Bishamon schrieb:er hat nicht übersetzt, sondern mystisch spirituell seine Gefühle und Gedanken niedergeschrieben.
http://aramaicnt.org/2007/06/09/o-father-mother-birther-of-the-cosmos/ (Archiv-Version vom 03.09.2019)
Yepp, Caruso bringts gut rüber. Auch die Kommentare (soweit ich sie gelesen habe) sind z.T. erhellend.
Ich zitier mal ein bisserl was und kommentiere es anschließend. Dabei gebe ich zum Zitierten die Google-Übersetzung mit an.
Bishamon schrieb:There are, unfortunately, several Aramaic versions that exist historically.
Es gibt leider mehrere aramäische Versionen, die historisch existieren.
Nicht daß jemand denkt, der Caruso sagt, daß es da unterschiedliche Versionen gibt, wogegen der Pertti doch behauptet habe, überall stehe das gleiche.
Meine erste Aussage dazu war "
Das sollte schon mal reichen, um zu zeigen, daß dieses aramäische Vaterunser dann doch mehr Ähnlichkeit hat mit dem, was wir gemeinhin darunter kennen". Später "
da steht das Vaterunser so drin, wie wir es heute aus Matthäus6 und Lukas11 kennen" - na und da die beiden Versionen bei Matthäus und Lukas schon voneinander abweichen, kann diese meine Aussage nicht im Sinne "exakt und wortwörtlich so" gemeint sein, sondern nur im Sinne meiner ersten Aussage. Ferner "
Und auch da begegnet das Vaterunser in altbekannter Form." Kurz darauf "
Immer so, wie wir es kennen." Losgelöst könnte man sowas als "exakt so, wortwörtlich so" mißverstehen, aber nicht im Kontext meiner Darlegungen.
Und so schreibt auch Caruso denn:
these differences are nothing much more than one would find between two modern Bible translations. They basically say the same thing.
Diese Unterschiede sind jedoch nicht viel mehr, als man zwischen zwei modernen Bibelübersetzungen finden würde. Sie sagen im Grunde das Gleiche.
Wie gesagt, das ist jetzt nur "vorbeugend", nicht daß jemand denkt, ich hätte geagt, alle alten Belege des Vaterunsers wären gleichlautend gewesen. Man könnte allenfalls in dem Sinne sogar von "identisch" sprechen, als damit ausgesagt wird, wie ich schrieb: Die Vaterunser-Versionen weichen "
Nie auch nur annähernd so, wie Du es hier präsentiert hast" voneinander ab.
Ebenso hab ich ja ein deutliches Werturteil abgegeben: "Das da oben ist keine Übersetzung, das ist Esogewimmer auf Psilocybin. Und "unverfälscht" ist Gegenteiltag." Esogewimmer auf Psilocybin und verfälscht. Das klingt so, als würde ich den Inhalt dieser "Übersetzung" abwerten. Caruso hingegen schreibt:
For the record, let it be known that I have absolutely no problem with mysticism and I find it a valid expression of religion. I do, however, have a problem with mistaken claims
Lassen Sie uns wissen, dass ich absolut kein Problem mit Mystik habe und es für einen gültigen Ausdruck der Religion halte. Ich habe jedoch ein Problem mit falschen Behauptungen
Und so schrieb ja auch ich ausdrücklich, was ich mit Esogewimmer und verfälscht meinte: "Das da oben ist keine Übersetzung". Ich werte es also ab, daß jemand sein eigenes mystisches Verständnis von "Himmel = Universum odgl.", "Vater = Mutter inbegriffen" etc. p.p. als "authentische Übersetzung des Aramäischen" ausgibt (das hätte derjenige auch mit dem griechischen Vaterunser-Text machen können oder mit jeder beliebigen heutigen Bibelübersetzung). Hier wird also vorgetäuscht (und z.T. ausdrücklich so vorgegeben, weil ja das Aramäische so viele Bedeutungsnuancen hätte), daß es sich um eine Übersetzungstätigkeit von einer Sprache A in eine Sprache B handele. Genau dasselbe also, wogegen sich Caruso vehement verwehrt.
Also auch hier, wir sagen dasselbe.
So ist es ja auch bei mir, daß ich niemals jemanden wegen seiner Auffassungen, seines Glaubens, seiner Meinung angehen würde. Es ist völlig legitim, in Gott auch den weiblichen Aspekt zu sehen und zu bekennen, oder den Himmel als "Wohnort Gottes" als "das ganze Universum" aufzufassen oder als "in mir, in jedem Menschen" usw. Und wenn jemand das Gebet des Herrn spricht, dann ist es nur zu richtig, dies auch mit seinem eigenen Verständnis zu füllen. Wieso sollte jemand, der Gott für eine Frau hält oder für männlich-weiblich - oder für geschlechtslos, weil Geist - wieso sollte der mit dem Wort "Vater" in dem Gebet wirklich nur etwas strikt Männliches meinen dürfen?
Auch mir sind einige der Vorstellungen, die in der hier verhandelten "Übersetzung aus dem Aramäischen" vorkommen, nicht nur vertraut, es sind meine eigenen Vorstellungen! Sowas kann ich dann schlecht "Esogewimmer" nennen. Eso meint "die 'Übersetzung' is wohl gechannelt", und Gewimmer meint "Was auch immer, aber ein ordentlicher Satz als ordentliche Übersetzung eines ordentlichen Satzes ist das nicht". Daß mein Werturteil anders klingt, ist mir bewußt. Daher hier nun die Zurechtrückung. Ich bin mit meinen Ausdrucksweisen wahrlich kein Diplomat - falls das noch keinem aufgefallen sein sollte. Aber sachlich meinte ich es eben auch nur so, wie Caruso, der es deutlich - und angenehm - besser vermittelt.
Bishamon schrieb:am nähesten komme ich mit der Elberfelder: "das Rad des Werdens" in der wörtlichen Version (ansonsten "den Lauf des Daseins").
Ansonsten wird mit Leben und Natur übersetzt.
wie kommt jw.org auf "Geburt"?
Weil das
auch Geburt meint. Das γενέσεως (geneseōs) ist der Genitiv Plural von "genesis", Werdung". Das Erste Buch Mose wird auch Genesis genannt, weil die Vokabel auch "Schöpfung"; "Erschaffung" meinen kann, "Hervorbringung". Das zugrundeliegende Verb "gennan" nun taucht ebenfalls oft in der Bibel auf, sehr zahlreich in Matthäus1. Gleich in Vers 2 heißt es:
Ἀβραὰμ ἐγέννησεν τὸν Ἰσαάκ, Ἰσαὰκ δὲ ἐγέννησεν τὸν Ἰακώβ, Ἰακὼβ δὲ ἐγέννησεν τὸν Ἰούδαν καὶ τοὺς ἀδελφοὺς αὐτοῦ,
Abra(h)am egennêsen ton Isaak, Isaak de egennêsen ton Iakôb, Iakôb de egennêsen ton Iudan kai tus adelfus autu
Abraham zeugte den Isaak, Isaak aber zeugte den Jakob, Jakob aber zeugte den Juda und dessen Brüder
Bei einer Frau verwendet meint es dann "gebären". Lukas1,57
Τῇ δὲ Ἐλισάβετ ἐπλήσθη ὁ χρόνος τοῦ τεκεῖν αὐτὴν καὶ ἐγέννησεν υἱόν.
Tê de Elisabêt eplêsthê ho chronos tu tekein autên kai egennêsen hyion
Der aber Elisabet sich-füllte die Zeit des Kinderkriegens ihres und gebar Sohn
Für Elisabet aber erfüllte sich die Zeit ihres Gebärens, und sie gebar einen Sohn.
Auch das Wort "genesis" kann dies ausdrücken. Siehe z.B. 1.Mose11,10 in der altgriechischen Bibelübersetzung der Septuaginta:
Καὶ αὗται αἱ γενέσεις Σημ· Σημ υἱὸς ἑκατὸν ἐτῶν, ὅτε ἐγέννησεν τὸν Αρφαξαδ, δευτέρου ἔτους μετὰ τὸν κατακλυσμόν.
Kai hautai hai geneseis Sêm: Sêm hüios hekaton etôn, hote egennêsen ton Arfaxad, deuteru etus meta ton kataklysmon
Und diese sind die Geburten(folgen) Sems: Sem war 100 (war Sohn von 100 an Jahren), als er den Arpachschad zeugte, zwei Jahre nach dem (Flut-)Kataklysmus.
Im Hebräischen steht als Verb jalad, was zeugen / gebären heißt (vergleiche das Nomen jäläd = Kind), und das Substantiv ist toledot (Plural von toleda), wo auch das jalad drin steckt (das Jod ist schwach und verschwindet hier). - Ach ja, geneseis ist Nominativ Plural von genesis.
Zurück zu Matthäus1. Im ersten Vers heißt es ganz im Sinne der alttestamentlichen Geschlechtsregister ("toledot"):
Βίβλος γενέσεως Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ Δαυὶδ υἱοῦ Ἀβραάμ.
Biblos geneseôs Iêsu Xhristu hyiu David hyu Abra(h)am.
Buch der Geburten(folgen) Jesu Christi des Sohnes Davids des Sohnes Abrahams.
Auch in Lukas1,14 kommt genesis vor und meint Geburt.
Und er wird dir zur Freude und Wonne sein, und viele werden sich über seine Geburt freuen.
Sonst taucht die Vokabel nur noch bei Jakobus auf, in 3,6 und nochmals zuvor in 1,23.
ὅτι εἴ τις ἀκροατὴς λόγου ἐστὶν καὶ οὐ ποιητής, οὗτος ἔοικεν ἀνδρὶ κατανοοῦντι τὸ πρόσωπον τῆς γενέσεως αὐτοῦ ἐν ἐσόπτρῳ·
hoti ei tis akroatês logu estin kai u poiêtês, hutos eoiken andri katanounti to prosôpon tês geneseôs autu en esoptrô;
daß wenn jemand Hörer des Wortes ist und nicht Täter (des Wortes), (der) gleicht (einem) Mann beobachtend das Angesicht der Werdungen seines in (einem) Spiegel;
Die Wendung "das Angesicht der Werdungen seiner" ist eine Genitivverbindung, bei der der im Genitiv stehende zweite Term auch als Attribut des ersten übersetzt werden kann, und das "seines" bezieht sich ohnehin auf diesen ersten Term. Da das "Werdung" eh unhandlich ist und sich auch nicht zu einem Adjektiv umwandeln läßt, kann man hier ein "sein natürliches Angesicht" übersetzen. Wobei sich der Kreis schließt, wenn man weiß, daß das lateinisch entlehnte "Natur" von "Geburt" herkommt. "natus" geboren, siehe pränatal, postnatal, aber auch in italienisch "buon natale" für "Frohe Weihnacht" (wörtlich "gute Geburt(sfeier)".
Jakobus1,23 spricht also vom "geburtlichen Aussehen", nicht vom Aussehen zur Zeit der Geburt, sondern "als was ich geboren bin", von Natur aus eben.
Während nun genesis in Matthäus1 und Lukas1 eindeutig "Geburt" meint, ist in Jakobus1 eben nicht die Geburt an sich ausgedrückt, sondern eine Art "irdisches Verhaftetsein". Eben was man "von Natur aus", was man "von Geburt an" ist. Und nicht was man "geistlich" sein solle. Ganz wie auch Paulus sagt, daß alle Menschen Sünder sind und nicht einer gerecht sei (also "Täter des Wortes"). Es ist unsere Natur, irdisch verhaftet zu sein. Christen aber sollten "geistlich" sein, im Glauben eben. Der Jakobusbrief kritisiert nun dieses paulinische Verständnis, daß "einfach glauben" als Lösung so simpel wäre (zumindest kritisiert er ein Verständnis vom paulinischen Verständnis). Man könnte Jakobus da im Sinne von Hesekiel36,26-27 verstehen:
26 Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.
27 Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.
Nicht mehr nach der Natur leben, sondern nach dem Geist. Wer nicht Täter des Wortes ist, so Jakobus, der sieht in seinem Spiegel nicht den geistlichen Menschen, sondern den natürlichen Menschen, den Geborenen statt den Neu-Geborenen.
Wenn nun aber klar ist (sein sollte), daß im Jakobusbrief mit "genesis" durchaus "Geburt" gemeint ist, aber nicht im Sinne eines "geborenwerden", sondern im Sinne eines "irdischsein", eines "dieser Welt verhaftet", dann versteht sich auch 3,6 "Rad der Geburten" als "alter Trott", aus dem man nicht ausbrechen kann, wenn man sich falsch verhält. Man wird immer wieder "auf Anfang" gesetzt, man kommt und kommt nicht voran, wie in einem Hamsterrad. Könnte man 3,6 auch "bad Karma" nennen? Ja, vielleicht. Aber nicht im Sinne von "zahlt sich im nächsten Leben aus", sondern "zahlt sich sofort aus, in diesem Leben". Man ist wieder allen verlustig, was man schon erreicht hoffte. Gehe zurück auf Anfang, gehe nicht über Los, ziehe keine zwei Öre fuffzich ein.
In diesem Sinne, ja, "Lauf des Daseins" triffts schon. Was ich den alten Trott nannte. Aber es ist durchaus ein Wort, das in seiner biblischen Grundbedeutung "Geburt" meint. Und das schwingt auch hier mit, nur eben nicht im Sinne einer hinduistisch-buddhistischen Reinkarnation.