@Argus7 Na arbeiten wir das mal langsam auf.
Aber mal ganz zu erst: Ich bin kein Freund Luthers.
Ich habe hier viele persönliche Interessen, dieses mal aufzudröseln.
Ich werde jetzt nur schildern, was "ich" darin so sehe.
Argus7 schrieb:Fakt ist, dass die deutschen Fürsten, Ritter, Bürger und Bauern das Motto "los von Rom" propagierten und das Eigentum der Kirchen und Klöster an sich ziehen wollten.
Wieso könnte so etwas entstehen?
- Vielleicht, weil das Römische Reich selbst so viel von den Fürsten, Rittern verlangt hat?
- Vielleicht, weil die Kirche sich dermaßen bereichert hat, dass es eigentlich nachvollziehbar ist, in diesem Kontext "wenn sich Beraubte ihre Sachen wieder zurückholen wollen, wer kann es ihnen verübeln?
- Vielleicht war die Brutalität beim Bauernaufstand nur die "reactio" auf die langwährende "actio", die genau jene Menschen selbst erfahren mussten/über sich selbst ergehen lassen mussten und genau deswegen, nach dem Motto "Auge um Auge, Zahn um Zahn", handelten?
Argus7 schrieb:Deshalb genoss Luther den Schutz der Fürsten. Im Gegenzug verpfändete er die Religion an die Fürsten. Fortan bestimmte der jeweilige Landesherr die Religion seiner Untertanen. Aus dem Gegensatz von Staat und Kirche im Mittelalter entstand so die Staatskirche der Neuzeit.
Ich sehe Luther eher, wie er mit dem Teufel handelt, aber weil er sich in einer Lage befindet, wo er "eigentlich/in Wirklichkeit" keine Freunde hatte.
Einerseits ist er nicht für die Kirchliche Ebene, andererseits auch nicht für die Weltliche.
Doch die einzigen die auf seiner Seite standen, waren jene, die ihn "falsch verstanden" haben.
Ein Teufelskreis.
Der Handel den er hier eingeht (mit dem Teufel sozusagen) ist jener, dass er die Totalität, die hier die Kirche beanspruchte, brechen/angreifen wollte um "die Geistige Freiheit" durchzusetzen.
Was aber Historisch gesehen, einen Blutigen Pfad beschreitet.
Welche Ironie, dass die meisten großen Veränderungen durch/mit Blut besiegelt werden.
(Also erst nachdem Blut vergossen wurde)
Erinnert mich an:
Lutherbibel 1912
das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
Textbibel 1899
trinket alle daraus, denn das ist mein Bundesblut, das für viele vergossen wird zur Sündenvergebung.
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Argus7 schrieb:Mit Demokratie hatte Luther nichts am Hut: "Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein. Das wusste Gott wohl; drum gab er der Obrigkeit nicht einen Fuchsschwanz, sondern ein Schwert in die Hand!"
Das hast du wohl recht, aber es ging Luther auch nicht um Demokratie sondern um Geistige Freiheit und es wird ja auch heute noch mit Gewalt geherrscht, jemand der sich "störrisch wie ein Esel" gegenüber der Weltlichen Macht verhält (z.B Polizei) der bettelt ja direkt. Brauchen wir nur einen Blick auf die Polizeigewalt werfen. Man weiß ja mittlerweile, wie die Staatsgewalt reagieren kann.
Also nur ein Esel fordert Gewalt heraus.
Der Pöbel :
ungebildete, unkultivierte, in der Masse gewaltbereite Menschen [der gesellschaftlichen Unterschicht]; Mob (1)
Beispiele
der gemeine, entfesselte Pöbel
jemanden der Wut des Pöbels ausliefern
http://www.duden.de/rechtschreibung/PoebelDas weiß nicht nur Gott, das Wissen auch wir, was passiert, wenn man sich gewaltbereit anderen gegenüber verhält oder auch gewalttätig ist. Auch heute werden solche Menschen mit Gewalt beherrscht, auch wenn es Polizeigewalt ist.Also das Schwert ist deswegen in der Hand, weil es mit "Gewalt" ein-geteilt/zerschlagen hat und notfalls immer noch tut.
Argus7 schrieb:Der große demokratische Aufstand des 16. Jahrhunderts ist der deutsche Bauernkrieg. Luther jedoch ruft im Interesse der Fürsten zum Kreuzzug "wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" auf. "Man soll sie zerschmettern, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss."
Ja, könnte man so sehen, aber...
...ich sagte ja schon:
Koman schrieb am 18.11.2016:Das war aber niemals Luthers Intention, er wetterte hier gegen die Kirche und den Papst Leo X.(geistlicher Stand) und gegen deren Auslegungen (Ablass, Zölibat, geistige Unterdrückung, Sündvergebung)
Weswegen er auch mit der Bannbulle exkommuniziert wurde.
Gegen Karl V. den Kaiser(weltlicher Stand) wollte er eigentlich nicht vorgehen, oder sich gegen ihm stellen.
Erst nach dem Luther zum "Reichstag zu Worms" geladen wurde und keiner seiner Schriften widerrufen hat, hat Karl V. "das Wormser Edikt" erlassen und die "Reichsacht" über ihm verhängt.
Wo er danach scheinhalber (von seinem Landesherrn) entführt wurde und auf die Wartburg zur "Sicherheit" gebracht wurde, wo er dann schließlich das NT übersetzte.
Als 1525 die Aufstände anfingen haben die Bauern, Burgen, Städte eingenommen, Adelige getötet und sich dabei auf Luther als Vorbild berufen.
Erst darauf hat Luther die Schrift "Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" verfasst und sich auf die Seite der Adeligen/Landesfürsten gestellt und zur Niederschlagung aufgerufen.
Und das hat er danach auch wiederum bereut und das Blut der Bauern auf seinen Halse verstanden.
Luthers Lehre beruft sich einzig und alleine auf die "Heilige Schrift als Glaubensquelle" und nicht der Papst als solches.
Er wollte den "päpstlichen Primates" verwerfen.
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Argus7 schrieb:Die Konsequenz: Das Scheitern der Bauern begründet Deutschlands politische Rückständigkeit auf Jahrhunderte.
Luther hat die Bauern aber nicht angeführt, sondern die Bauern haben sich auf Luthers Schrift berufen.
Er war doch gegen die "geistige Unterdrückung", aber dass die Bauern deswegen in seinen Namen Morden, wollte er nicht.
Man muss aber auch bedenken das Luther erst nach ihren Gewalttaten und Morden, Plünderungen an den Fürsten und ihren Besitztümern, die Schrift verfasst hat. Die Konfessionalisierung war nun trotzdem durch, jetzt durfte jeder unterschiedlich glauben.
Konfession (lateinisch confessio ‚Geständnis‘, ‚Bekenntnis‘) bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch eine Untergruppe innerhalb einer Religion (ursprünglich nur der christlichen), die sich in Lehre, Organisation oder Praxis von anderen Untergruppen unterscheidet.
Konfession (lateinisch confessio ‚Geständnis‘, ‚Bekenntnis‘) bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch eine Untergruppe innerhalb einer Religion (ursprünglich nur der christlichen), die sich in Lehre, Organisation oder Praxis von anderen Untergruppen unterscheidet.
Du hast hier den Fokus hier auf den Rückstand.
Ich sehe hier aber auch die Geburt dessen, was dir ja gerade erlaubt/ermöglicht "zu glauben", was DU möchtest.
Diese "kleine Freiheit" hat leider viele Opfer gekostet.
Argus7 schrieb:Dazu die Luther-Botschafterin der EKD, Margot Käßmann, in ihrem Buch: "Mehr als Ja und Amen": "Luthers Freiheitsbegriff hat große Konsequenzen nach sich gezogen. 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit' als Parole der Französischen Revolution hat im Gedanken der Freiheit eines Christenmenschen durchaus Wurzeln. Am Ende ist der Bogen bis zur Aufklärung zu spannen."
Dazu kann ich nur anmerken: Da hat die Käßmann den Bogen aber gewaltig überspannt. Die Aufklärung hat nämlich die EKD leider bis heute noch immer nicht erreicht! Ob wir das in unserer Zeit jemals noch erleben werden?
Du weist ja mittlerweile, wie es bei Kirchen so zugeht
:)