ATGC schrieb:Insofern ließe sich ein christlich gedachter Deistengott immer noch rational rechtfertigen.
Oh doch. Denn seine Allmacht hat nur dies als "beste aller möglichen Welten" hinbekommen. Da bei ihm Gerechtigkeit nur immanent stattfindet, nicht auch transzendent ("Jenseits"), ist sowas wie Lissabon schlicht grober Pfusch.
ATGC schrieb:Ja sicher, aber da Gottes Wege bekanntlich unerforschlich sind, kann man sich diesen Umstand als Gläubiger dann immer wieder neu so zurechtinterpretieren, dass der liebe Gott stets und immer wieder der liebe Gott bleibt, weil wir ja aufgrund unserer endlichen Beschränktheit gar nicht wissen können, welche tollen Sachen der liebe Gott noch so mit den Leidenden vorhat.
So in etwa. Mit Betonung auf "in etwa" in großer Dehnung.
Gott verspricht ne Menge Gerechtigkeit, zuweilensogar betont diesseitig. Doch er verspricht nirgends vollständige diesseitige Vergeltung von Gutem (wie Bösem). Dergleichen gibt es nicht. Wenn Gott gut ist, dann ist Gerechtigkeit nicht ohne Erfüllung in der Transzendenz möglich. Daß Gerechtigkeit in dieser Welt nicht vollumfänglich möglich ist, auch dies sagt Gott im AT. Du kannst darüber spotten, es für eine Ausflucht halten, doch sehe ich die Welt, wie sie ist, es wird immer ungerechte Menschen geben (damit wird am Ende der Sintflut sogar begründet, wieso Gott keine Sintflut macht), und es wird immer auch Unglück, Unfall, Naturkatastrophen geben. Gerecht ist das nicht,aber es ist die reale Welt. Siehst Du das anders? Warum sollte ich es?
Wenn Gott Gott ist, dann wird Gerechtigkeit nur transzendent erfüllt werden. Das ist Voraussetzung für Glauben, keine nachträgliche Ausflucht. "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen." Paulus, 1.Korinther15,19. Diese transzendente Hoffnung auf die Einhaltung von Gottes Zusage steht für mich über jedem Sinnen bezüglich Gottes unerforschlichen Wegen. Damit red ich mir nichts schön, wohl abermit Gottes Verheißung seiner transzendenten Gerechtigkeit.
Bis dahin aberkümmere ich mich um das Hier, leiste mehr schlecht als recht meinen geringen Beitrag, menschliches Leiden zu lindern, wie viele anderen Menschen es ebenfalls tun. Und suche genauso, auch für mich ein Stück Lebensqualität, Sinn, Erfüllung zu erlangen. Darin werden wir beide uns kaum unterscheiden, nehm ich einfach mal an. Wo ist also das Problem, daß ich nebenher auch noch an Gott und seine Gerechtigkeit glaube? Störts Dich? Behinderts mich? Gott hat anders als der Deistengott keine bestmögliche Welt mit seiner Allmacht versprochen, wohl aber jene Gerechtigkeit über den Tod hinaus. Daß ich ihn dennoch angesichts von Leid rüge, daß ich mit ihm hadere und um Verbesserung, wenigstens Verstehen ringe, dazu brauche ich nicht Dich, da reicht mir Jakobs Kampf mit dem Engel. Auch ich hätte oft genug lieber eine bestmögliche Welt, und stete Gebetserhörung. Aber Gott ist kein Wunschautomat. Sind Eltern, Freunde etc. ja auch nicht. Aber ihre Liebe und ihr Wohlwollen hängt davon nicht ab, und meine(s) auch nicht.
ATGC schrieb:Das Leiden ist also stets nur zum Besten.
Daß Abel von seinem Bruder Kain erschlagen wurde, wird nirgends toll genannt, nirgends gottgewollt, nirgends "zum Besten. Was gesagt wird, ist, daß Gott Kain rechtzeitig warnt, es nicht so weit kommen zu lassen. Undals er es dennoch tat, spricht Gott wieder mit Kain, der sein Leben verpfuscht hat mit dieser Tat. Und obwohl er ihn auch bestraft, so gibt er ihm dennoch auch die Möglichkeit zum Weiterleben. Gott verhindert leider nicht einfach alles Schlechte - dann wären wir Marionetten und Gott eben doch der Wunschomat. Aber in jede verfahrene oder zu verfahren drohende Situation kommt Gott hinein und bietet Hilfe an, da herauszukommen, es wenigstens durchzustehen. Das ist die Botschaft der Kain-Abel-Geschichte, lies sie mal.
Was passiert, das passiert, ob gut oder schlecht. Da ist meine Welt genauso wie Deine Welt. Ich erwarte nicht, daß Gott mir eine bessere Welt gibt als Dir. (OK, manchmal hätt ich sie natürlich gerne - für alle!) Ich erwarte nicht, daß Gott alles Schlechte verhindert. Aber ich erwarte, daß er stets einenAusweg aus der eingetretenen Misere zeigt. "Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen". Paulus, Römer8,28. Nicht daß diese Dinge deswegen passieren, sondern daß wenn sie passieren, wir an ihnen wachsen können. Abels Tod war nicht gottgewollt, damit Kain die Chance erhält, ein besserer Mensch zu werden. Wohl aber, da Abel nun mal leider ermordet wurde, beläßt Gott es nicht dabei, sondern eröffnet Chancen, Wege, Möglichkeiten, besser zu werden usw.
ATGC schrieb:Ja, ja, das rosige Licht halt ...
Das klingt nicht danach, als hättest Du bereits ein paar dieser Psalmen gelesen.
ATGC schrieb:Doch, der auch, denn auch der theistisch gedachte Christengott erweist sich als Bösling, der durch die Theodizee widerlegt wird, denn die Trias Allmacht, Allwissenheit und Allgüte lässt sich nun mal nicht auf eine einzelne Person zugleich subsumieren, die als Gott bezeichnet wird. Die ellenlangen Ausführungen in der Theologie sprechen Bände - im eigentlichen Wortsinn - des Herauswindens, um diesen schlichten Fakt nicht eingestehen zu müssen.
Wie viele der ellenlangen theologischen Abhandlungen zurTheodizee hast Du denn gelesen? Am besten Werke von nach 1945. Auch hier komme ich nicht um den Eindruck herum, daß Du nur Deine persönlichen Annahmen vorstellst, was da zu lesen sei, und dies dann so bewertest und verurteilst. Schon allein das Weglassen der Transzendenz ist an dem von Dir geglaubten Scheitern jener Eigenschafts-Trias auszusetzen. Daß für die alten Griechen, die schon diese Eigenschafts-Trias kritisierten,hier ein Dilemma existiert, ist verständlich; für sie war der Hades ein trister Ort und keine Möglichkeit, Gerechtigkeit transzendent zu erfüllen.