@AlteTante AlteTante schrieb:Luther lebte 400 Jahre früher. Feindseligkeiten gegenüber Juden war damals zwar genauso verwerflich wie heute, aber (vor 500 Jahren) nichts besonderes. Es gab schon vor seiner Zeit grausame Verfolgungen. Luther mag mit-polemisiert haben, aber er hat die Ressentiments gegenüber den Juden nicht erfunden.
Diese Art von nicht akzeptablen Ausflüchten bringt die evangelische Kirche schon immer vor. Sie entschuldigen jedoch nicht die anbiedernde Verhaltensweise großer Teile der Kirche an das Nazi-Regime. Dafür habe ich ja in einem Kommentar etliche Beispiele von namhaften Kirchenfunktionären angeführt. Im übrigen ist der von mir gewählte Titel dieses Threads sehr wohl in meinem Sinne. Es geht nämlich um die Frage, ob dieser Luther mit seiner antijüdischen und frauenfeindlichen Grundeinstellung dem Anspruch, den man gemeinhin an ein Vorbild stellt, Genüge tut. Außerdem vertrat er den Glauben an die Existenz des Teufels und forderte, dass Hexen verbrannt werde sollten. Wie kann ein solcher Mensch denn ein Vorbild für uns sein?
Und - nur, weil Judenhass damals schon allgemein verbreitet war, soll das nicht verwerflich und nichts Besonderes sein? Eine sehr eigentümliche Wertung!
@Mannomann Mannomann schrieb:@Argus7
Doch das stört mich. Aber alles hat eben auch mindestens zwei Seiten (siehe Wikipediaartikel "Kirchenkampf"). Im übrigen stimmt es nicht, dass die EKD diesen Fehler nicht aufgearbeitet hätte.
Wie Luther die Bauern "aufgestachelt" haben soll ist mir ein Rätsel. Luther war weder für die Bauernkriege noch den 2. Weltkrieg verantwortlich. Hör doch bitte mit dieser Polemik auf!
Du sprichst hier das sog. "Stuttgarter Schuldbekenntnis" an, welches von der EKD 1945 abgegeben wurde. Dieses Dokument wurde jedoch aus verschiedenen Gründen - auch von großen Teilen der Protestanten - nicht akzeptiert.
Die Begründung: Diese Erklärung ist lediglich ein Kompromisstext aus vorherigen Schulderklärungen und Vorentwürfen der Autoren Hans Christian Asmussen, Otto Dibelius und Martin Niemöller und war zur Erlangung der Mitgliedschaft im "Ökumenischen Rat der Kirche" verfasst worden, ein ärgerliches Zeugnis intellektueller Unredlichkeit und der beschönigenden Vernebelung der konkreten Umstände der eigenen Mitschuld am Holocaust und des fast völligen Versagens vor dem gottlosen Vernichtungstreiben der Nazis.
Wie sehr sich die EKD in der "Stuttgarter Schulderklärung" um das Eingeständnis des jammervollen Versagens der evangelischen Kirche beim Schutz der jüdischen Mitbürger bemüht, zeigt sich darin, dass über den Antisemitismus der evangelischen Kirche Deutschlands vor und während der Nazizeit ebenso wenig ein Wort verloren wurde wie über die aus der christlichen Religion geborene Judenfeindlichkeit als einer der Hauptwurzeln der mörderischen NS-Ideologie. In einem Satz zusammen gefasst: Dieses Schuldbekenntnis ist völlig ungenügend. Und das ist nicht nur meine Meinung.
Dass Luther die Bauern aufgestachelt hat, ist wie folgt zu begründen: Der Bauernkrieg, eigentlich eher eine Kette verschiedener kleinerer Bauernaufstände im süddeutschen Raum, richtete sich gegen die zunehmende und kaum mehr tragbare Ausbeutung der Bauern durch Fürsten und Kirche. Während Letztere ihren Reichtum immer mehr zelebrierten, nagte die ländliche Bevölkerung buchstäblich am Hungertuch.
Nicht zuletzt durch die Thesen Martin Luthers und seinen Kampf gegen den Ablasshandel wurde die Reformationsbewegung eine Art Initialzündung für die Aufstände. Deren Führer, namentlich Thomas Müntzer, beriefen sich auch lange Zeit auf Luther und waren eindeutige Anhänger der Reformation. Luther aber war ein Anhänger der Obrigkeit. Zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit wird in der christlichen Bibel ja explizit aufgefordert. Dies unabhängig davon, welcher Art diese Obrigkeit ist