zwei Definitionen.
Erst mal zur Vorgeschichte. Die ganze Erde besteht aus extrasolarem Material. Wäre nur aus der "heimischen" Gaswolke unsere Sonne entstanden, hätte es nicht einen Planeten, auch keinen einzigen Asteroiden gegeben. Schwerere Elemente als Wasserstoff und Helium entstehen erst in einem Stern, wenn dieser "brennt". Brennt am Ende so ein Stern aus und erlischt, fällt er in sich zusammen. Der Implosionsdruck reicht allerdings aus, die äußere Hülle abzusprengen, und das darin enthaltene Material an schweren Elementen fliegt in die Umgebung und landet in der nächsten Gaswolke. Hier nun können bei der nächsten Sternenentstehung auch Planeten entstehen.
In dem Sinne wäre auch die Erde nicht "irdisch", nicht mal solar. Aber klar, alles, was zur Erde seit deren Entstehung gehört, ist irdisch.
Und damit haben wir die erste Definition.
Doch wann war die Erde denn "fertig"? Gleich, als sie ein planetarer Riesenklumpen war? Da nicht. Da stürzte wahrscheinlich der (Proto-)Planet Theia auf Gaia (=Protoerde), vermengte sich, und das hinausgeschleuderte Impaktmaterial bildete den Mond. Doch selbst danach war die Entstehung noch nicht abgeschlossen. Denn als sich die Erde bildete, war sie praktish durhgängig flüssig. Und wie das so mit der Schwerkraft ist, die schweren Sachen sinken ab, die leichten schwimmen oben. Darum sind die schweren Elemente, hauptsächlich Eisen, Nickel und der ganze Rest, im Erdkern, wogegen Mantel und Hülle aus Silizium, Aluminium und sonem Leichtkram bestehen. Und weil es arg heiß war, als "Steine flüssig" waren, ist alles Wasser und jegliche Atmosphäre ins All weggedunstet. Nun gibts aber Wasser und Luft, und nun gibts auch oberflächennah Erzadern, Goldlagerstätten, Uran. Wieso sind die nicht alle tief unten im Kern? Weil es diese Elemente auch in anderen Himmelskörpern im Sonnensystem gab, in Planeten, Monden, Planetesimalen, Asteroiden, Staub. Und in der Frühzeit flog damals noch sehr viel mehr herum und knallte zahlreich auf die frühe erkaltete Erde. Daher konnte das schwere Zeug nicht mehr in große Tiefen absinken und das leichte nicht gleich wieder ins All verdunsten. Irgendwann wurde dieser Asteroidenregen aber immer dünner, und was seither runterkommt, produziert nicht mehr ganze Erzlagerstätten. Die Grenze ist ein wenig schwimmend, und ich kann Dir auch nicht genau ausm Kopf sagen, wann das wenigstens ungefähr war. Auf jeden Fall irgendwas zwischen 4,5 und 4 Milliarden Jahren.
Also sind nach dieser Definition Lagerstätten irdisch, auf der Erde gefundene Meteoriten außerirdisch. Auch ein Raumschiff, das noch während des "
Großen Bombardements" hier gelandet wäre, wäre heute "irdisch", weil dein Material längst schlicht zu Krustenmaterial geworden wäre. Ein Raumschiff, das vor vier Milliarden hier runterging, oder noch später, wäre wohl noch immer "außerirdisch".
Die zweite Definition achtet gar nicht so sehr auf die Altersfrage. Da gibts diesen Dolch als Beigabe aus dem Grab von Tut Ench Amun, die Klinge ist aus Eisen. Und zwar aus Meteoriteneisen. Hättense den Meteoriten belassen und als Grabbeigabe mitgegeben, dann wäre das Ding noch immer außerirdisch. So aber habense den zu der Klinge jenes Messers verarbeitet, und als Klinge isses irdisch. Nur das Material der Messerklinge, das bleibt weiterhin außerirdisch. Aber die Klinge selbst, obwohl sie aus nichts anderem besteht ---> irdisch. Letztlich ist diese Definition das gleiche, wieso die Erde aus extrasolarem Material besteht, aber dennoch zu recht "irdisch" zu nennen ist (was quasi die nullte Definition war). Oder wieso bei der ersten Definition auch das solare, aber außerirdische Material, das früh und zahlreich hier runterknallte, dennoch als irdisch gilt; eben weil es zur Bildung der Erde beigetragen hat (wie das Meteoreisen zur Bildung des pharaonischen Messers beitrug) und nicht wie ein heute auf der Erde gefundener Meteorit quasi als "Fremdkörper" halt so rumliegt.
Dennoch unterscheiden sich die beiden Definitionen ein wenig, denn beim Meteoriteneisen-Messer nennen wir nur die Klinge (bzw. das ganze Messer) irdisch, aber das Klingenmaterial weiterhin außerirdisch. Aber die Eisenerzlagerstätte gilt nicht nur als Objekt als irdisch, sondern auch als die Summe des darin enthaltenen Eisens.
Freilich glaube ich nicht, daß es bei den Vereinten Nationen irgendeine Kommission oder Institution á la "Welt-Materialdefinitions-Organisation WMO" gibt, von der ein Dokument so einer weltweit gültigen Definition herausgegeben wurde. Letztlich habe ich da also eher anekdotisch den mir bekannten Istzustand der Bewertung von Materialien und Objekten als irdisch/außerirdisch wiedergegeben.